Oft kommen sich Auto- und Radfahrer zu nah. Welche Strafen drohen in so einem Fall? Und wie teuer wird es, wenn der Autofahrer auf dem Fahrradweg parkt?
Mehr Sicherheit für Radfahrer durch Mindestüberholabstand, neue Rechtsabbieger-Regeln, aber auch mithilfe höherer Bußgelder: Durch eine Novelle der Straßenverkehrsordnung soll das Radfahren seit April 2020 sicherer sein. Der Marktcheck-Rechtsexperte Karl-Dieter Möller erklärt, was Sache ist.
Was Autofahrende gegenüber Radfahrenden wissen müssen
- Mindestüberholabstand: Autofahrer müssen einen festgeschriebenen Mindestüberholabstand von 1,5 Metern innerorts und 2 Metern außerorts beim Überholen von Radfahrern einhalten. Bisher war im Gesetz nur die Rede von ausreichendem Sicherheitsabstand.
- Höhere Bußgelder für Parkverstöße: Für das Parken auf Geh- und Radwegen sowie für das Halten in zweiter Reihe gelten höhere Bußgelder. Die früheren Bußgelder von 15 bis 30 Euro wurden erhöht auf 55 und bis zu 100 Euro. Bei Parkverstößen in Kombination mit einer Gefährdung gibt es zusätzlich auch einen Punkt in Flensburg.
- Bußgelder für gefährdendes Abbiegen und das sogenannte Dooring: Werden Radfahrer durch abbiegende Pkws gefährdet, wird ein Bußgeld von 140 Euro statt wie bisher 70 Euro fällig. Zusätzlich gibt es einen Monat Fahrverbot. Bei einer Gefährdung eines Radfahrers durch plötzlich aufgerissene Autotüren (Dooring) drohen 40 statt 20 Euro.
- Das Halten auf Radschutzstreifen ist verboten! Das bisher erlaubte Halten von bis zu drei Minuten entfällt.
- Ausgeweitetes Parkverbot: Vor Kreuzungen und Einmündungsbereichen wurde neben Radwegen das Parkverbot auf acht Meter ausgeweitet.
- Schrittgeschwindigkeit für rechtsabbiegende Lkw: Um Abbiegeunfälle zu vermeiden, dürfen Kraftfahrzeuge über 3,5 Tonnen nur noch mit Schrittgeschwindigkeit (7 bis 11 km/h) rechts abbiegen, schneller nur dann, „wenn nicht mit Radverkehr zu rechnen ist“, so die ergänzende Einschränkung. Schritttempo gibt dem Lkw-Fahrer mehr Zeit, die Abbiegesituation zu überblicken. Das Bußgeld für die Missachtung beträgt 70 Euro, dazu kommt ein Punkt in Flensburg.
Wichtige Änderungen für Radfahrende
- Das Nebeneinanderfahren von Radfahrenden ist öfter erlaubt: Sofern anderer Verkehr nicht behindert wird, darf man auf dem Rad zu zweit nebeneinander fahren.
- Grünpfeil nach rechts nur für den Radverkehr: Ein spezielles Verkehrszeichen erlaubt das Rechtsabbiegen bei roter Ampel nur für Radfahrende, nach vorherigem Anhalten. Der Grünpfeil für den Kfz-Verkehr gilt nun auch für Radfahrende.
- Fahrradzonen: Mit diesem Verkehrszeichen können größere zusammenhängende Bereiche nach den Regeln für Fahrradstraßen eingerichtet werden.
- Personenbeförderung: Auch Menschen jenseits des Kindesalters dürfen auf Fahrrädern mitgenommen werden, die zur Personenbeförderung gebaut und eingerichtet sind.
- Beschilderung von Fahrradstraßen in Tempo-30-Zonen: Wenn eine Fahrradstraße durch eine Tempo-30-Zone verläuft, kommt die Straßenverkehrsbehörde an den Querungsstellen der Fahrradstraße jetzt mit weniger Verkehrszeichen aus.
- Besser sichtbare Markierungen: Eine weiße Fahrstreifenbegrenzung links und rechts macht Radwege außerorts besser erkennbar.
- Bußgelderhöhung für das Radfahren auf Gehwegen: Zum Schutz von Fußgängern wurden die Bußgelder für das Fahren auf Gehwegen auf das Kfz-Niveau angehoben und stiegen so von 10 bis 25 Euro auf 55 bis 100 Euro.
- Neue Verkehrszeichen für den Radverkehr: Verkehrszeichen für Fahrradzone, Radschnellweg, Überholverbot von Radfahrenden, Zusatzzeichen Lastenrad (zum Beispiel für Parkflächen), „Haifischzähne“ zur Markierung der Vorfahrt von Radwegen.
Sicherheitsempfinden der Radfahrer wird gestärkt
Riskante Überholmanöver mit knapp vorbeifahrenden Autos, Rücksichtslosigkeit und das beklemmende Gefühl der Gefahr, dass damit einhergeht, kennen viele Radfahrer. Für den Verkehrsreferent im Baden-Württembergischen Innenministerium Timon Kuntz bringen die neuen Verordnungen vor allem Handlungssicherheit, da die Abstände beim Überholen jetzt festgeschrieben sind, also nicht mehr aus der Rechtsprechung abgeleitet werden müssen.
Für Thomas Fläschner vom Allgemeinen Deutschen Fahrradclub (ADFC) sind die Neuregelungen ein guter erster Schritt, er betont aber auch die Wichtigkeit von Kontrollen. „Es müssen technische Messgeräte entwickelt und installiert werden, damit dass auch gerichtsfest kontrolliert werden kann. Und diese Kontrollen müssen dann auch erfolgen.“
Laut Timon Kuntz geschehe das bereits, indem je nach örtlicher Lage die Ordnungshüter die Straße ausmessen. Daraus ergebe sich vielerorts ein faktisches Überholverbot. Wenn beispielsweise auf der Straße noch eine Reihe Autos parke, sei schlichtweg kein Platz mehr, um diese Abstände einzuhalten. Wer trotzdem überholt, müsse damit rechnen, auch angezeigt zu werden. Es gelte der Grundsatz, dass man im Zweifelsfall nicht überholen kann. Insbesondere bei Verkehrssituationen mit Gegenverkehr müsse man sich im Zweifelsfall gedulden und dahinter bleiben.
Wer unsicher sei, wie man sich den Abstand vorstellen muss, für den hat er einen Tipp: „Das einfachste ist, sich nochmal zwei Fahrräder daneben vorzustellen.“
Auch die Radfahrenden sind gefordert
Für Thomas Fläschner vom ADFC ist es auch an den Radfahrern, sich an die Regeln zu halten. „Die Radfahrer sollten sich selbst gut an die StVO halten, sie sollten immer sichtbar sein, sie sollten immer mit den Fehlern der Anderen rechnen und sich aber auch offensiv im Straßenverkehr verhalten, damit sie wahrgenommen werden.“
Wer dann noch bei seinem Fahrrad auf die Verkehrssicherheit achtet, im Dunkeln mit Licht fährt, helle Kleidung oder sogar eine Warnweste und einen Helm trägt, leistet einen guten Beitrag für die eigene Sicherheit.
Leidiges Thema: Helmpflicht
Ob den Radfahrer bei einem Unfall ein Mitverschulden trifft, wenn er keinen Helm trägt, ist unter Juristen umstritten. Der Bundesgerichtshof (BGH) hat aber 2014 eine eindeutige Entscheidung gefällt: Solange es keine gesetzliche Helmpflicht gibt, kann einem Radfahrer auch kein Mitverschulden angelastet werden (BGH-Urteil vom 17.06.2014, Az. VI ZR 281/13). Es widerspricht dem allgemeinen Gerechtigkeitsempfinden, einem Radfahrer, der sich vollkommen rechtstreu verhält, bei einem Unfall ein Mitverschulden aufzubürden, nur weil er keinen Helm getragen hat.
Wichtig für die Helmpflicht beim E-Bike: Wer mit dem E-Bike unterwegs ist, braucht einen Helm, wenn er ein Versicherungskennzeichen hat. Einfache Pedelecs gelten als Fahrräder, hier besteht keine Helmpflicht.
Wo darf ich mit dem E-Scooter fahren?
E-Scooter sind auf Radwegen, Radfahrstreifen und Fahrradstraßen erlaubt. Nur wenn diese fehlen, darf auf die Fahrbahn ausgewichen werden. Gehwege und Fußgängerzonen sind für Elektroroller tabu. Ist eine Einbahnstraße für Radfahrer entgegen der Fahrtrichtung freigegeben, gilt dies auch für E-Scooter.
Wer E-Scooter im Ausland benutzt, muss dort mit vielen anderen Regeln rechnen und sollte sich vorher informieren.
Wer haftet bei Unfällen durch herumliegende E-Scooter?
Dazu gibt es noch keine Gerichtsentscheidung. Wenn nicht festgestellt werden kann, wer das Hindernis geschaffen hat, gilt: Städte und Gemeinden sind für die Betriebserlaubnis zuständig. Sie haben außerdem die Verkehrssicherungspflicht für Rad- und Gehwege. Aber auch bei Straßenschäden, Hindernisse durch Wurzeln oder Bäume, haften die Gemeinden nur selten. Meist heißt es, dass die Nutzer ihre Fahrweise den örtlichen Verhältnissen anpassen und aufpassen müssen.
Bei künstlichen Hindernissen stehen die Chancen besser, eine Haftung der Gemeinde zu erreichen. Manche Gemeinden haben den Verleihern Aufräumpflichten auferlegt, zum Beispiel, innerhalb von einem bestimmten Zeitraum herumliegende E-Scooter zu entfernen. So lange es keine speziellen Regelungen gibt, bleibt nur, vorsichtig zu fahren.
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