Wie gehe ich vor, wenn meine Krankenkasse eine Behandlung nicht übernehmen will? Wann lohnt sich der Wechsel – auch wegen steigender Kosten?
Was tun, wenn die Krankenkasse eine Behandlung nicht zahlen will?
Krankenkasse zahlt nicht: Ist ein Wechsel sinnvoll?
Antrag auf Kostenübernahme: Wie gehe ich vor?
Steigende Zusatzbeiträge: Jetzt die gesetzliche Krankenkasse wechseln?
Chronische Beschwerden, Krankenkasse zahlt nicht
Immer wieder kommt es vor, dass Krankenkassen die Kostenübernahme für eine bestimmte Behandlung verweigern. So erging es auch einer Marktcheck-Zuschauerin. Sie leidet unter ständigen Schmerzen, verursacht durch ihre übergroße Brust. Durch das hohe Gewicht von mehr als drei Kilogramm hat sie laut ärztlichen Befunden chronische Beschwerden.
Dass die Schmerzen vom Gewicht der Brust kommen, bescheinigen der zweifachen Mutter mehrere Ärzte. Die Mediziner empfehlen daher eine Reduktionsplastik, also eine Brustverkleinerung, denn die konservativen Therapiemöglichkeiten seien ausgeschöpft.
Brustverkleinerung: Krankenkasse lehnt Kostenübernahme ab
Die Frau wendet sich an ihre Krankenkasse, die Barmer. Mehrfach stellt sie einen Antrag auf Kostenerstattung für die Operation, legt die Einschätzungen der Ärzte vor und schildert ausführlich ihre Lage. Doch jedes Mal wird die Maßnahme auf Grundlage eines Gutachtens des Medizinischen Dienstes abgelehnt. Eine der Begründungen lautet, es gebe keinen wissenschaftlichen Zusammenhang zwischen einer schweren Brust und Rückenschmerzen.
Fälle, bei denen die Krankenkassen trotz Beschwerden und ärztlicher Gutachten Leistungen ablehnen, kennt Rechtsexperte Stefan Geisler vom Sozialverband VdK zu Genüge. Ihn stört, wie mit Betroffenen in solchen Fällen umgegangen wird:
„Man kann sich des Eindrucks nicht erwehren, dass Frauen grundsätzlich unterstellt wird, dass sie aus rein ästhetischen Gründen eine Brustverkleinerung haben wollen. Die Betroffenen fühlen sich unverstanden. Sie fühlen sich als Lügnerinnen abgestempelt und sie haben das Gefühl, dass sie mit ihren Schmerzen und ihrem Leiden nicht ernst genommen werden."
Große Brust als Ursache von Rückenschmerzen
Im oben beschriebenen Fall beruft sich der Medizinische Dienst auf mehr als 20 Jahre alte Gerichtsentscheidungen. Es gebe inzwischen aber neue Urteile und wissenschaftliche Erkenntnisse, so Stefan Geisler: „Es gab eine Meta-Studie, die ist erschienen im Jahr 2015 und auch in der einschlägigen Literatur veröffentlicht worden, wonach durchaus ein Zusammenhang besteht zwischen übergroßen Brüsten und Schmerzen und orthopädischen Leiden.“
Wir fragen bei der Barmer nach. Dort beruft man sich auf den Medizinischen Dienst und schreibt uns:
Krankenkasse zahlt nicht – Wechsel sinnvoll?
Für die betroffene Frau bleiben leider kaum andere Möglichkeiten, als vor Gericht zu gehen, sagt Rechtsexpertin Barbara Sternberger-Frey. Auch ein Wechsel der Krankenkasse bringe vermutlich nichts. Zwar werden keine Unterlagen zwischen den Kassen weitergereicht, die neue Kasse lässt den Fall jedoch vermutlich erneut durch den Medizinischen Dienst prüfen – und dort liegt bereits das bestehende Gutachten.
Die Rechtsexpertin empfiehlt deshalb, es möglichst nicht so weit kommen zu lassen, dass ein Fall sich dermaßen festfahre.
Kostenübernahme durch Krankenkasse: Wie vorgehen?
Wer eine Behandlung benötigt, von der noch nicht ganz klar ist, ob die Krankenkasse sie zahlt, sollte zunächst in der Satzung nachschauen, ob sie da aufgeführt ist. Die Satzungsleistungen unterscheiden sich teils stark bei den verschiedenen Krankenkassen – eventuell lohnt sich zu diesem Zeitpunkt der Wechsel zu einer anderen Krankenkasse, die die jeweilige Leistung eher bereit ist, zu übernehmen.
Wenn dann der Antrag auf Kostenübernahme gestellt wird, sollte gut begründet werden, dass die Behandlung medizinisch notwendig ist. Auch hier schon deutlich zu machen, dass die Kasse längerfristig Kosten spart, wenn sie die Behandlung übernimmt – da Folgekosten einer schlechteren Gesundheit aufgrund der unterlassenen Behandlung wegfallen – ist sinnvoll. Möglicherweise schon hier, spätestens aber, wenn eine Ablehnung durch die Kasse erfolgt und man Widerspruch einlegt, sollte man sich Hilfe holen: zum Beispiel bei Sozialverbänden wie beispielsweise VdK oder SoVD, der Unabhängigen Patientenberatung oder auch den Verbraucherzentralen.
Zusatzbeiträge: Wann lohnt sich ein Wechsel der Krankenkasse?
Auch die steigenden Kosten können einen Krankenkassen-Wechseln sinnvoll erscheinen lassen. In der gesetzlichen Krankenversicherung sollen die Zusatzbeiträge 2025 um durchschnittlich 0,8 Prozentpunkte steigen. Eine so große Erhöhung gab es noch nie! Und die macht sich im Geldbeutel deutlich bemerkbar: Bei einer Angestellten, die monatlich 4.000 Euro brutto verdient, würde der Arbeitnehmeranteil im Jahr um 200 Euro steigen.
Über die Zusatzbeiträge können die Krankenkassen frei entscheiden – er fällt daher von Kasse zu Kasse unterschiedlich aus. Wer über einen Wechsel nachdenkt, sollte jedoch nicht nur auf die Höhe der Beiträge schauen, sondern auch die Zusatzleistungen (Satzungsleistungen) vergleichen, da es hier große Unterschiede gibt. Der Gesamtverband der Krankenkassen bietet hier eine Übersicht über alle gesetzlichen Kassen, inklusive der Höhe des jeweiligen Zusatzbeitrags.
Lesen Sie hier, für wen ein Wechsel zu einer anderen Krankenkasse sinnvoll sein kann:
Höhere Beiträge bei Krankenversicherung 2025 Gesetzliche Krankenkasse - wann sich ein Wechsel lohnt
Die Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung steigen 2025 deutlich. Viele Versicherte erwägen einen Wechsel der Krankenkasse. Das lohnt sich aber nur in bestimmten Fällen.
Informationen rund um die neue elektronische Patientenakte (ePA) können Sie hier nachlesen:
Digitale Gesundheitsvorsorge Das müssen Sie über die elektronische Patientenakte wissen
Ab dem 15. Januar wird die elektronische Patientenakte eingeführt. Sie soll die Behandlung im Krankheits- oder Notfall entscheidend verbessern.
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