Die Europäische Zentralbank (EZB) hat das Leitzinsniveau noch einmal gesenkt. Besonders wichtig für die Sparzinsen der Verbraucherinnen und Verbraucher sowie für die Finanzmärkte generell ist der EZB Einlagensatz, zu dem Banken bei der EZB Geld anlegen können: Er sinkt von 3,75 auf 3,5 Prozent. Die beiden weiteren Leitzinssätze sinken um 0,6 Prozentpunkte.
Die geldpolitische Kurswende hatte die EZB bereits im Juni eingeleitet. Diese Zinsschritte bedeuten: Für Banken wird es günstiger, sich mit frischem Geld zu versorgen – gleichzeitig bekommen sie für das Parken von Geld bei der Zentralbank weniger.
Folgen für Sparerinnen und Sparer: Tages- und Festgeld
Wer Geld anlegt, bekommt dafür jetzt weniger Zinsen. Allerdings ändert sich das nicht schlagartig mit dem Tag der Zinssenkung durch die EZB, sondern der Markt hat auch diese Entwicklung schon vorweggenommen. Das heißt, Banken haben diesen Schritt erwartet - und viele haben schon vorab die Zinsen gesenkt. Die meisten Experten rechnen damit, dass bei Tagesgeld und Festgeld leichte Rückgänge noch zu erwarten sind.
Festgeldzinsen sind im August deutlich gesunken - auf den tiefsten Stand seit über einem Jahr, hat das Portal Verivox berechnet. Bei zwei Jahren Laufzeit gibt es bei überregionalen Banken im Schnitt 2,68 Prozent (Stand 12.09.2024). Die Finanzberatung FMH sieht eine Spanne von 2,67 bis 3,5 Prozent Zins auf Festgeld mit einem Jahr Laufzeit aktuell.
Beim Tagesgeld sehen die Beobachter des Portals Verivox aktuell dagegen eine etwas andere Entwicklung, hier haben die Banken die Zinsen demnach zuletzt weitestgehend stabil gehalten, erklärt Verivox.
Beim Tagesgeld sind die Durchschnittszinsen im August bei bundesweit verfügbaren Angeboten sogar minimal gestiegen auf im Schnitt 1,68 Prozent (Stand Ende August). Bei Sparkassen (0,61 Prozent) und regionalen Genossenschaftsbanken (0,63 Prozent) liegen sie laut Verivox im Vergleich dazu niedriger.
In Zukunft dürfte es weiter nach unten gehen – wie schnell, das bleibt abzuwarten. Es kommt darauf an, wie die EZB weiter vorgeht.
Sparer können Zinsschritt entspannt sehen: Es bleibt ein Plus unterm Strich
Trotzdem ist die wirtschaftliche Lage durchaus nicht so düster, wie es auf den ersten Blick wirken mag. Das liegt daran, dass die Inflationsrate deutlich gesunken ist, also dass die Preise nicht mehr so stark steigen.
Das führt dazu, dass der Realzins gestiegen ist, also das, was wirklich hängen bleibt, wenn man mit einberechnet, wie viel Kaufkraft das Geld durch die Inflation noch hat. Bei einem zweijährigen Festgeld mit durchschnittlichem Zins sehen die Beobachter von Verivox einen neuen Realzins-Rekord von 0,78 Prozent.
Sparer können sich also darüber freuen, dass die Zinsen für Spareinlagen wie Tages- oder Festgeld zuletzt langsamer gesunken sind als die Inflationsrate.
Der Blick zurück zeigt: Selbst die höchsten verfügbaren Zinsen konnten letztes Jahr die hohe Inflation (Jahresschnitt 2023 bei 5,9 Prozent) nicht wettmachen, das Ersparte wurde also weniger wert. Das ist passé: Das Geld von Sparerinnen und Sparern wird wieder mehr wert. Es bleibt wieder ein Plus unter dem Strich.
Kredite für Verbraucher werden durch Zinssenkung der EZB günstiger
Zunächst ist es grundsätzlich so, dass Verbraucher, die einen Kredit aufnehmen wollen, profitieren können vom Zinsschritt der EZB. Allerdings gibt es Unterschiede: Bei einem Konsumkredit ist die Lage anders als bei einem Immobiliendarlehen – denn die Leitzinsen haben nicht überall gleich viel Einfluss.
Ratenkredite dürften günstiger werden, weil die Banken selbst weniger zahlen müssen für frisches Geld. Allerdings geben Banken den Effekt erfahrungsgemäß nicht sofort an ihre Kundinnen und Kunden weiter. Wahrscheinlich ist, dass sie sich damit eher Zeit lassen. So können sie in der Zwischenzeit ihre eigene Gewinnspanne aufbessern.
SWR-Wirtschaftsredakteur Michael Herr ordnet ein, was die Zinssenkung für die bedeutet, die einen Kredit aufnehmen wollen, zum Beispiel für eine Immobilie:
Bauzinsen zuletzt stabil - und günstiger als 2023
Bei den Bauzinsen ist die Sachlage etwas anders. Diese orientieren sich an der Verzinsung von zehnjährigen Bundesanleihen. Der Leitzins - hier ist der sogenannte Hauptrefinanzierungssatz wichtig - wirkt indirekt, zeitverzögert. Die Finanzberatung FMH hat zuletzt einen Durchschnittswert von 3,36 Prozent für eine Finanzierung mit zehnjähriger Zinsbindung berechnet.
Wie sich die Bauzinsen weiter entwickeln, ist schwer vorherzusagen, denn hier spielen viele Faktoren eine Rolle, zum Beispiel auch die Nachfrage nach Immobilien. Mehrere Experten gehen davon aus, dass die Bauzinsen sich in den nächsten Monaten nicht gravierend verändern dürften.
Auch hier lohnt sich immer ein Vergleich - denn wenn man eine Wohnung kauft oder ein Haus baut, geht es um große Summen, bei denen schon kleine Unterschiede beim Zinssatz viel ausmachen können.
Wer eine Immobilie sucht, sollte Ruhe bewahren
Wer ein Haus oder eine Wohnung kaufen will, sollte sich grundsätzlich nicht nervös machen lassen und die weitere Entwicklung genau beobachten. Denn ein Haus oder eine Wohnung zu kaufen, ist für die meisten Menschen die mit Abstand größte Investition in ihrem Leben. Eine solche Entscheidung sollte daher immer gut durchdacht und abgewogen werden.
Wer bereits eine passende Immobilie gefunden hat, sollte sich Angebote mehrerer verschiedener Banken und Kreditvermittler einholen und auch auf öffentliche Förderprogramme - etwa von der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) - achten. Teils gibt es dort günstige Zinsen für spezielle Projekte. Auf diese Weise ist es möglich, einen Baukredit aufzusplitten und so Zinsen und Geld zu sparen.
Finanztest Konditionen für Immobilienkredite immer vergleichen
Zwischen günstigen und teuren Kreditanbietern klaffen oft große Zinsunterschiede. Finanztest rät: Konditionen für Immobilienkredite immer vergleichen!
Senkt die EZB in Zukunft die Leitzinsen noch weiter?
Davon ist auszugehen, allerdings ist die Frage ist, wie schnell. Vor einigen Monaten sah es danach aus, dass die EZB mit ihrer Entscheidung am 6. Juni 2024 eine Art Startschuss geben und dann die Leitzinsen zügig weiter senken würde. Jetzt ist der nächste Schritt also getan.
Ob es im Oktober eine Pause gibt, ist offen. EZB-Chefin Lagarde hat sich bei einer Pressekonferenz am 13. September bedeckt gehalten und gesagt, man werde sich alle Daten anschauen.
Was bedeutet das für die Inflation?
Die Inflation ist zwar zurück gegangen, die Verbraucherpreise steigen also nicht mehr so schnell wie zuletzt. Im Juli hat es allerdings einen leichten Anstieg im Euroraum gegeben - von 2,6 auf 2,8 Prozent. Ob die Zeit hoher Inflation vorbei ist, ist noch nicht sicher.
Die Inflation in der Eurozone ist ein Durchschnitt aus den Werten der unterschiedlichen Länder. Man muss sich also die Raten im Einzelnen anschauen. Es gibt einige Euro-Länder, in denen die Inflation weit über die angestrebte zwei-Prozent-Marke hinausgeht, beispielsweise Belgien mit 5,4 Prozent oder Rumänien mit 5,8 Prozent. Die niedrigste Inflationsrate hat Finnland mit 0,5 Prozent.
Die komplizierte Aufgabe der EZB
Die EZB hat die schwierige Aufgabe, für Preisstabilität zu sorgen. Senkt sie den Leitzins zu stark, könnte das die Nachfrage zu sehr anheizen - hält sie ihn zu lange zu hoch, kommt die Wirtschaft nicht in Fahrt.
Dazu kommt, dass die Europäische Zentralbank auf verschiedene Faktoren keinen Einfluss hat, die für die Inflation eine Rolle spielen. Zum Beispiel darauf, inwieweit die Krisenherde der Welt die Rohstoffpreise hochtreiben. Oder darauf, wie stark die Löhne steigen, was Dienstleistungen entsprechend teurer macht.
Inflation ist in gewisser Weise unberechenbar. Das hat sich in den 1970er und 1980er Jahren schon einmal gezeigt. Auch damals hat es länger gedauert als gedacht, bis sich die Lage wieder entspannt hat.
Bundesbank-Chef Joachim Nagel hat die Zinssenkung der EZB vom 12. September 2024 als konsequent und zum richtigen Zeitpunkt eingeordnet. Im EZB-Rat sei man einheitlich der Meinung gewesen, dass das der richtige Schritt ist , sagte Nagel im Deutschlandfunk. Man gehe mittlerweile davon aus, dass die EZB Ende 2025 bei ihrem Inflationsziel von zwei Prozent ankommen werde. Dies sei Konsens im EZB-Rat.