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Adidas - wie gut sind DFB-Trikot und EM-Ball?

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Julian Gräfe
Michaela Krause
Sola Hülsewig

Warum sind die DFB-Trikots so teuer? Wie gut schneidet der EM-Ball gegenüber günstigeren Fußbällen ab – und wie nachhaltig wirtschaftet Adidas?

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Adidas ist Deutschlands größter Sportartikelhersteller. Durch sein Markenzeichen – die drei Streifen – ist der Konzern weltweit bekannt. Zudem hat er bislang die deutsche Fußball-Nationalmannschaft ausgestattet und ist Sponsor der Fußball-Europameisterschaft der Herren. Die Ära als DFB-Ausrüster endet jedoch nach mehr als 70-jähriger Partnerschaft. Ab 2027 wird Konkurrent Nike alle deutschen Nationalteams ausstatten.

Warum ist das EM-Trikot so teuer?
EM-Ball von Adidas vs. Derbystar und Decathlon
Wie nachhaltig ist Adidas?
Wie nachhaltig ist Kleidung aus recyceltem Plastik?
Wo produziert Adidas?

Das EM-DFB-Trikot von Adidas

Für jede Weltmeisterschaft und für jede Europameisterschaft werden neue Trikots designt. Für Adidas hat das bislang alle zwei Jahre die Chance auf Extra-Umsätze bedeutet. Stolze 100 Euro kostet das Fan-Trikot in diesem Jahr.  

Warum ist das EM-Trikot so teuer?

Peter Rohlmann berät seit Jahrzehnten Fußballvereine und Sportartikelhersteller. „Für Adidas ist das sicherlich einer der Topseller, die sie im Programm haben“, sagt der Sportmarketing-Experte über das EM-Trikot. Voraussichtlich würden mehr als eine Million Trikots verkauft.

Er schlüsselt für uns den Preis des EM-Trikots 2024 von Adidas auf:

  • Herstellungskosten: 11 Euro
  • Lizenzgebühr DFB: 6,50 Euro
  • Einzelhandel: Gut 40 Euro
  • Adidas (nach Abzug von Steuern und Werbungskosten): Knapp 20 Euro

Doch der Verkaufspreis von momentan 100 Euro kann sich im Verlauf des Turniers ändern. „Wenn die Mannschaft performt, bleibt der Preis“, erklärt Rohlmann.  „Wenn sie nicht performt, geht der Preis runter und wird zur Ramschware.“  

Preisschwankungen bei WM-Trikots

Das ist schon einmal passiert, was Analysen des Preisvergleichsportals Idealo zeigen. Das DFB-Trikot von der Fußballweltmeisterschaft in Katar 2022 startete mit einem Verkaufspreis von etwa 90 Euro. Bei WM-Start konnte man es schon für knapp 53 Euro bekommen. Nach dem dritten Gruppenspiel, als Deutschland ausgeschieden war, war es für 20 Euro erhältlich. In der Folge ist es im Preis wieder leicht angestiegen und wird derzeit für ca. 40 Euro angeboten.  

Zum Vergleich: nachdem Argentinien Weltmeister wurde, stieg der Preis des Trikots von 68 Euro auf mehr als 250 Euro.

Vier Fußbälle der Marken Adidas, Derbystar und Decathlon. Adidas - wie gut sind DFB-Trikot, EM-Ball und Sambas? | Marktcheck SWR
Fußbälle von Adidas, Derbystar und Decathlon im Vergleich - günstig gegen teuer.

Wie gut ist der EM-Ball 2024 von Adidas?

Wir checken vier verschiedene Fußbälle: Einmal mit den A-Junioren der Stuttgarter Kickers und einmal unter wissenschaftlichen Bedingungen an der Sporthochschule Köln. Folgende Bälle treten an:

  • Der offizielle UEFA-EM-Ball von Adidas für 150 Euro
  • Der offizielle Bundesligaball von Derbystar für 160 Euro

Gegen zwei günstige Modelle:


  • „FIFA Basic Club Ball“ von Decathlon für 14,99 Euro
  • „Fußballliebe Sala Trainingsball“ von Adidas für 40 Euro

Damit die Spieler nicht wissen, welchen Ball sie kicken, sind die Bälle eingefärbt.

Sind teure Fußbälle besser und hochwertiger?

Wolfgang Potthast, Professor für Biomechanik an der Sporthochschule Köln erklärt zunächst grundsätzliche Unterschiede zwischen teuren und günstigen Bällen. So seien bei teuren Fußbällen die Oberflächen aufgeraut. „Das soll eine andere Aerodynamik, ein anderes Flugverhalten bewirken. Das kann Auswirkungen auf die Geschwindigkeit haben.“

Ein weiterer Unterschied: Werden die Bälle auf 0,8 bar aufgepumpt – der UEFA-Norm für Fußbälle – verändern sich ihre Durchmesser. Der günstigere Adidas-Ball misst nach dem Aufpumpen 215 Millimeter, der EM-Ball 219 Millimeter.

Welcher Fußball ist am schnellsten?

Die Wissenschaftler an der Sporthochschule wollen herausfinden: Welcher Ball nimmt mehr Energie auf, ist dadurch am schnellsten? Dazu werden die Bälle jeweils mit der exakt gleichen Menge Energie angestoßen – das übernimmt die Ballschussmaschine, ein wie ein Pendel aufgehängter Vorschlaghammer.

Der schnellste Ball in diesem Versuch ist der EM-Ball von Adidas. Er erreicht eine Geschwindigkeit von 11,5 Metern pro Sekunde, das entspricht 41,4 km/h. Der langsamste Ball im Versuch kommt ebenfalls aus dem Hause Aidas: Er erreicht 11,2 Meter pro Sekunde, also 40,3 km/h. Der teure Derbystar-Ball liegt nur wenig unter dem EM-Ball.

Warum hat der EM-Ball 2024 von Adidas Dellen?

Der Aerodynamik-Experte Prof. Hiroyuki Nuanome hat eine Erklärung. Er forscht seit Jahren zu Material und Flugverhalten von verschiedenen Bällen. Seiner Ansicht nach sorgen die winzigen Dellen im EM-Ball von Adidas dafür, dass der Luftwiderstand im Flug reduziert wird – ähnlich wie bei Golfbällen. „Adidas hat diese Dellen auf der Oberfläche auch, um den Effekt von Flatterbällen zu minimieren.“

Prof. Wolfgang Potthast: „Insofern wird die Europameisterschaft etwas schneller sein. Wegen der Spieler und vielleicht, auch weil der Ball etwas schneller ist.“ 

Fußbälle von Adidas, Decathlon und Derbystar im Praxistest

Zusätzlich zu den Versuchen an der Sporthochschule Köln testen die Spieler der Stuttgarter Kickers, wie sich die Bälle in der Praxis machen: Bei Dribbling, Tore-Schießen und Flanken.

Im Kickers-Check macht der Decathlon-Ball beim Dribbling und Flanken Punkte gut und schließt damit zu den Profibällen auf – obwohl er beim Tore-Schießen auf dem letzten Platz lag. Das liegt an der verminderten Rotierfreudigkeit, so die Profis: Die Zeitlupe zeigt, dass sich der Decathlon-Ball auf dem Weg zum Tor nur 3,5 Mal dreht, wohingegen der Derbystar-Ball 4,5 Umdrehungen schafft. Dennoch hat der 15-Euro-Ball von Decathlon aufgrund der alles in allem soliden Ergebnisse ein besonders günstiges Preis-Leistungs-Verhältnis und schafft es nach den beiden teuren Bällen von Adidas und Derbystar auf Platz 3Schlusslicht in unserem Check ist der günstige Ball von Adidas, der am wenigsten Punkte holt. 

Wie nachhaltig ist Kleidung von Adidas?

Der Nachhaltigkeitstrend der Sportartikel-Textil-Industrie ist derzeit recyceltes Polyester. 

Auch Adidas hat sich ein sehr ehrgeiziges Ziel gesteckt. Bis 2024 will der Konzern ausschließlich recyceltes Polyester verwenden. Dafür ist Adidas vor Jahren eine Kooperation mit der Umweltorganisation Parley eingegangen. Sogenanntes Ocean Plastik soll wieder zu Kleidung verarbeitet werden, wie werbewirksam verkündet wird.

Meeresplastik: Gar nicht nur aus dem Meer?

Das Problem ist jedoch: Ocean Plastik wurde nicht, wie man vielleicht denken könnte, ausschließlich aus dem Meer gefischt. Laut Definition zählt selbst Plastik, das 50 Kilometer landeinwärts an der Küste gesammelt wurde, dazu.

Für Nachhaltigkeitsexperten Kai Nebel von der Hochschule Reutlingen ist das Irreführung und teilweise sogar Nonsens. Wenn Plastik eine bestimmte Zeit lang Meerwasser und UV-Strahlung ausgesetzt sei und durch Sand, Muscheln und Algen „verunreinigt“ sei, könne man es praktisch nicht mehr sinnvoll recyceln. Technisch sei dies zwar möglich, „aber es wäre unbezahlbar und damit ein ökologischer Wahnsinn.“ Nebel kritisiert Adidas für seine Werbeversprechen: „Es wird massiv damit geworben, ohne nähere Informationen zu liefern. Leider geht das in Richtung Greenwashing.“

Zur Herkunft des „Ocean Plastik“ schreibt Adidas uns: „Das Material beziehen unsere Zulieferer von verschiedenen Recyclingunternehmen (…) Welchen Plastikabfall die Recyclingunternehmen konkret verarbeiten (…) können wir nicht ausweisen. Benutzte Plastikflaschen bilden jedoch einen wesentlichen Anteil des recycelten Abfalls.“ 

Wie nachhaltig ist Kleidung aus recyceltem Plastik?

Ob es tatsächlich nachhaltiger ist, aus PET-Flaschen statt aus neuen Kunststofffasern Kleidung herzustellen, ist nach wie vor nicht bewiesen. Der Prozess, die Flaschen zu sammeln, zu sortieren, zu reinigen und zu Fasern zu verarbeiten, aus denen Textilien gemacht werden, ist sehr aufwändig und findet unter Einsatz von zum Teil giftigen Chemikalien statt. Hinzu kommt: Auch bei recycelter Plastikkleidung werden, genau wie bei neuer, beim Waschen Fasern gelöst, die ins Abwasser und schließlich als Mikroplastik in die Umwelt gelangen.

Auch Greenpeace warnt vor den Gefahren durch Plastikrecycling , nicht nur bei Adidas, und sieht als einzigen Ausweg aus der Plastikkrise die generelle und deutliche Reduktion der Kunststoffproduktion.

Ein weiteres Problem: Plastikkleidung kann nicht mehr recycelt (also eingeschmolzen und neu verarbeitet) werden. Die einzige Möglichkeit, Plastikkleidung „nachhaltiger“ zu machen, ist, sie möglichst lange zu tragen und, wenn möglich, neue Kleidungsstücke und Accessoires daraus zu nähen.

Wo produziert Adidas?

Ein weiteres Fragezeichen in Punkto Nachhaltigkeit beim recycelten Plastik von Adidas: Das DFB-Trikot wurde in Vietnam produziert. Das bedeutet, dass sich die gesamte Lieferkette weltweit über tausende Kilometer erstreckt.

Zudem sei undurchsichtig, wo die Flaschen als Ausgangsmaterial für die Recycling-Fasern herkommen, kritisiert Nachhaltigkeitsexperte Kai Nebel. Das Granulat werde höchstwahrscheinlich in Asien hergestellt, wahrscheinlich in China oder Vietnam. Wo der Stoff produziert werde, ist wieder unklar. Gesichert sei lediglich, dass das Trikot in Vietnam genäht worden sei. „Sehr viele und undurchsichtige Stationen, undurchsichtige Transportwege, undurchsichtige Produktionsschritte. Mit Nachhaltigkeit hat das wenig zu tun“, so das vernichtende Urteil.

Adidas entgegnet, der Transport habe „(…)nur einen sehr geringen Anteil von im vergangenen Jahr vier Prozent an den produktspezifischen CO2-Emissionen. Eine Lieferkette in Europa hätte also nur eine sehr geringe Auswirkung auf die Klimabilanz.“ 

Die Kooperation mit Parley Ocean hat Adidas allerdings nicht verlängert. Das Fazit drängt sich auf: Die Werbung von Adidas für Nachhaltigkeit mit recyceltem Polyester ist unterm Strich mehr Schein als Sein. 

 

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