Neue Medikamente in der Osteoporose-Therapie geben Hoffnung. Welche Rolle spielen Vitamin D, Kalzium und Sport bei Behandlung und Vorbeugung?
Was ist Osteoporose?
Osteoporose heißt "Knochenschwund". Bei dem Krankheitsbild ist der Erneuerungsprozess der Knochen gestört: Die knochenabbauenden Zellen arbeiten schneller als die knochenaufbauenden Zellen.
Die Knochen werden mürbe und können deshalb schneller brechen. Dies führt zu einem Teufelskreis: Durch schwache Knochen können Schmerzen entstehen, man schont sich, die Muskeln können verspannen. Es kommt zu einer generellen Fehlhaltung, die Folge: noch mehr Schmerzen. Die Betroffenen bewegen sich noch weniger und das lässt den Knochen weiter schwinden.
Risikofaktoren Osteoporose
Ab etwa dem 30. Lebensjahr nimmt die Dichte unserer Knochen tendenziell ab. Spätestens jetzt sollte man sich um eine knochengesunde Lebensweise bemühen, besonders, wenn gewisse Risikofaktoren für eine Osteoporose vorliegen – etwa neurologische Erkrankungen, Diabetes, Rheumatoide Arthritis oder die Einnahme von Medikamenten wie Cortison über einen längeren Zeitraum. Hier gibt es einen Selbsttest zur ersten Einschätzung, ob dies der Fall sein könnte.
Knochendichtemessung: Wann zahlt die Krankenkasse?
Wenn oben genannte Risikofaktoren zutreffen, sollte man etwa ab dem 50. Lebensjahr die Knochendichte messen lassen, empfiehlt Prof. Dr. Ulrich Liener, ärztlicher Direktor der Klinik für Orthopädie und Unfallchirurgie am Marienhospital Stuttgart. Auch das fortgeschrittene Lebensalter kann ein Risikofaktor sein.
Laut Gemeinsamem Bundesausschuss (G-BA) muss die Krankenkasse dann die Untersuchung zahlen, wenn „eine gezielte medikamentöse Behandlungsabsicht“ besteht.
Am besten direkt beim Arzt nachfragen, ob die Leistung übernommen wird. Der Osteoporose Selbsthilfegruppen Dachverband e.V. hat sich hier ausführlich mit dem Thema beschäftigt.
Einer Untersuchung der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen zufolge rechnen Ärzte die Knochendichtemessung via DXA-Methode allerdings häufig zu Unrecht als Individuelle Gesundheitsleistung (IGeL) ab. Patienten müssen die Leistung dann selbst bezahlen, obwohl sie eigentlich Anspruch auf Übernahme durch die Krankenkasse hätten. Die DXA-Methode gilt weltweit als Goldstandard bei der Knochendichtemessung.
Osteoporose: Frauen und Männer
Frauen erkranken mehr als drei Mal so häufig an Osteoporose wie Männer, vor allem in fortgeschrittenem Alter. Ein Grund hierfür ist, dass der Östrogenspiegel nach den Wechseljahren absinkt.
Aber auch Männer können an Osteoporose erkranken. Da die Erkrankung häufig als „Frauenkrankheit“ gesehen wird, haben viele Mediziner und Patienten Osteoporose bei Männern nicht auf dem Schirm. Professor Liener beobachtet seit Jahren, dass bei Männern die Osteoporose viel zu selten diagnostiziert und behandelt wird. Dabei ist es für den Therapieerfolg wichtig, die Krankheit so früh wie möglich zu erkennen.
Jeder fünfte Mann erleide im Laufe seines Lebens eine osteoporotische Fraktur, so Prof. Liener. „Wenn Sie das mit dem Prostatakarzinom vergleichen: Da ist es jeder achte und das ist ja wesentlich stärker im Bewusstsein der Patienten. Und die Folge ist, dass eben weniger als 20 Prozent mit einer Osteoporose adäquat behandelt werden.“
Risikofaktoren für eine Osteoporose bei Männern sind:
- Genetik und Umweltfaktoren
- Diabetes mellitus
- längere Cortisontherapie
- Testosteronmangel
- Calcium- und Vitamin-D- Mangel
- Alkohol und Rauchen
- zu wenig Bewegung.
Neben einer medikamentösen Therapie sollten Betroffene versuchen, dem Knochenschwund durch einen entsprechenden Lebensstil entgegenzuwirken – mit der richtigen Ernährung und Sport.
Durch Sport Stürze vorbeugen
Indem Muskulatur und damit Koordinationsfähigkeit gestärkt werden, können unter anderem Stürze vermieden werden – womit das Risiko für Knochenbrüche weiter gesenkt wird.
Helga Wotitzky hat vor sieben Jahren die Diagnose „schwere Osteoporose“ erhalten – damals war sie gerade einmal 55 Jahre alt. Mit gezieltem Training hat sie es – neben der medikamentösen Therapie – geschafft, den Knochenabbau zu hemmen und sogar die knochendichte zu verbessern.
Welche Sportarten eignen sich bei Osteoporose?
Prof. Liener empfiehlt, bei Osteoporose generell Kraft, Koordination, Ausdauer und Balance zu trainieren. „Wichtig ist, dass bei den Sportarten das Skelettsystem unter Belastung gesetzt wird“, sagt Prof. Liener. Aus diesem Grund sei Wassergymnastik hier weniger gut geeignet.
Gut eigneten sich Krafttraining, kraftbasiertes Tai-Chi, Ballsportarten oder kräftiges Walken. „Wichtig ist, dass man ein individualisiertes Programm absolviert, was zum Beispiel in einem Sportstudio für einen entworfen wird“, erklärt Prof. Liener.
Rüttelplatte bei Osteoporose?
Eine sogenannte Rüttelplatte könne das Training unterstützen, nicht jedoch ersetzen, sagt Prof. Ulrich Liener.
Osteoporose durch die richtige Ernährung vorbeugen
Für eine Lebensweise, die den Knochen guttun, gilt es, Untergewicht zu vermeiden. Es sollte Wert auf eine protein- und kalziumreiche Ernährung gelegt werden: Milchprodukte und kalziumreiches Mineralwasser sollten auf den Speiseplan gesetzt werden.
Prof. Liener empfiehlt, Kalzium über die Nahrung und nicht über Tabletten aufzunehmen. Vitamin D sollten Menschen mit Osteoporose jedoch in jedem Fall substituieren, empfiehlt der Experte – auf natürlichem Wege würde meistens nicht genug aufgenommen: 1.000 Milligramm Kalzium und 1.000 Einheiten Vitamin D täglich seien ausreichend.
Medikamente gegen Osteoporose
Generell gibt es zwei unterschiedliche Wirkungsweisen der Osteoporose-Medikamente. Die einen sollen den Knochenabbau hemmen. Die anderen stärken den Knochenaufbau. Manche Medikamente vereinen sogar beide Wirkweisen. Grundsätzlich sollen sie die Krankheit aufhalten und Knochenbrüchen vorbeugen.
Prof. Lorenz Hofbauer ist Endokrinologe an der Uniklinik Dresden. Bei der Entscheidung für die passende medikamentöse Therapie müssen verschiedene Faktoren berücksichtigt werden, erklärt er. "Die Patienten, die ein besonders hohes Risiko haben, sollten mit speziellen Osteoporose-Medikamenten behandelt werden.“ Ein hohes Risiko sei dann gegeben, wenn Patienten kürzlich Knochenbrüche erlitten hätten, vor allem an der Hüfte, der Wirbelsäule oder den Unterarmen – oder wenn eine Knochendichtemessung einen besonders niedrigen Wert ergeben hätte, so Prof. Hofbauer.
Osteoporose: Standardtherapie
Für viele Patienten reicht eine Standardtherapie etwa mit sogenannten Bisphosphonaten oder anderen Präparaten, die den Knochenabbau hemmen. Typische Nebenwirkungen dieser Therapie sind Beschwerden im Magen-Darm-Trakt. In solch einem Fall kann auch zu einem intravenösen Präparat gewechselt werden. „Generell muss man sagen, dass aber über 90 Prozent der Patienten die Medikamente nebenwirkungsfrei einnehmen können“, sagt Prof. Liener.
Knochenaufbauende Medikamente kommen bei schwerer Osteoporose zum Einsatz.
In Extremfällen greifen Experten zum Wirkstoff Romosozumab, den es seit etwa vier Jahren gibt. Er soll den Knochenaufbau fördern und zudem in geringem Maß den Abbau hemmen. Maximal 12 Monate dauert die Behandlung mit dem Medikament, das sich der Patient monatlich spritzen muss.
Doch nicht jeder Patient kommt für eine solche Therapie in Frage. Der Wirkstoff ist nur für Frauen nach den Wechseljahren zugelassen und bei erheblichem Knochenbruchrisiko. Der Grund dafür: ein erhöhtes Risiko für schwere Nebenwirkungen wie Herzinfarkt, Schlaganfall und sogar Tod kann nicht ausgeschlossen werden.
Osteoporose: Wo werde ich richtig behandelt?
Wer von Osteoporose betroffen ist, sollte sich um einen Spezialisten oder eine Spezialistin bemühen, der oder die auf die Erkrankung spezialisiert ist, um auch die richtige Therapie zu erhalten. Bei schweren Fällen sollte man eine Endokrinologie aufsuchen.
Nach fünf bis sieben Jahren medikamentöser Therapie sollte eine Pause gemacht werden, um den Knochenstoffwechsel wieder zu animieren. Gegebenenfalls sollte die Therapie dann später wieder aufgenommen werden – zur genauen Diagnose sollte man sich regelmäßig untersuchen und die Knochendichte kontrollieren lassen.
Experten aus dem Film:
Prof. Dr. Ulrich Liener, ärztlicher Direktor der Klinik für Orthopädie und Unfallchirurgie am Marienhospital Stuttgart
Prof. Lorenz Hofbauer, Endokrinologe an der Uniklinik Dresden