Menschen, die an Multipler Sklerose (MS) erkrankt sind, leiden unter heftigen Symptomen. Die Autoimmunerkrankung kann unter anderem zu Einschränkungen beim Sehen, Gleichgewichtssinn und bei der Koordination führen. Außerdem leiden viele Betroffene unter dem Müdigkeitssyndrom Fatigue. Die Krankheit ist bis heute nicht heilbar, kann mit Medikamenten aber verlangsamt werden. Die Ernährung könnte dabei eine größere Rolle spielen, als bisher vermutet.
Nahrungsergänzung mit Propionsäure
Der Neurologe Professor Aiden Haghikia vom Universitätsklinikum Magdeburg untersuchte mit seinem Team Stuhlproben und das Blutserum von MS-Patienten. Sie stellten dabei einen Mangel von einer sogenannten Propionsäure fest. Sie wird bei der Verdauung von ballaststoffreicher Nahrung wie Haferflocken, Karotten, Pastinaken oder Bohnen durch Bakterien gebildet. Man geht davon aus, dass sie antientzündlich wirkt.
Das Forschungsteam geht davon aus, dass die Bakterien, die für die Bildung der Propionsäure verantwortlich sind, bei MS-Erkrankten reduziert sind. Eine erste Studie hat bereits gezeigt, dass die zusätzliche Einnahme von Propionat, dem Salz der Propionsäure, MS-Symptome lindern kann.
Die Probanden spürten laut Professor Haghikia weniger Müdigkeitssymptome und auch die Abnahme bestimmter Hirnregionen sei weniger stark ausgeprägt. Die Forschung stehe erst am Anfang, dennoch rät Haghikia bereits zu einer Nahrungsergänzung mit Propionat und einer ausgewogenen Ernährung.
Autoimmunerkrankungen Neue Hinweise zum Auslöser von Multipler Sklerose
Schon länger steht das Epstein-Barr-Virus im Verdacht, Auslöser der Autoimmunkrankheit Multiple Sklerose zu sein. Nach einer neuen Studie verdichtet sich diese Vermutung.
MS: Ausgewogene mediterrane Ernährung
Trotz veränderter Bakterienzusammensetzung im Darm, die zu einem Mangel an Propionsäure führt, rät Professor Haghikia dazu, die Ernährung möglichst auf pflanzliche Nahrungsmittel umzustellen. Ideal ist beispielweise eine mediterrane Ernährung mit viel Gemüse.
Pflanzliche, ballaststoffreiche Lebensmittel regen bei gesunden Menschen die Bildung kurzkettiger Fettsäuren, wie das Propionat, an. Dennoch gelte auch für MS-Patienten das Ernährung-Prinzip: so fett- und fleischarm wie möglich.
Daniela Adomeit und Prof. Peter Flachenecker | 31.5.2023 Multiple Sklerose: Eine Betroffene und ein Neurologe über Symptome und Therapien
MS wird oft "Krankheit mit 1000 Gesichtern" genannt, berüchtigt sind die "Schübe". Am MS-Tag klären ein Top Neurologe und eine Betroffene auf, die sich bei Amsel e.V. engagiert.
Weizen bei Multipler Sklerose möglichst vermeiden
Vorsichtig sollten Betroffene bei Weizenprodukten sein. Das zeigt eine neue Forschung der Universitätsmedizin Mainz. Der Gastroenterologe Professor Detlef Schuppan kam zu dem Ergebnis, dass eine weizenhaltige Ernährung sich negativ auf die MS-Erkrankung auswirkt.
Verantwortlich ist aber nicht Gluten – wie viele vermuten – es sind sogenannte ATI-Proteine (Amylase Trypsin-Inhibitoren). Die ATI-Proteine stehen im Verdacht, bestimmte Entzündungszellen im Darm zu aktivieren. Bei MS-Patienten können diese ATI-aktivierten Entzündungszellen und begleitende Botenstoffe in das Gehirn gelangen und dort die Entzündung verstärken.
Die weizenreduzierte Diät führte in der Studie bei den MS-Patienten zu weniger Schmerzen, außerdem wurden im Blut weniger entzündliche Immunzellen nachgewiesen. ATI-Proteine stecken nicht nur in Weizen, sondern auch in anderen glutenhaltigen Getreiden wie Dinkel, Roggen oder Gerste. Prof. Detlef Schuppan empfiehlt ersatzweise deshalb, zu Brot zum Beispiel aus Buchweizen oder Hafer zu greifen.
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Zum Welt-MS-Tag konnten Interessierte in Grenzach-Wyhlen (Kreis Lörrach) Symptome von MS nachempfinden. In Deutschland sind rund 200.000 Menschen an Multipler Sklerose erkrankt.
Keine Hilfe bei Multipler Sklerose: hochdosiertes Vitamin D
Einige Zeit lang wurde vermutet, dass hochdosiertes Vitamin D bei MS helfen kann. Professor Hansjörg Bäzner, Neurologe am Klinikum Stuttgart klärt darüber auf, dass sich diese Behandlungsform nicht bestätigt hat. Sinnvoll sei die Substitution nur, wenn sich im Blutbild ein zu niedriger Vitamin-D-Wert zeigt. Eine „ultrahochdosierte Vitamin-D-Kur“ sei nicht hilfreich, deshalb rät Bäzner davon ab.
Auch wenn es manchmal schwerfällt, rät der Neurologe dazu, neben einer ausgewogenen Ernährung zu regelmäßigem Sport, Physiotherapie und zum Austausch mit anderen Betroffenen, beispielsweise in Selbsthilfegruppen.