Gegen preisgünstige Nachahmer der bequemen Sandalen mit Fußbett geht Birkenstock den Klageweg. Bekommt Birkenstock bald ein Monopol auf seine Schlappen mit Hilfe des Urheberrechts?
Im Sommer sieht man sie überall an den Füßen der Passanten: Birkenstock Sandalen - aber auch ihre deutlich günstigeren Konkurrenzprodukte von anderen Marken.
Viele tragen die Schlappen mit Einheitsfußbett aber auch gerne zuhause als Hausschuhe. Müssen die Kopien und Nachahmer bald vom Markt verschwinden?
Von der Ökolatsche zum stylischen Trend Birkenstock: Wie gut sind die Sandalen wirklich?
Marktcheck checkt Schuhe von Birkenstock auf Qualität, Preis und Image: Ist der Hype gerechtfertigt? Wie bequem und gesund sind die Latschen wirklich? Lohnen sich Birkenstocks?
Neues Image als Mode-Statement und Luxusartikel
Birkenstock Schuhe sind seit wenigen Jahren immer exklusiver geworden – statt Öko-Latsche haben sie sich immer mehr zum Modestatement und Luxusprodukt entwickelt. Birkenstock hat die Preise seiner Sandalen deutlich angehoben – das zeigt ein Preis-Check gemeinsam mit dem Preisvergleichsportal idealo: Einige Modelle von Birkenstock kosten inzwischen weit über 100 Euro.
Das ist einigen Verbrauchern inzwischen zu teuer. Zu diesem Preis wollen sie die Schuhe der früheren Traditionsmarke aus Rheinland-Pfalz nicht mehr kaufen, auch wenn sie viele Jahre Stammkunden waren. Sie schauen sich um nach Alternativen und werden fündig.
Alternative bequeme Fußbett-Schuhe statt Birkenstock
Denn es geht auch günstiger: Die Konkurrenten von Birkenstock verkaufen zum Verwechseln ähnliche Modelle, teilweise für einen Bruchteil des Preises. Die Auswahl an Alternativen ist groß - von der hochwertigen Variante Made in Germany bis zur Billigware aus China. Die optischen Unterschiede zum Original sind oft gering.
Birkenstock betrachtet solche Sandalen der Konkurrenz als billigere Nachahmer ihrer eigenen Modelle und damit als Gefahr für den Geschäftserfolg. Deshalb versucht das Unternehmen mittlerweile alles, um die Konkurrenz auszuschalten.
Juristische Strategie, um die Konkurrenz ausschalten
Mit einstweiligen Verfügungen und Klagen will Birkenstock verhindern, dass auch andere Unternehmen ähnliche Modelle vertreiben. Dafür geht das Unternehmen bis vor die höchsten Gerichte.
Rechtsanwalt Philipe Kutschke vertritt einige Konkurrenten von Birkenstock. So viel Druck von einem Unternehmen hat er selten erlebt. Der Fachanwalt für gewerblichen Rechtschutz weiß: „Birkenstock ist insgesamt sehr aktiv nach meinem Eindruck, und zwar nicht nur, was die Durchsetzung ihrer Schutzrechte angeht, sondern auch, was die Erlangung von Schutzrechten angeht - sei es die Anmeldung von Marken oder von Designs. Da ist Birkenstock sehr umtriebig.“
Urheberrecht für Birkenstock Sandalen: Sind sie Kunst?
Gegen zwei seiner Mandanten geht Birkenstock einen besonderen Weg für einen Alltagsgegenstand wie eine Sandale. Birkenstock beruft sich auf das Urheberrecht und argumentiert: Unsere Schlappen sind Kunst.
Philipe Kutschke, Anwalt für gewerblichen Rechtschutz: „In diesem Verfahren behauptet Birkenstock, dass sie Urheberrechte an diesen Sandalen-Modellen haben. Und diese sollen verletzt sein, weil die angegriffenen Produkte so ähnlich ausschauen. Grundsätzlich sieht es das Gesetz vor, dass auch Gebrauchsgegenstände urheberrechtlich geschützt sein könnten – als Werke der angewandten Kunst. Bei Schuhen ist es aber eher ungewöhnlich. Soweit mir bekannt, gibt es in Deutschland noch keinen Fall, wo urheberrechtlicher Schutz für Schuhe angenommen wurde.“
Die Geschichte der Birkenstock Modelle
Um diese Modelle geht es Birkenstock unter anderem:
- 1963 kommt die erste Birkenstock-Sandale wie wir sie heute kennen auf den Markt: Modell Madrid, bis heute unverändert.
- Es folgen weitere Klassiker: 1973 das Modell Arizona mit zwei Riemen,
- 1979 der Pantoffel Boston Clog und
- 1983 der Zehentrenner Gizeh.
Diese Ur-Modelle der heutigen Trend-Schlappen stehen im Fokus. Erfinder Karl Birkenstock soll sie eigenständig im stillen Kämmerlein designt und entwickelt haben.
Voraussetzungen für Schutz nach dem Urheberrecht
Doch um das Urheberrecht zu erlangen, muss Birkenstock einige Belege vorweisen. Zum Beispiel, erklärt Rechtsanwalt Philipe Kutschke: „Sie müssen beweisen, dass es sich bei diesen Sandalen-Gestaltungen um geistige Schöpfungen von Karl Birkenstock handelt - sprich auch aufzeigen, was gab es vorher? Und was ist das Besondere an diesen Sandalen-Gestaltungen.”
Die Verfahren gegen die Mandanten von Philipe Kutschke ruhen derzeit, da auf eine Entscheidung des Bundesgerichtshofes (BGH) im Prozess gegen weitere Konkurrenten gewartet wird, die Birkenstock ebenfalls verklagt hat. Denn bisher sind sich die Gerichte uneinig.
Was vor dem Bundesgerichtshof anhängig ist
Professor Karl-Nikolaus Peifer, Institut für Gewerblichen Rechtsschutz und Urheberrecht an der Universität Köln, hat als Richter selbst einem der Birkenstock-Prozesse beigewohnt. Was muss der Bundesgerichtshof (BGH) entscheiden?
Professor Karl-Nikolaus Peifer führt aus: „Das Kölner Gericht hat den Urheberrechtsschutz abgelehnt, das Hamburger hat es für möglich gehalten. In solchen Konfliktfällen entscheidet dann der Bundesgerichtshof, der Rechtseinheit herstellen soll. Er wird sich die beiden Entscheidungen ansehen und wird eine Linie darüber treffen, welche er überzeugender findet. Dann wäre eigentlich der Prozess für Deutschland entschieden.“
Wenn Birkenstock gewinnen sollte: „Monopol“ für die Sandale
Sollte Birkenstock gewinnen - also das Urheberrecht für die besagten Modelle erhalten - wären die Konsequenzen weitreichend. Professor Karl-Nikolaus Peifer erklärt, Birkenstock hätte dann „einen exklusiven Schutz, der sehr intensiv und sehr langlebig ist“. Vorausgesetzt der Beweis gelinge, dass Karl Birkenstock diesen Schuh gestaltet hat.
Da Birkenstock noch lebt, würde die Birkenstock Sandale zu seinen Lebzeiten geschützt sein und 70 Jahre danach. „Also ein extrem langdauerndes – man könnte sagen – Monopol an einem konkreten Schuh. Derjenige, der das Urheberrecht hat, kann die Produktion, die Verbreitung, den Vertrieb untersagen“, so Professor Peifer.
Das würde bedeuten: Im Handel dürften nur noch die teuren Original-Birkenstocks verkauft werden. Alle günstigeren Nachahmer müssten vom Markt verschwinden.
Umfangreiche Folgen für weitere Gebrauchsartikel mit Design
Sollte Birkenstock den Prozess gewinnen, könnte das zudem weitreichende Folgen für viele andere Produkte haben. Professor Karl-Nikolaus Peifer erklärt, daraufhin wären „alle Gebrauchsartikel, die man designen kann, die man gestalten kann, potentiell geschützt - von der Mineralwasserflasche bis hin zu Modeartikeln. Aber auch sonstige Gebrauchsgegenstände, Stifte, alle Gebrauchsgegenstände, bei denen man ein Design auflegen kann, wären dann potentiell auch Kunst.“
Eine Entscheidung des BGH sollte laut dem Rechtsexperten bis 2025 fallen - und die Frage beantworten: Sind Sandalen Kunst?
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