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EZB senkt Leitzins: Das bedeutet die Zinswende für Verbraucher

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Jutta Kaiser
Bild von Jutta Kaiser aus der SWR-Wirtschaftsredaktion.
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Katharina Fortenbacher-Jahn
Katharina Fortenbacher-Jahn, SWR Aktuelle Wirtschaft

Die Europäische Zentralbank (EZB) hat den Leitzins erstmals seit Jahren gesenkt. Was bedeutet das für Kredite, Bauzinsen und Spareinlagen? Das müssen Verbraucher jetzt wissen.

Die Europäische Zentralbank (EZB) hat eine Kurswende beschlossen: Zum ersten Mal seit rund fünf Jahren senkt die EZB die Zinsen. Der Leitzins wird um 0,25 Prozentpunkte nach unten gesetzt, auf 4,25 Prozent. Auch der für den Finanzmarkt maßgebliche Einlagensatz geht im selben Maß nach unten, auf neu 3,75 Prozent.

Das bedeutet: Für Banken wird es günstiger, sich mit frischem Geld zu versorgen – gleichzeitig bekommen sie für das Parken von Geld bei der Zentralbank weniger.

Schlechte Nachricht für Sparerinnen und Sparer: Tages- und Festgeld

Wer Geld anlegt, bekommt dafür weniger Zinsen, zum Beispiel auf Tages- oder Festgeld. Allerdings ändert sich das nicht schlagartig mit dem Tag der Zinssenkung durch die EZB, sondern der Markt hat diese Entwicklung schon vorweggenommen. Das heißt, Banken haben diesen Schritt erwartet - und viele haben schon vorab die Zinsen gesenkt.

Festgelder mit einem Jahr Laufzeit haben im Dezember noch durchschnittlich 3,3 Prozent Zinsen gebracht - aktuell sind es noch knapp unter 3 Prozent. Das hat das Vergleichsportal Verivox ausgerechnet.

Auch beim Tagesgeld sind die Durchschnittszinsen laut dem Portal Verivox im Mai schon den zweiten Monat in Folge gesunken, auf 1,72 Prozent.

In Zukunft dürfte es weiter nach unten gehen – wie schnell, das bleibt abzuwarten. Es kommt darauf an, wie die EZB weiter vorgeht. Die Analysten von Verivox erwarten, dass sich der Trend noch verstärkt. Da viele Sparer allerdings von den höheren Zinsen kaum profitiert haben, weil ihre Banken sie nicht weiter gegeben haben, dürften sie von der jetzigen Wende auch weniger stark betroffen sein.

Die Zinswende kann Kredite für Verbraucher günstiger machen

Zunächst ist es grundsätzlich so, dass Verbraucher, die einen Kredit aufnehmen wollen, profitieren können von dem Schritt der EZB. Allerdings gibt es Unterschiede: Bei einem Konsumkredit ist die Lage anders als bei einem Immobiliendarlehen – denn die Leitzinsen haben nicht überall gleich viel Einfluss.

Ratenkredite dürften günstiger werden, weil die Banken selbst weniger zahlen müssen für frisches Geld. Allerdings geben Banken den Effekt erfahrungsgemäß nicht sofort an ihre Kundinnen und Kunden weiter. Wahrscheinlich ist, dass sie sich damit eher Zeit lassen. So können sie in der Zwischenzeit ihre eigene Gewinnspanne aufbessern.

Bauzinsen zuletzt leicht gestiegen - im längerfristigen Vergleich aber günstiger

Bei den Bauzinsen ist die Sachlage etwas anders. Diese orientieren sich an der Verzinsung von zehnjährigen Bundesanleihen. Der Leitzins wirkt hier indirekt, zeitverzögert. Man kann damit rechnen, dass die Bauzinsen zumindest nicht steigen oder möglicherweise auch sinken. Der Immobilienfinanzierer Interhyp geht beispielsweise davon aus, dass die Zinsen für 10-jährige Kredite zwischen 3,5 und 4 Prozent liegen dürften in den kommenden Monaten.

Im Moment ist die Entwicklung so: Seit Anfang des Jahres sind die Bauzinsen tendenziell gestiegen. Aber es zeigt sich im Rückblick immerhin: Wer heute einen Immobilienkredit aufnimmt, zahlt weniger Zinsen als noch vor ein paar Monaten. Für zehnjährige Kredite sind momentan um die 3,7 Prozent pro Jahr fällig – Ende Oktober 2023 waren es noch mehr als vier Prozent gewesen.

Gleichzeitig klagt die Baubranche weiter über gestiegene Materialkosten. Die Inflation spielt also bei der Entscheidung, eine Immobilie zu bauen oder zu kaufen, ebenfalls eine wichtige Rolle.

Immobilieninteressenten sollten Ruhe bewahren

Wer ein Haus oder eine Wohnung kaufen will, sollte sich grundsätzlich nicht nervös machen lassen und die weitere Entwicklung genau beobachten. Denn ein Haus oder eine Wohnung zu kaufen, ist für die meisten Menschen die mit Abstand größte Investition in ihrem Leben. Eine solche Entscheidung sollte daher immer gut durchdacht und abgewogen werden.

Wer bereits eine passende Immobilie gefunden hat, sollte sich Angebote mehrerer verschiedener Banken und Kreditvermittler einholen und auch auf öffentliche Förderprogramme etwa von der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) achten. Teils gibt es dort günstige Zinsen für spezielle Projekte. Auf diese Weise ist es möglich, einen Baukredit aufzusplitten und so Zinsen und Geld zu sparen.

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Senkt die EZB in Zukunft die Leitzinsen noch weiter?

Davon ist auszugehen, allerdings ist die Frage ist, wie schnell. Vor einigen Monaten sah es danach aus, dass die EZB mit ihrer Entscheidung am 6. Juni 2024 eine Art Startschuss geben und dann die Leitzinsen zügig weiter senken würde. Jetzt scheint es aber eher so, als wären EZB-Chefin Christine Lagarde und ihr Team gut beraten, es langsamer angehen zu lassen.

Das hängt damit zusammen, dass die Inflation doch nicht ganz so eindeutig auf das Zwei-Prozent-Ziel zurückgeht, wie viele gehofft hatten. Zumindest nach einer Schnellschätzung der Statistikbehörde Eurostat ist die Inflation in der Eurozone zuletzt wieder leicht gestiegen – von 2,4 auf 2,6 Prozent.

Was Experten besonders beunruhigt: Auch die so genannte Kerninflation ist gestiegen – das sind die Preissteigerungen ohne die Werte für Energie und Lebensmittel, wo es starke Schwankungen gibt. Viele sehen die Kerninflation als den aussagekräftigsten Wert an, um den Preisdruck in der Wirtschaft zu beurteilen. Und da wird erwartet, dass dieser Wert bis zum Jahresende um die drei Prozent oder sogar höher liegen könnte.

Mehr Informationen zur Entscheidung der EZB auch bei tagesschau.de.

Was bedeutet das für die Inflation?

Die Inflation ist zwar zurück gegangen, die Verbraucherpreise steigen also nicht mehr so schnell wie zuletzt. Ob die Zeit hoher Inflation vorbei ist, ist aber nicht sicher. Die Inflation in der Eurozone ist ein Durchschnitt aus den Werten der unterschiedlichen Länder. Man muss sich also die Raten im Einzelnen anschauen. Es gibt einige Euro-Länder, in denen die Inflation weit über die angestrebte zwei-Prozent-Marke hinausgeht, beispielsweise Belgien mit 4,9 Prozent oder Kroatien mit 4,3 Prozent. Die niedrigste Inflationsrate hat Lettland mit 0,2 Prozent. Auch Finnland und Italien stehen gut da.

Die EZB hat die schwierige Aufgabe, für Preisstabilität zu sorgen. Senkt sie den Leitzins zu stark, könnte das die Nachfrage zu sehr anheizen, hält sie ihn zu lange zu hoch, kommt die Wirtschaft nicht in Fahrt.

Dazu kommt, dass die Europäische Zentralbank auf verschiedene Faktoren keinen Einfluss hat, die für die Inflation eine Rolle spielen. Zum Beispiel darauf, inwieweit die Krisenherde der Welt die Rohstoffpreise hochtreiben. Oder darauf, wie stark die Löhne steigen, was Dienstleistungen entsprechend teurer macht. 

Inflation ist in gewisser Weise unberechenbar. Das hat sich in den 1970er und 1980er Jahren schon mal gezeigt. Auch damals hat es länger gedauert als gedacht, bis sich die Lage wieder entspannt hat.

Mehr Infos zu Zinsen und Inflation

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Der Traum vom Eigenheim kann schnell zum Albtraum werden: nämlich wenn der Bauträger pleite geht. Dann stehen private Wohnungskäufer oft vor unfertigen Bauten und dem finanziellen Ruin. Denn in Deutschland gibt es keinen Schutz für sie. Wie kann das sein?
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Und genau dann stehen Immobilienkäufer in Deutschland weitgehend ohne Schutz da. Wie kann das sein? Das ist das Thema in dieser Folge von Plusminus mit Anna Planken und David Ahlf. Lässt der deutsche Staat private Wohnungskäufer im Stich?

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Links und Quellen:

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Abschlussbericht der Arbeitsgruppe Bauträgervertragsrecht am Bundesjustizministerium:

https://www.bmj.de/SharedDocs/Publikationen/DE/Fachpublikationen/2019_Abschlussbericht_Bautraegervertragsrecht.pdf?__blob=publicationFile&v=2

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Stellungnahme von Wohnen im Eigentum e.V.:

https://www.wohnen-im-eigentum.de/artikel/kaeuferinnen-tragen-der-insolvenz-des-bautraegers-ein-zu-hohes-risiko

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Informationen zu den Recherchen des Plusminus-Teams bei Tagesschau.de:

https://www.tagesschau.de/wirtschaft/verbraucher/kaeufer-wohnungen-bautraeger-pleite-schutz-100.html

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Tipps vom Verband privater Bauherren e.V.:

https://www.vpb.de/fileadmin/user_upload/2_Unser_Wissen/2.4_VPB-Ratgeber/VPB-Ratgeber_Bautraeger-pleite.pdf

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Informationen vom Bauherren-Schutzbund e.V.

https://www.bsb-ev.de/neubau/ernstfall-insolvenz/erste-hilfe-bei-insolvenz-der-baufirma
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Podcast-Tipp: "Gold & Asche"
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Denkt Ihr nicht über eine Wohnung, sondern über einen Hauskauf nach, fragt Euch aber Sachen wie: Sind Immobilien wirklich eine gute Altersvorsorge und ein Schutz vor steigenden Mieten? Wann ist der richtige Zeitpunkt? Was kann ich mir leisten oder worauf muss ich bei einem Kredit achten? Und: Wie unterstützt der Staat mich eigentlich bei meinen Plänen?

Das alles erfahrt Ihr in der ersten Staffel des Podcasts „Gold & Asche“ der ARD-Finanzredaktion. Schritt für Schritt werdet Ihr da beim Hauskauf begleitet - mit Hintergründen und Expertenwissen.

https://www.ardaudiothek.de/sendung/gold-und-asche-projekt-hauskauf/13282783/
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Instagram:
@anna.planken
https://www.instagram.com/anna.planken/
@davidihrswisst
www.instagram.com/davidihrswisst/
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Das Team:
Autoren: Martina Schuster und Johannes Thürmer
Redaktion: Christian Sachsinger
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Der Podcast "Plusminus. Mehr als nur Wirtschaft" ist eine Gemeinschaftsproduktion von BR, HR, SWR und WDR.

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