Weil PFAS sich besonders langsam abbauen, gelten sie als "Chemikalien für die Ewigkeit". Sogar viele Kinder haben sie bereits im Blut. Die Giftstoffe stehen im Verdacht, Krebs auszulösen.
Sie stecken tief in unseren Zellen – und es sind viele: 300 bis 400 Chemikalien, die von Natur aus im Menschen nichts zu suchen haben, lassen sich in jedem von uns nachweisen. Das weiß Marike Kolossa vom Umweltbundesamt. In der Umweltprobenbank wertet sie Blut-, Urin- und Muttermilchproben aus den letzten vier Jahrzehnten aus. Besonders die hohe Chemikalienbelastung bei Kindern macht der Forscherin Sorgen:
PFAS – die "Chemikalien für die Ewigkeit"
Besonders kritisch sieht sie perfluorierte Alkylsubstanzen, kurz PFAS. 4.700 verschiedene Stoffe gehören zu dieser Gruppe. Diese Chemikalien haben Forscher*innen des Umweltbundesamtes in besorgniserregendem Maß im Blut von Kindern nachgewiesen.
Ein großes Problem dabei: Sowohl in der Umwelt als auch im menschlichen Organismus bauen sie sich sehr langsam ab. Einige haben im menschlichen Körper eine Halbwertszeit von neun Jahren. In Forscher*innenkreisen heißen sie deshalb auch "Chemikalien für die Ewigkeit". Und erst wenige dieser 4.700 Substanzen sind schon hinreichend auf mögliche Gesundheitsschäden untersucht.
Einige PFAS vermindern Wirksamkeit von Impfungen
Bei den bereits analysierten Stoffen zeigten sich allerdings erhebliche Probleme: Die Immunantwort - und damit die Wirksamkeit von Impfungen gegen Krankheiten wie Tetanus, Grippe oder Diphtherie - lasse laut Studien nachweislich nach, wenn Menschen PFAS in sich tragen. Forscher vermuten, dass die Substanzen auch die Wirksamkeit der Corona-Schutzimpfungen vermindern könnten.
Expert*innen: PFAS könnten Krebsrisiko erhöhen
Die Bedenken der Fachleute gehen noch weiter. Einige Forscher*innen vermuten, dass die Substanzen das Risiko für Asthma, Schilddrüsenerkrankungen, die chronische Darmentzündung Colitis ulcerosa und bestimmte Krebserkrankungen erhöhen. Außerdem sollen sie das Risiko für Übergewicht und eine verminderte Fruchtbarkeit erhöhen.
Bereits Ungeborene kommen mit den Chemikalien in Kontakt. Über die Plazenta können diese Substanzen schon im Mutterleib in den Organismus des Fötus eindringen. Nach der Geburt nimmt die Belastung dann nach und nach zu. Auch über die Muttermilch werden diese Stoffe aufgenommen. Marike Kolossa vom Umweltbundesamt hat diesen Effekt untersucht:
Die Studien der Expertin zeigen auch: Jungen sind höher belastet als Mädchen. Und Menschen aus höheren sozialen Schichten tragen im Schnitt mehr PFAS in sich.
PFAS stecken in To-Go-Verpackungen, Kochgeschirr und Funktionskleidung
Leider ist es für Verbraucher*innen nicht leicht, solche Risiken zu reduzieren, denn PFAS müssen von der Industrie nicht als Inhaltsstoff auf Produkten deklariert werden. Wo die Chemikalien drin sind, ist vielen daher völlig unklar.
Die wichtigen Eigenschaften der Substanzen für die Industrie: Sie sind wasser- und fettabweisend. Oft stecken PFAS daher zum Beispiel in Funktionskleidung und in Kochgeschirr. Eine aktuelle Studie zeigt, dass sich die Chemikalien außerdem in Fastfood-Verpackungen, To-Go-Bechern und -Boxen, beschichteten Verpackungen von Lebensmitteln und in Muffinförmchen befinden.
Expert*innen fordern Regulierung der Substanzen
Doch auch in Kosmetikprodukten, im Trinkwasser und in der Nahrung konnten die Stoffe schon nachgewiesen werden. Expert*innen wie Marike Kolossa fordern daher eine Regulierung der gesamten Stoffgruppe. Das könnte dafür sorgen, dass wir seltener mit den Substanzen in Kontakt kommen - und ihnen leichter aus dem Weg gehen können.