Bringt Akupunktur bei Kopfschmerzen, Kniearthrose und Co. wirklich etwas oder ist das Einbildung oder Placebo? Was nützen Akupressur-Matten? Wir zeigen wissenschaftliche Erkenntnisse.
Inhalt
- Was ist eine Akupunktur?
- Behandlung und Kosten
- Wann ist Akupunktur wirksam?
- Alles nur Placebo-Effekt?
- Die Erwartungshaltung
- Welche Rolle spielen die Akupunkturpunkte?
- Hilft Akupunktur auch bei Heuschnupfen?
Was ist eine Akupunktur?
Akupunktur ist eine alte chinesische Behandlungstechnik, bei der dünne Nadeln bestimmte Punkte des Körpers stimulieren sollen. Nach Theorien der traditionellen chinesischen Medizin wird der Körper von 14 sogenannten Meridianen überzogen, den Energiebahnen unseres Körpers. Wenn der Fluss der Energie gestört ist, soll das gezielte Stechen in Akupunkturpunkte Blockaden lösen und überschüssige Energie abführen. Der Körper soll dadurch ins Gleichgewicht kommen.
Laut Mediziner Dr. Uwe Günter löst der Nadelreiz im Nervensystem Reaktionen oder Reflexe aus, die im Körper beziehungsweise im Rückenmark beantwortet werden. Ein Beispiel sei die vermehrte Durchblutung, die manchmal durch Hautrötungen um die Nadel sichtbar wird.
Behandlung und Kosten
Akupunktur wird hierzulande von Ärzten mit Zusatzausbildungen, Heilpraktikern und Hebammen praktiziert. 2021 waren in Deutschland 15.131 Ärztinnen und Ärzte mit der Zusatzbezeichnung "Akupunktur" bei den Kammern registriert.
Eine Behandlung kostet je nach Dauer und Aufwand etwa 25 bis 50 Euro pro Sitzung. Private Krankenversicherungen übernehmen die Kosten vor allem bei Schmerztherapien, die gesetzlichen Kassen bei chronischen Knie- und Rückenschmerzen. Patienten haben dann Anspruch auf bis zu zehn Sitzungen.
Laut Günter können sich Patienten schon von einer einzelnen Behandlung einen Effekt erhoffen. Je akuter eine Erkrankung sei, desto schneller könne sie mit einfachen reflektorischen Reizen gut behandelt oder beherrscht werden. Das sei bei chronischen Schmerzen jedoch nicht der Fall, dann seien mehrere Sitzungen nötig.
Wann ist Akupunktur wirksam?
Die Wirksamkeit von Akupunktur wird seit vielen Jahren erforscht und kontrovers diskutiert. Bereits vor 20 Jahren konnten groß angelegte Studien in Deutschland zeigen, dass Akupunktur bei chronischen Schmerzen wie beispielsweise Migräne, Spannungskopfschmerzen, Kniearthrose und Rückenschmerzen helfen kann.
Bei Beschwerden im unteren Rücken und bei Kniearthrose war der Effekt doppelt so groß wie bei einer Standardtherapie mit Schmerzmitteln. Die Patienten haben keine Schmerzmedikamente eingenommen und hatten trotzdem weniger Schmerzen. Allerdings war die Akupunktur auch wirksam, wenn die Nadeln nicht in die Akupunkturpunkte, sondern in andere Stellen gestochen wurden.
Alles nur Placebo-Effekt?
Schmerzmediziner an der Friedrich-Schiller-Universität Jena konnten zeigen, dass Akupunktur einen leichten schmerzlindernden Effekt hat, der nicht auf den Placebo-Effekt zurückzuführen ist. Sie legten ihre Probanden in Vollnarkose, sodass diese nichts mitbekamen und ermittelten deren Schmerzreaktionen anhand ihrer Hirnströme.
Durch das Stechen in Akupunkturpunkte konnten die Schmerzreaktionen gedämpft, aber nicht völlig abgeblockt werden. „Das weist darauf hin, dass die Akupunktur ein relativ schwaches Analgetikum ist - also mehr als ein Placebo -, aber bei starken Schmerzen möglicherweise in ihrer Wirkung nicht ausreicht“, erläutert Oberarzt Dr. Winfried Meißner, Leiter der Schmerzambulanz am Jenaer Universitätsklinikum und Erstautor der Studie.
Eine Arbeitsgruppe um Vitaly Napodov an der Harvard Medical School Boston untersuchte mithilfe von Magnetresonanztomographie (MRT), dass bestimmte Hirnregionen nur spezifische Aktivitäten zeigen, wenn ein Akupunkturpunkt stimuliert wird. Bei anderen Punkten passierte das nicht.
Ein Tipp aus der Schmerzambulanz der Uniklinik München von Professor Dominik Irnich, Vorsitzender der Ärztegesellschaft für Akupunktur.
Die Erwartungshaltung
Erfahrungen würden eine große Rolle spielen, erklärt Günter. „Es gibt oft zu große Erwartungen, dass die Akupunktur alle Krankheiten heilen könne.“ Teilweise gebe es aber auch ein unbegründetes Misstrauen, sodass Menschen nicht an die Akupunktur glauben. Die Erwartungshaltung sei nur eine Voraussetzung für eine gesteigerte Reaktion. Auch bei Menschen, die diese Erwartungshaltung nicht haben, könne das Nervensystem trotzdem unabhängig von den Erwartungen Wirkungen zeigen.
Welche Rolle spielen die Akupunkturpunkte?
Wie wichtig die Akupunkturpunkte bei der Schmerzbehandlung sind, hängt laut den Ergebnissen der GERAC-Akupunktur-Studie (German Acupuncture Trials) auch davon ab, unter welchen Schmerzen Patienten leiden. Bei Schulterschmerzen zum Beispiel ist die Akupunktur wirksamer, wenn auch wirklich die Akupunkturpunkte getroffen werden, ebenso bei Kniearthrose. Allerdings ist der Unterschied gegenüber falschen Punkten nicht besonders groß.
Für Patienten aber kann schon ein kleiner Unterschied von großer Bedeutung sein. Zum Beispiel bei Spannungskopfschmerzen: Hier haben die deutschen GERAC-Akupunktur-Studien schon vor 20 Jahren gezeigt, dass die Anzahl der Kopfschmerztage von 16 auf sechs reduziert werden konnte, wenn die richtigen Akupunkturpunkte getroffen wurden. War das nicht der Fall, litten die Patienten an zwei Tagen mehr an Kopfschmerzen.
Laut Mediziner Günter ist das Ohr in der Akupunktur besonders wichtig, da dort alle körperwichtigen Punkte projiziert werden. Das könne man mit einer Art kleinen Landkarte vergleichen. Seiner Meinung nach sind Akupunkturpunkte gut anatomisch definiert, sodass sich Ärzte an diesen Punkten erst einmal orientieren können. Nach entsprechender Ausbildung können die Punkte dann so gestochen werden, dass eine Wirkung einsetzen könne.
Hilft Akupunktur auch bei Heuschnupfen?
Neben Schmerzbehandlungen gibt es mittlerweile auch eine Studie der Berliner Charité, die darauf hinweist, dass Akupunktur bei Heuschnupfen helfen könnte. Die Allergiker nehmen dann weniger Antihistaminika ein und auch die nasalen Beschwerden bessern sich.