Nachlass

Pflichtteil beim Erbe: Rechte von Kindern und Stiefkindern

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Autor/in
Martin Küstermann
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Janine Beck
Janine Beck

Welche Ansprüche haben Kinder, die von ihren Eltern enterbt wurden? Was ist mit Stiefkindern, wenn kein Testament vorhanden ist?

Eltern sind grundsätzlich in der Pflicht, ihren eigenen Kindern etwas zu hinterlassen und sei es nur den Pflichtteil. Das wurde in Deutschland Anfang des 20. Jahrhunderts so festgelegt – und ist seitdem unverändert.

In manchen Fällen möchten die Eltern ihren Kindern aber nicht ihr gesamtes Vermögen überlassen. Das können sie im Testament regeln - ganz ausschließen können sie zumindest ihre leiblichen Kinder aber nicht.  

Pflichtteil beim Erbe: Rechte von Kindern

Eigene Kinder müssen immer mindestens den Pflichtanteil erhalten. Der entspricht der Hälfte des gesetzlichen Erbteils. Das ist ein Schutz vor totaler Enterbung, sozusagen eine Fürsorgepflicht über den Tod hinaus.

Wenn also beide Eltern versterben und zwei Kinder haben, würden diese ohne Testament jeweils die Hälfte des Gesamtvermögens bekommen. Sind sie enterbt, erhalten sie je nur ein Viertel.

Handelt es sich um ein Einzelkind, hätte es ohne Testament alles erhalten, enterbt hat es das Recht auf die Hälfte des elterlichen Vermögens.

Wenn ein Elternteil vor dem anderen stirbt, hat das Kind nach jedem Tod Anspruch auf seinen jeweiligen Pflichtanteil am Vermögen des gestorbenen Elternteils. Ausnahme ist, wenn die Eltern ein Berliner Testament aufgesetzt haben.

Dann erbt das Kind erst nach dem Tod des zuletzt verstorbenen Elternteils – oder erhält den entsprechenden Pflichtanteil - aus dem Vermögen beider Elternteile.

Totale Enterbung von Kindern nur in absoluten Ausnahmefällen möglich

Alles wegnehmen geht nicht, außer in wirklich gut begründeten Ausnahmefällen. Dass man als Kind also nicht mal den Pflichtanteil bekommt, muss es zu einem „massiven Fehlverhalten“ gekommen sein.

Das bedeutet, dass die Kinder straffällig geworden sind und dafür über ein Jahr ins Gefängnis mussten - oder dass sie gegenüber ihren Eltern gewalttätig wurden und sie tätlich angegriffen haben.

Erbe: Wann bekommen Kinder nur ihren Pflichtanteil?

Wenn Eltern ihr Vermögen jemand anderem vererben wollen, müssen sie ihre Kinder vom eigentlichen Erbe ausschließen.

Das geht, indem sie die Kinder wörtlich im Testament als „enterbt“ benennen oder, indem sie die Kinder in ihrem Testament nicht erwähnen – beides bedeutet, die Tochter oder der Sohn sind keine Erben mehr und erhalten lediglich den Pflichtanteil.

Drei junge Menschen sitzen beieinander. Es herrscht dicke Luft zwischen den beiden Frauen und dem Mann - vielleicht Geschwister in einem Streit ums Erbe? Als leibliche Kinder haben sie zumindest alle Anspruch auf einen Pflichtanteil des Vermögens der Eltern, als Stiefkinder müssen sie im Testament erwähnt sein, um überhaupt etwas zu erben.
Beim Erbe kommt es in den besten Familien zum Streit, wie man so schön sagt. Bei Patchwork-Familien mit leiblichen Kindern und Stiefkindern kann es umso komplizierter werden.

Der Pflichtanteil beim Erbe ist ein Geldanspruch

Was immer wieder große Probleme macht, ist, dass es sich beim Pflichtanteil des Erbes um einen Geldanspruch handelt. Der ist theoretisch gleich nach dem Tod fällig – und kann direkt eingefordert werden von den enterbten Familienmitgliedern. Das bringt manche Erben in die Bredouille, so schnell viel Geld locker zu machen.

Pflichtanteil richtet sich nach der Höhe des Erbes

Bevor die Erben aber den Pflichtanteil auszahlen können, müssen sie erstmal klären, wie viel das Erbe überhaupt wert ist - gerade bei Sachwerten wie zum Beispiel Immobilien oder teurem Schmuck. Die Enterbten haben dabei einen Auskunftsanspruch.

Die Erben müssen also wahrheitsgemäß entweder selbst auflisten, welche Vermögenswerte zum Erbe dazuzählen oder sie lassen einen Notar ein Nachlassverzeichnis erfassen. Zu beachten ist: Auch dieser erstellt das entsprechende Dokument mithilfe der Erben.

Erbe kleiner angeben: Kann so der Pflichtanteil minimiert werden?

Das Erbe „kleinreden“ - funktioniert das? Was, wenn die Erben zum Beispiel eine Hütte statt einer Villa angeben, oder eine statt zehn Goldketten zum Erbe dazuzählen?

Wer als Pflichtanteilsberechtigter das Gefühl hat, in der Auflistung der Sachwerte fehlt etwas, kann eine eidesstattliche Versicherung einfordern.

Auf einer Tischplatte steht ein Modellhaus, eine Waage, die Gerechtigkeit symbolisiert und der Hammer eines Richters, um ein Urteil zu fällen. Oft führen Testamente zu Erbstreitigkeiten, zum Beispiel, wenn Kinder enterbt oder Stiefkinder nicht bedacht werden. Nicht alle haben einen Anspruch auf einen Pflichtteil des elterlichen Vermögens.
Nicht alle Eltern wollen ihren Kindern ihr komplettes Vermögen vermachen. Manche entscheiden sich dafür, alle oder einzelne Kinder sogar zu enterben. Anspruch auf einen Pflichtanteil des elterlichen Nachlasses haben die eigenen Kinder trotzdem. Anders sieht es bei Stiefkindern aus.

Auch wenn eine Sache, zum Beispiel eine Wohnung, weit unter Wert aufgelistet zu sein scheint, können Pflichtteilsberechtigte eine Wertermittlung verlangen.

Wichtig in beiden Fällen ist: Die Kosten dafür trägt der, der sie in Auftrag gibt – sprich: der, der nur den Pflichtteil erhält. Man sollte also gut abwägen, ob die zusätzlichen Kosten es wert sind oder nicht noch weiter schmälern, was einem zusteht.   

Nachdem geklärt ist, wie viel Geld die Enterbten bekommen, müssen die Erben sie auszahlen. Wenn die Auszahlung nicht anders möglich ist, muss ggf. das geerbte Haus verkauft oder Konten aufgelöst werden, auch wenn eine schnelle Auflösung Verluste mit sich bringt.

Pflichtteil beim Erbe: Rechte von Stiefkindern

Nicht eheliche Kinder sind ehelichen Kindern gleichgestellt. Sie haben damit beide die gleichen Rechte zu erben oder zumindest auf einen Pflichtanteil. Anders sieht das bei Stiefkindern aus:

Wenn zwei Menschen heiraten, die Kinder mit in die Ehe bringen, erben diese Kinder beim Tod der Eltern zwar automatisch von ihrem leiblichen Elternteil, aber nicht von ihrem Stiefvater oder ihrer Stiefmutter. Bei der automatischen Erbberechtigung – und damit auch beim Anrecht auf den Pflichtanteil - zählt nur die Blutsverwandtschaft.

Wenn auch die Stiefkinder erben sollen, müssen sie im Testament stehen. Im Steuerrecht dagegen sind Stiefkinder den ehelichen Kindern gleichgestellt. Auch Stiefkinder haben dann einen Freibetrag von 400.000 Euro.

Prinzipiell ist anzuraten, sich als Patchwork-Familie individuell zu erkundigen und beraten zu lassen, beispielsweise bei einem Fachanwalt für Erbrecht oder einem Notar.

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