Schmalspurbahnen haben vor über 120 Jahren auch in Frankreich in abgelegenen Gegenden für wirtschaftlichen Aufschwung gesorgt. So entstand ein über 200 km langes Bahnnetz zwischen Tournon, Le Cheylard, Le Puy und Dunières. Kurz nach der Stilllegung 1968 nahmen zwei Vereine den Museumsbetrieb wieder auf. Seit 1970 verkehrt zwischen Raucoules und Saint Agrève der Velay-Express.
Wobei "Express" ein wenig übertrieben klingt. Zuckelt doch der Dampfzug mit rund 30 km/h über die 1000 mm breiten Gleise. Die Männer und Frauen vom Verein "Voies Ferrées Du Velay" kümmern sich um Erhalt und Betrieb der Fahrzeuge und der Strecke. Und es gibt hier sogar eine ganze Familie, die sich über drei Generationen dem "Leben auf der Schiene" verschrieben hat – zumindest in der Freizeit.
Neben einer Mallet-Dampflok und liebevoll restaurierten Holzwagen kommen auch Dieseltriebwagen zum Einsatz. Diese sind vom Hersteller Billard aus den 1930er Jahren. Uriges Design und knatternde Motoren sind Garantie für ein besonderes Fahrerlebnis. An den Endbahnhöfen gibt es Drehscheiben, so dass die Dampflok immer mit der Rauchkammer voraus auf die Strecke geht. Überhaupt sind alle Bahnhöfe und Nebenanlagen, wie Wassertürme und Lokschuppen, noch original erhalten. In den 1950er und 60er Jahren wurde angesichts der drohenden Stilllegung kein Geld mehr ausgegeben. Also wurde nicht modernisiert, aber auch nichts abgerissen. Ein Glücksfall für die Museumsbahn.
Entlang der Strecke gibt es viel zu erleben. Immer gibt es irgendwo einen Wochenmarkt mit kulinarischen Spezialitäten und Handwerkskunst aus der Region. Wanderfreunde kommen auf ihre Kosten und wer sich über traditionelle Rinderzucht informieren möchte fragt einfach einen der vielen Landwirte. Manchmal etwas abseits, aber immer einen Ausflug wert, sind kleine Restaurants auf dem Land. Eines davon ist zugleich auch Bücherstube und Weinhandlung.
Le Chambon-sur-Lignon, ein kleines Städtchen an der Strecke mit typischen Häusern aus grauem Gestein, ist weltweit bekannt. Zur Zeit der deutschen Besetzung in den 1940er Jahren fanden hier, und in den umliegenden Dörfern, Tausende jüdische Kinder und Familien Zuflucht und Hilfe. Organisiert von evangelischen Pfarrern entstand eine Gemeinschaft der Helfenden. Die meisten Flüchtenden kamen mit dem Zug, erhielten am Bahnhof zu essen und zu trinken und es wurden für sie Verstecke organisiert.
Die Museumszüge fahren zwischen Ende April und Ende Oktober an den Wochenenden, in den Ferien auch mittwochs. Sonderfahrten, zum Beispiel in der Adventszeit, gibt es auch.
(ESD 29.03.2019)