Fermentieren ist eine wiederentdeckte Art des Konservierens mit vielen Vorteilen: es ist gesund, einfach und nachhaltig, klappt ohne Hitze und schafft wahre Aromawunder.
Inhalt:
1. Fermentiertes hemmt Entzündungen und hilft beim Denken
2. Kimchi - das trendige Kraut aus Korea
3. Einfaches Fermentieren in Salzlake
4. Grundtechnik des Fermentierens
Fermentierte Lebensmittel gibt es viele in unserem Alltag, auch wenn uns das meist nicht bewusst ist. Denn neben dem Klassiker Sauerkraut, haben auch die Teeblätter des schwarzen Tees eine Fermentation durchlaufen, ebenso die Vanilleschote, unser Käse, Essig oder Wein. Hefen und Bakterien vergären seit Jahrhunderten Lebensmittel überall auf der Welt, machen sie haltbar und geschmacksintensiv.
Darum sollte jeder Gemüse und Früchte fermentieren
Fermentieren ist einfach und deshalb ideal für den Hausgebrauch. Gemüse und Früchte lassen sich damit ohne aufwändiges Kochen haltbar machen. Bevor der zu viel gekaufte Chinakohl im Kühlschrank verdirbt, kommt er doch lieber in Salzlake und wird noch zu einem geschmacklichen Highlight. Denn nachdem Milchsäurebakterien ihre Arbeit getan haben, schmeckt das Kraut aromatischer und ist auch noch äußerst gesund. Natürlich ist auch das altbekannte Sauerkraut eine gute Möglichkeit, Kohl zu verarbeiten.
Fermentiertes hemmt Entzündungen und hilft beim Denken
Weil wir die Fermentier-Bakterien mitessen, können sie in unserem Darm ganze Arbeit leisten. Sie hindern dort krankheitsfördernde Bakterien daran, sich auszubreiten. Die bakterielle Vielfalt im Darm steigt deutlich an, wenn täglich Fermentiertes genossen wird. Das konnten kürzlich amerikanische Wissenschaftler zeigen. Ihre Studienprobanden aßen täglich Kefir, Joghurt und fermentiertes Gemüse. Dadurch sank die Zahl der Entzündungsbotenstoffe deutlich und zwar ausgerechnet die, die besonders bei chronischen Erkrankungen hoch sind, wie etwa Rheuma, Alzheimer und Arteriosklerose. Fermentiertes könnte hier also schützend wirken. Ebenso wird diskutiert, dass entzündliche Vorgänge im Körper beim Auftreten von Depressionen mitbeteiligt sein können.
Darüber hinaus kann Fermentiertes uns möglicherweise fit und jung halten. Denn in vergorenem Gemüse steigt etwa der Gehalt an Vitamin C. Und auch Spermidin ist reichlich enthalten. Ein Stoff mit einem blöden Namen (weil er zuerst in Samenflüssigkeit nachgewiesen worden ist) und einem Schutzpotential im Hinblick auf altersbedingte Krankheiten wie Demenz. Denn Wiener Wissenschaftler wiesen nach, dass mit Spermidin angereicherte Lebensmittel die Denkleistung von dementen Senioren verbessern konnten. Gut gegärt schmeckt also nicht nur, sondern ist auch außerordentlich gesund.
Kimchi - das trendige Kraut aus Korea
Kimchi gibt es in unzähligen verschiedenen Variationen mit allen möglichen Gemüsen. Das bekannteste ist wohl das Baechu-Kimchi, das Chinakohl-Kimchi. Es wird mit Rettich zubereitet, originalgetreu auch mit Reismehl. Dazu wird der Kohl nur geviertelt, nicht klein geraspelt. Zwischen die Kohlblätter kommt eine scharfe Gewürzpaste mit Chilis. Es gibt noch etliche weitere Original-Vorgaben. Aber an die muss man sich ja nicht unbedingt halten. Scharf sind allerdings alle Variationen.
Wer Sauerkrautliebhaber ist und den Kohl kleiner mag, schneidet ihn einfach in zwei bis drei Zentimeter große Stücke. Die müssen nur ein paar Stunden in Salzlake eingelegt werden, bevor die Würzpaste dazukommt. Die Würzpaste kann aus grob gehobeltem Gemüse bestehen oder aus extrem fein geraspeltem, je nach Vorliebe.
Wichtig ist lediglich, dass das Kimchi in saubere Drahtbügelgläser kommt und dass es dort insgesamt mindestens drei Wochen Zeit zum Fermentieren kriegt. Ungeduldige öffnen das Glas schon nach einer Woche und probieren. Schmeckt auch, geht aber vollmundiger. Ist das Glas einmal geöffnet, sollte es im Kühlschrank aufbewahrt werden. Solange das Glas gut verschlossen bleibt, kann es auch länger aufbewahrt werden; sogar jahrelang.
Kimchi kann pur gegessen werden, eignet sich als warme oder kalte Beilage, und es kann auch im Mixer mit Öl zerkleinert werden, um es als Würzpaste zu Frühlingsrollen etwa zu nutzen.
Wer Fermentiertes nicht gewohnt ist, sollte nur kleinere Mengen genießen, um einen „durchschlagenden Erfolg“ zu vermeiden. Wer sich nicht zurückhalten kann, erhitzt das Kimchi. Das tötet die Fermentierbakterien ab und das Kraut wird besser vertragen.
Scharfes Kraut mit einer fruchtigen Note Baechu-Kimchi: in pikanter Marinade fermentierter Chinakohl
Kimchi gibt es in vielen köstlichen Varianten und mit vielen verschiedenen Zutaten. Wir kombinieren den klassischen Chinakohl und Rettich mit Sesam und Äpfeln.
Einfaches Fermentieren in Salzlake
Für Fermentier-Einsteiger ist das sogenannte wilde Fermentieren perfekt. Denn dazu braucht es neben Salz und Einmachgläsern nicht viel. Schließlich sitzen die nötigen Mikroben schon direkt auf dem Gemüse, werden also gratis mitgeliefert.
Beim Einkochen werden sämtliche Bakterien und Hefen abgetötet, damit das Gemüse nicht verdirbt und krankmachende Keime uns nicht schaden können. Etliche Vitamine und andere hitzeempfindliche Stoffe gehen dabei ebenfalls drauf.
Heidelbeeren und Co. schonend verarbeiten Rezept: Beeren fermentieren
Nicht nur Gemüse, auch Beeren können fermentiert werden. Auf diese Weise lassen sie sich konservieren sowie weiterverarbeiten und trotzdem bleiben Nähr- und Wirkstoffe erhalten.
Fermentieren erhält diese Nährstoffe nicht nur, die Mikroben produzieren sogar noch weitere, wie etwa das Vitamin C. Das zeigt schon, nicht alle Bakterien und Hefen, die sich natürlicherweise auf unserem Grünzeug tummeln, sind schlecht. Im Gegenteil, sie helfen uns, machen Kohl und Co sogar bekömmlicher, weil sie das Gemüse quasi etwas vorverdauen.
Außerdem enthalten fermentierte Lebensmittel weniger Zucker, weil der abgebaut wird. Die Bakterien produzieren außerdem zusätzliche Proteine bzw. Aminosäuren, wie etwa in Kichererbsen und Sojabohnen, sowie mehr B-Vitamine und Vitamin K in Obst und Gemüse. Und nicht nur das. Die Mikroben verhelfen dem Fermentiergut zu einem komplexeren Geschmack, einem vollmundigeren Aroma.
Übrigens: Die schlechten Bakterien mögen das saure Milieu beim Fermentieren nicht und werden abgetötet. Die für unseren Darm guten Mikroben dagegen werden gefördert und vermehren sich in der Salzlake.
Grundtechnik des Fermentierens
Nur sehr saubere Einmachgläser befüllen! Die Gläser werden nach dem Säubern am besten nochmal mit kochendem Wasser ausgespült. Schließlich sollen sich die richtigen Mikroben vermehren und das Eingelegte nicht gammeln. Alles andere an Werkzeug muss nicht extra behandelt werden. Das Gemüse braucht ebenfalls nicht sauber geschrubbt werden. Schließlich brauchen wir die Mikroben an deren Oberfläche.
Klassische Drahtbügelgläser nehmen! Sie sind ideal zum Fermentieren. Denn sie schließen fest und trotzdem kann durch den Gummiring Luft entweichen, wenn durchs Fermentieren der Druck im Glas zu hoch wird. Schraubgläser sind in dieser Hinsicht nicht ganz so optimal. Denn wenn sie zu fest zugedreht sind, könnten sie tatsächlich bersten. Aber eigentlich beult sich erst der Deckel nach oben und das lockert auch direkt den Verschluss etwas, so dass Luft entweichen kann. Damit alles gut klappt, den Schraubdeckel von Fermentiergläsern nicht zu fest aufdrehen.
Kräuter und Gewürze kommen auf den Glasboden! Sie bringen zusätzlich geschmacklichen Pepp ins Glas und werden am besten vor dem Gemüse eingefüllt. Dann hält das Gemüse die Kleinteile gut unten, und sie schwimmen beim Zufüllen der Salzlake nicht an die Oberfläche.
Gemüseteile möglichst eng stecken! Karotten, Gurken oder Kraut werden möglichst kuschelig ins Einmachglas gesteckt, damit sie nicht hochsteigen, wenn Salzlake dazukommt.
Bioware nutzen! Auf ökologisch angebautem Obst und Gemüse sowie Kräutern tummeln sich mehr der zum Fermentieren nötigen Mikroben.
Salzlake zum Auffüllen! Nachdem Gemüse und Gewürze im Glas sind, wird die Salzlake aufgefüllt. 20 Gramm Salz auf ein Liter Wasser reichen bei festem Gemüse. Je weicher das Gemüse, desto mehr Salz ist nötig. Tomaten brauchen etwa 50 Gramm Salz pro Liter Wasser. Denn das Salz löst die Kohlenhydrate fürs Fermentieren aus den Zellen. Und das sollte bei weichem Grünzeug zügig gehen.
Salzlake muss einen Zentimeter höher stehen als das Gemüse im Glas! Das Grünzeug soll nicht mehr mit Luft in Berührung kommen. Deshalb nennt sich diese Art des Fermentierens auch anaerobes Fermentieren, also fermentieren unter Luftausschluss. (Wobei das streng genommen nicht ganz stimmt, denn es ist ja noch Luft im Glas.)
Bei Bedarf Glasgewichte einsetzen! Ein Glasgewicht auf Gemüse oder Kleingeschnippeltem sorgt dafür, dass es sicher in der Salzlake bleibt.
Mindestens zwei Wochen Geduld bitte! Durchschnittlich braucht das Fermentiergut etwa zwei bis drei Wochen bis sich Geschmack und Konsistenz verändert haben. Zuerst ein paar Tage bei Zimmertemperatur, danach etwas kühler. In gut verschlossenen Drahtbügelgläsern kann das Fermentiergut sogar jahrelang aufbewahrt werden. Dafür muss der Fermentierprozess aber unterbrochen bzw. stark verlangsamt werden, indem das Glas kühl gestellt wird.
Gläser nicht zwischendurch öffnen! Beim Gären entsteht Kohlendioxid. Das bleibt direkt über der Salzlake im Glas und bildet eine Schutzatmosphäre fürs Gemüse.
Trotzdem kann natürlich auch mal etwas schief gehen. Wenn es im Glas schimmelt oder widerlich riecht, bitte wegschütten. Damit nicht gleich alles hinüber ist, empfiehlt es sich, das vorbereitete Fermentiergut nicht in ein einziges großes Glas zu füllen, sondern in mehrere Kleine.
Tipp: Nachdem ein Ferment gelungen ist, lässt sich ein Esslöffel dieser Fermentlake quasi als Starthilfe für den nächsten neuen Ansatz nutzen. Einfach dazugeben. Dann kann sich wieder das gleiche bewährte Mikrobenspektrum entwickeln.
Bücher zum Thema Fermentieren gibt es inzwischen jede Menge. Hier nur zwei Tipps: "Sauerkraut: Die Biokost für Gesundheit und Vitalität" von Hans-Peter Bleuel oder - noch umfassender - "Magic Fermentation - Entdecke deine Liebe zu allem, was blubbert" von Marcel Kruse und Geru Pulsinger.
Wasserkefir kommt bald: Wasserkefir ist ebenfalls eine interessante Möglichkeit der Fermentation. Viele geschmackliche Varianten lassen sich einfach herstellen. Wie genau, das erfahrt ihr hier nächsten Dienstag. Meine Ansätze blubbern bereits vielversprechend.
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