Inkontinenz kann eine Folge eines geschwächten Beckenbodens sein. Gezieltes, eigenständiges Training fällt vielen schwer. Neue Gadgets sollen helfen.
Etwa jede zweite Frau in Deutschland ist im Laufe ihres Lebens von einem geschwächten Beckenboden betroffen. Die Symptome reichen von Harnverlust, einer überaktiven Blase, Libido-Störungen bis hin zu Rücken- und Hüftschmerzen. Das kann im Alltag sehr belastend sein.
Die gute Nachricht: der Beckenboden lässt sich trainieren. Es gibt einfache Übungen im Sitzen oder Stehen, die man zuhause machen kann. An vielen Orten werden zudem Trainingskurse angeboten. Für alle, die zuhause trainieren wollen, aber Probleme mit der Motivation oder mit dem gezielten Ansteuern der Beckenbodenmuskulatur haben, können spezielle Trainingsgeräte und Gadgets sinnvoll sein.
Bei diagnostizierter Inkontinenz werden solche Hilfsmittel sogar häufig von der Krankenkasse übernommen. Hierzu fragt man am besten die behandelnde Ärztin oder den behandelnden Arzt.
Wie entsteht eine Beckenbodenschwäche?
Der Beckenboden liegt zwischen dem Schambein und der Wirbelsäule, im Inneren des Körpers. Er ist vier Zentimeter dick und besteht aus drei Muskelschichten und Bindegewebe.
Frauen sind deutlich häufiger von einer Beckenbodenschwäche betroffen als Männer. Ursachen können die Geburt eines Kindes oder auch eine erblich bedingte Bindegewebsschwäche sein. Aber auch eine schlechte Haltung oder zu langes Sitzen können zu Problemen mit dem Beckenboden führen.
Ganz ohne Hilfsmittel Beckenboden trainieren - diese Übungen sind effektiv
Viele Menschen überlasten ihren Beckenboden durch eine nachlässige Körperhaltung oder zu vieles Sitzen. Daher ist es wichtig, den Beckenboden regelmäßig zu kräftigen. Diese Übungen helfen!
Vaginalsonden für das Trainieren des Beckenbodens
Mittlerweile gibt es einige neue Technologien für Frauen mit Beckenbodenschwäche. Zum Beispiel Biofeedback-Vaginalsonden, die dabei helfen sollen, den Beckenboden richtig anzuspannen. Die Geräte mit der zugehörigen App auf dem Handy können von Ärzten bei einer diagnostizierten Blasenschwäche verordnet werden. Ohne Rezept kosten die Gadgets bis zu 200 Euro.
Das Prinzip dahinter ist einfach: Die Sonde wird zunächst in die Vagina eingeführt. In Form eines Handyspiels gibt sie dann Feedback: Je nachdem, wie stark man den Beckenboden anspannt, wird auf einer Art Skala angezeigt, ob und wie gut das Training klappt – oder spielerisch eine Figur gesteuert.
Dr. Carola Wotzka, Leiterin des Beckenbodenzentrums des Diakonie-Klinikums Stuttgart: “Ich finde diese Biofeedback-Sonden sehr sinnvoll. Für viele Patientinnen ist es beim Beckenbodentraining am Anfang schwierig zu merken, ob sie es richtig machen.“ Mit den Sonden werde das richtige Training erleichtert. Ihrer Meinung nach macht der Gaming-Effekt die neuen Geräte nicht wirksamer als die herkömmliche Beckenbodengymnastik, motiviert allerdings, überhaupt zu trainieren.
Vaginalgewichte für das Krafttraining mit dem Beckenboden
Auch sogenannte Vaginalgewichte können das Beckenbodentraining unterstützen und intensivieren. Die Kegel, Konen oder Kugeln werden in die Vagina eingeführt und helfen Frauen dabei, ihren Beckenboden gezielt anzuspannen. Ohne das Zusammenziehen des Beckenbodens würden die Gewichte wieder herausfallen.
Typische Vaginalgewichte wiegen bis zu 80 Gramm. Mittlerweile gibt es jedoch auch Modelle, an die verschieden schwere Gewichte drangehängt werden können. Diese können es auf bis zu 240 Gramm bringen, da die Gewichte außerhalb des Körpers hängen.
Wie sinnvoll sind Vaginalgewichte fürs Beckenbodentraining?
Dreimal die Woche bis zu 5 Minuten Training sollen schon wirksam sein. Allerdings gibt es bisher keine Studien, die das belegen.
Dr. Carola Wotzka findet Vaginalgewichte beim Beckenbodentraining grundsätzlich sinnvoll. Sie deckten allerdings nicht alle Bereiche des Beckenbodentrainings ab, so ihre Kritik: „Wenn man jetzt eine starke Druckerhöhung hat, zum Beispiel beim kräftigen Husten oder Niesen, ist es sicher von Vorteil, wenn man kräftig gegenhalten kann. Und ich denke, darauf zielt dieses Krafttraining ab. Aber ich würde beim Beckenbodentraining nicht nur allein auf die Kraft abzielen. Man darf auch dieses isometrische Training, das leichte Anspannen und Halten-Können, nicht vernachlässigen.“
Pelvi Power: Beckenbodentraining über magnetische Stimulation
Über einen Stuhl mit magnetischer Stimulation, dem sogenanntem „Pelvi Power“, kann der Beckenboden ebenfalls trainiert werden. Mittels einer Magnetspule werden magnetische Wellen ausgesendet, die bis zu 15 Zentimeter tief in den Beckenboden hineinwirken. „Dadurch finden circa 25.000 Kontraktionen in 22 Minuten statt. Wir erreichen so auch Muskeln, die wir selbstständig gar nicht erreichen können“, erklärt Beckenbodentrainerin Jasmin Keßler.
Aktuelle Studien haben eine Wirksamkeit des Geräts belegt. Dr. Carola Wotzka: „Ich denke, dass das vor allem für Patienten geeignet sein kann, die sich vielleicht nach einer Operation oder mit einer Vorerkrankung besonders schwertun, ihren Beckenboden anzusteuern, oder für Patienten, die vielleicht auch andere Therapien schon erfolglos gemacht haben.“
Nicht bei jeder Patientin schlage die Therapie via Pelvi Power gleichermaßen gut an, so Dr. Wotzka. Aber das Besondere bei dieser Therapieform: Nicht nur die Muskulatur, sondern auch das umliegende Gewebe werde stimuliert. „Was vielleicht auch ein Grund sein könnte, dass es bei Patienten funktioniert, die zum Beispiel eher eine Drangproblematik oder eine überaktive Blase haben. Das ist nicht nur reines muskuläres Beckenbodentraining.“
Expertin:
Dr. med. Carola Wotzka, Diakonie-Klinikum Stuttgart