Um 25 Prozent ist die Grundwasserneubildung seit der Jahrtausendwende in Rheinland-Pfalz gesunken. Eine alarmierende Entwicklung - nicht nur, weil damit auch Trinkwasser knapp wird.
In Rheinland-Pfalz wird Trinkwasser zu 95 Prozent aus Grundwasser gewonnen und anschließend aufbereitet. Bei Wasser-Quantität und -Qualität stellen sich längst drängende Fragen. Rheinland-Pfalz ist zwar noch ein niederschlagsreiches Land, doch der Niederschlag ist ungleich in den Regionen verteilt und es kommt auch immer weniger davon in unseren Grundwasserreservoiren an.
So bildet sich Grundwasser
Grundwasser kann sich nur im sogenannten hydrologischen Winter bilden, wenn die Pflanzen ihre Blätter verlieren und nicht mehr so viel Wasser aufnehmen und verdunsten. Also nur, wenn es zwischen November und Ende März reichlich regnet, besteht die Chance, dass genug Sickerwasser in tiefere Schichten des Erdbodens eindringt und langfristig zu Grundwasser werden kann. Doch die Regenmengen haben in den letzten Jahren kontinuierlich abgenommen.
Seit 1951 werden einerseits die Niederschläge, andererseits die Grundwasserstände regelmäßig gemessen. Das langjährige Mittel von 1951 bis 2002 wird dann mit den gemittelten Werten von 2003 bis 2018 verglichen - neuere Zahlen gibt es bisher nicht. Das Ergebnis ist dramatisch: In den letzten Jahren hat es im Schnitt 8 Prozent weniger geregnet als in den Jahrzehnten zuvor.
Darum führt der Klimawandel zu sinkenden Grundwasserspiegeln
Der Anstieg der Durchschnittstemperatur um rund ein Grad seit Beginn des Jahrtausends führt außerdem dazu, dass mehr von dem Niederschlag verdunstet. Gleichzeitig verkürzt sich durch die höhere Temperatur der hydrologische Winter und zwar messbar. Auch hier helfen Naturbeobachtungen über lange Zeiträume, das Geschehen einzuordnen:
- Die Laubfärbung bei der Stieleiche gilt als Zeichen des Herbstes, sie tritt im Schnitt sieben Tage später ein als noch in den 1950er Jahren.
- Zudem geht der Frühling immer früher los, die Blüte der Haselnuss ist dafür ein Indikator, ganze 16 Tage früher blühen diese Pflanzen inzwischen im Schnitt.
Einerseits wird also der Niederschlag immer weniger und der hydrologische Winter immer kürzer, andererseits verdunstet wegen steigender Temperaturen immer mehr Wasser – deshalb sinkt die Grundwasserneubildung: Im Schnitt um 25 Prozent in den letzten Jahren.
Gleichzeitig verbrauchen wir in heißen Sommern überdurchschnittlich viel Wasser. In Rheinland-Pfalz wird 95 Prozent des Trinkwassers aus Grundwasser gewonnen, die Folge: im Sommer 2018 gab es erste Engpässe.
Damit will die Wasserwirtschaft Trinkwasser-Knappheit verhindern
Es gibt Regionen in Rheinland-Pfalz, in denen Trinkwasser-Reserven vorhanden sind und noch nicht angezapft werden, zum Beispiel im Pfälzer Wald. Doch dort leben praktisch keine Menschen. Das bedeutet: Das Trinkwasser müsste von dort durch lange Leitungen dahin gebracht werden, wo es gebraucht wird.
Wasser-Fernleitungen gibt es schon seit Beginn des 20. Jahrhunderts, auch Mainz wird zum Teil dadurch mit Wasser versorgt. Auch im Westerwald ist ein Netz von Fernwasserleitungen nötig. Zwar regnet es dort wesentlich mehr als im besonders trockenen Rheinhessen, doch der felsige Untergrund verhindert die Bildung von Grundwasser, das Wasser läuft ober- und unterirdisch ab.
Darum verbindet eine Fernleitung die zwei Talsperren im Land
Auch der Hunsrück als Teil des rheinischen Schiefergebirges hat wenig Grundwasser. Deshalb gibt es hier die beiden einzigen Talsperren im Land: Die Riveristalsperre und die Steinbachtalsperre, die den ganzen Landkreis Birkenfeld und Idar-Oberstein mit Wasser versorgt. Damit das auch in trockenen Sommern so bleibt, wurde im letzten Jahr eine Fernleitung eingeweiht: Sie führt über 32 Kilometer Wasser aus der saarländischen Primstalsperre bis in die Steinbachtalsperre.
Die Verknüpfung von Wasserleitungen – sogenannte Verbundleitungen – hilft auch, Wasser überregional zu verteilen, damit es in Stoßzeiten nirgendwo Engpässe gibt. Daran wird überall im Land gearbeitet: Kilometerlange Fernleitungen vernetzen großräumig Hunsrück, Eifel und Westerwald. Auch der Taunus wird über Fernleitungen mit Wasser vom Rhein versorgt, im Westerwald werden Leitungen vernetzt.
Da der Rückgang des Grundwassers den rheinland-pfälzischen Wasserwirtschaftlern Sorgen bereitet, ist sogar der Bau einer weiteren Talsperre in der Diskussion, möglicherweise in der Eifel. Doch das ist ein aufwändiges und kostenintensives Unterfangen, das viele Jahre Planung und Bau in Anspruch nehmen wird.
Was unserem Grundwasser noch zusetzt
Seit 30 Jahren gibt es eine EU-Richtlinie über den Nitrateintrag durch Gülle und Dünger. Doch die deutsche Regierung hat diese bisher nicht überzeugend umgesetzt und die Landwirte tragen nach wie vor zu viel an Gülle und Düngemitteln über die Böden in den Wasserhaushalt ein.
In vielen Regionen des Landes werden zu hohe Nitratwerte im Wasser verzeichnet – über 50 mg davon darf Trinkwasser nicht enthalten. Sonst muss es aufwändig aufbereitet werden. Auch andere Stoffe wie Pestizide und Insektizide landen langfristig in unserem Grundwasser.
Naturschützer wie der BUND und der NABU kritisieren zudem hohe Grundwasser-Entnahmen für Beregnungsanlagen in der Landwirtschaft. Dies ist vor allem in der Südpfalz umstritten, wo die Grundwasser-Stände in den letzten, extrem trockenen Jahren gesunken sind, weil viel beregnet werden musste.
In anderen Gemüsebauregionen in der Vorderpfalz gibt es seit längerem Beregnungsverbände. Sie holen sich das Wasser aus dem Oberflächenwasser - dem Rhein. Das könnte auch ein gutes Modell für die Südpfalz sein, meinen Experten.
Darüber hinaus müssten Wasserrechte in Zukunft angesichts der dramatischen Entwicklung kurzfristiger vergeben werden als bisher: Meistens wurden Wasserrechte für 30 Jahre verliehen, das wird in Zukunft nicht mehr so möglich sein. Auch darüber können Wasserwirtschaftler regulieren, dass in Zukunft weniger Grundwasser für die intensive Beregnung in der Landwirtschaft genutzt wird.