Schlechte Ernährung, Alkohol und Übergewicht galten lange als Auslöser für Gicht. Welche andere Ursache Gichtanfälle meist haben und wie Gicht richtig behandelt wird.
Verursacht eine schlechte Ernährung Gicht?
Fleisch, Alkohol und Übergewicht galten lange als Auslöser für Gicht. Weil sich früher nur Wohlhabende solche Lebensmittel leisten konnten, nannte man sie auch die Krankheit der Könige. So sollen Ludwig XIV. und auch Friedrich der Große an Gicht gelitten haben.
Bis heute müssen Gicht-Patienten gegen Vorurteile kämpfen. Dabei haben Forschende herausgefunden, dass die Ernährung eine vergleichsweise geringe Rolle spielt. Häufig verursachen Stoffwechselerkrankungen Gicht.
Neue Studien: Genetische Stoffwechselerkrankungen können Gicht auslösen
Nach neuem Forschungsstand erkranken die meisten Menschen nicht wegen schlechter Ernährung an Gicht, sondern durch genetische Veranlagung. “Menschen mit einer besonders starken genetischen Veranlagung für Gicht haben eine geschätzt 100-fach höhere Chance, an Gicht zu leiden, als Menschen mit einer besonders niedrigen erblichen Veranlagung,” erklärt Professorin Anna Köttgen vom Uniklinikum Freiburg. Eine gemeinsame internationale Studie von 2019 zeigt, dass 183 Genorte Einfluss auf den Harnsäurespiegel und damit auf Gicht haben.
Woher kommt zu viel Harnsäure im Blut?
Harnsäure entsteht beim Abbau von sogenannten Purinen. Purine sind Bestandteile menschlicher Zellen, werden aber auch über die Nahrung aufgenommen. Die Harnsäure wird über die Nieren ausgeschieden. Dieser Ausscheidungsprozess ist bei den meisten Gichtpatienten genetisch bedingt gestört. Dann bleibt zu viel Harnsäure im Blut.
Übersteigt die Harnsäurekonzentration einen Wert von etwa 6 mg/100 ml, bilden sich Harnsäurekristalle. Diese lagern sich in der Gelenkhaut ab. Die Folge: ein Gichtanfall und starke Schmerzen.
Symptome von Gicht
Männer haben den ersten Gichtanfall meist mit etwa 45 Jahren, Frauen oft erst nach der Menopause. Typische Symptome von Gicht sind entzündete, auch geschwollene und gerötete Gelenke. Bei einem Gichtanfall kommen plötzliche, stechende Schmerzen in den Gelenken hinzu.
Meistens tritt Gicht im großen Grundgelenk, im Vorfuß oder im Knie auf. Die Krankheit kann aber in allen Gelenken auftreten. Sind die Beschwerden einseitig, spricht auch das für Gicht. In seltenen Fällen sind mehrere Gelenke betroffen.
Wenn nicht die typischen Gelenke betroffen sind, ist es für Ärzte schwieriger, die Krankheit zu erkennen. Sie wird teils fälschlich als Rheuma, Sehnenentzündung oder Arthritis diagnostiziert. Das kann fatale Folgen für den Patienten haben – etwa jahrelange Schmerzen oder Gelenkzerstörungen.
Bleibt Gicht unbehandelt, bilden sich auch sichtbare "Gichtknoten", sogenannte Tophie, an den Gelenken.
Gicht erkennen: Neuer Leitfaden soll Hausärzten helfen
Immer wieder kommt es vor, dass Hausärzte Gicht nicht als solche erkennen – oder zu spät. Oft passiert das bei Frauen. Aber auch Personen, die nicht an den klassischen Stellen an Gicht leiden, bekommen häufig eine Fehldiagnose.
Die neue Gicht-Leitlinie soll das jetzt ändern und insbesondere Hausärztinnen und Hausärzte noch besser mit der Krankheit vertraut machen. Erstellt wurde die Leitlinie von der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie und Klinische Immunologie. Die Leitlinie schlägt unter anderem vor, bei Verdacht auf Gicht eine Familienanamnese zu machen.
Harnsäurewerte durch Ernährung senken: Diäten können Gicht verschlimmern
Weil schlechte Ernährung lange als Ursache für Gicht gehalten wurde, haben Ärzte ihren Gichtpatienten oft zu Ernährungsumstellungen und Diäten geraten. Neue Erkenntnisse zeigen, dass gerade bei Diäten Gichtanfälle besonders häufig sind. Durch falsche Diäten kommt es zu einem Fett- und Muskelverlust und besonders viele körpereigene Purine müssen abgebaut werden. Dadurch steigt die Harnsäurekonzentration an, und die Gichtanfälle verstärken sich.
Menschen mit Gichtveranlagung sollten allerdings trotzdem Alkohol meiden. Besonders Bier enthält viele Purine. Zudem behindert der Alkohol zusätzlich die Harnsäure-Ausscheidung über die Niere.
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Die richtige Ernährung bei Gicht
Der Lebensstil ist, anders als das lange Zeit propagiert wurde, tendenziell kein Grund der Erkrankung. Allerdings kann es den Ausbruch von Gicht begünstigen. Risikofaktoren können neben der Ernährung auch Übergewicht, Bluthochdruck, ein Herzinfarkt oder Schlaganfall und Diabetes Typ 2 sein.
Hausarzt Dr. med. Manuel Magistro empfiehlt eine mediterrane Kost. Das bedeutet: viel Gemüse, Milch, Milchprodukte, wenig Fleisch. Auch Softdrinks und Fertigprodukte sollte man meiden. In ihnen ist nämlich meistens Fruktose versteckt. Die fördert Gichtanfälle.
Früchte dagegen können in normalem Maß trotzdem gegessen werden. Sie enthalten lang nicht so viel Fruktose wie Sirup, Melasse oder Maisstärke.
Helfen Nahrungsergänzungsmittel gegen Gicht?
Evidenzbasierte Daten zeigen: Nahrungsergänzungsmittel bringen nichts.
Gicht mit Medikamenten richtig behandeln
Mit einer speziellen Ernährungsumstellung alleine, die sogenannte purinarme Diät, können Gichtpatienten ihre Harnsäure-Werte um etwa fünf bis zehn Prozent senken. Das ist nicht ausreichend, um Gichtanfälle zu mildern. Die meisten Patienten brauchen daher als Ausgleich ihrer genetischen Störung eine medikamentöse Therapie. “Mit den gut verfügbaren Medikamenten ist das vollkommen unproblematisch”, erklärt Dr. Jürgen Rech vom Zentrum für Immuntherapie an der Uniklinik Erlangen.
Wirken herkömmliche Medikamente nicht, versuchen Ärzte mit speziellen Biopharmaka, die direkt in den Bauch gespritzt werden, die Entzündungen durch die Gicht zu lindern.
Forschung an neuen Medikamenten gegen Gichtanfälle
Am Uniklinikum Erlangen wird aktuell nach neuen Wirkstoffen für Medikamente gegen Gicht geforscht. Dazu wird untersucht, was im Körper passiert, wenn ein akuter Gichtanfall endet, warum die Entzündung bei manchen Patienten chronisch wird und sich bei anderen immer wieder auflöst. Dabei konnten die Forschenden beobachten, dass nach einem Gichtanfall spezielle Immunzellen die Entzündung verhindern. Sie bringen sich selbst zur Explosion und bilden so Netze, in denen sich die Entzündungsbotenstoffe verfangen.
Bis aus dieser Erkenntnis eventuell eine Therapie entwickelt werden kann, dauert es allerdings noch Jahre.
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