Manche Kunden freuen sich beim Einkaufen auf das Piepsen der Selbstbedienungskasse, andere stehen lieber an der Kasse mit Personal an. Wie lange haben wir überhaupt noch die Wahl?
Der SWR hat bei Handelsunternehmen nachgefragt, ab wann kein Mensch mehr am Ausgang des Ladens an einer Kasse sitzen wird und wie die Selbstbedienungskassen inzwischen bei Kundinnen und Kunden ankommen.
Noch nutzen fast alle Märkte Selbstbedienungskassen parallel zu den Kassen mit Personal. Teilweise werden Selbst-Scan-Systeme getestet, bei denen Kunden während des Einkaufs ihre Waren zusätzlich in einen digitalen Korb packen. Es gibt aber bereits auch Konzepte für sogenannte autonome Stores ohne Personal an der Kasse.
1) Lidl will durch Self-Checkout kein Personal sparen
2) dm testet Abholstationen vor den Drogeriemärkten
3) Hornbach erweitert Self-Checkout in Schweden
4) Ikea stellt keine erhöhte Diebststahl-Gefahr fest
5) Bei Kaufland kann mit Bargeld auch an SB-Kassen bezahlt werden
6) EHI-Institut kennt Konzepte ohne Personal an der Kasse
Lidl: Kunden in der Stadt sind anders als auf dem Land
Lidl testet aktuell in einigen Filialen unterschiedliche Checkout-Systeme, wie etwa Selbstbedienungskassen. Dabei würde immer genau beachtet, in welchem Umfeld sich der Standort der Filiale befindet.
In der Stadt seien die Anforderungen der Kunden unterschiedlich zu den Anforderungen der Kunden auf dem Land, so Lidl-Sprecherin Michelle Mueller. "Grundsätzlich werden Selbstbedienungskassen herkömmliche Kassen nicht ersetzen. Vielmehr bieten wir unseren Kunden einen zusätzlichen Service. Wir überlassen unseren Kunden die Wahl, welches Kassensystem sie nutzen möchten", hieß es in derAntwort von Lidl.
Neue Self-Checkout-Systeme sparen kein Personal ein
Lidl will durch die neuen Systeme kein Personal einsparen. Die Filialbesetzung würde sich auch durch SB-Kassen nicht ändern, betont der Konzern. Die Möglichkeit sei nur ein zusätzlicher Service, der dabei helfen solle, Wartezeiten zu verkürzen. Im Vordergrund stehe der bequeme und schnelle Einkauf.
dm: In jedem sechsten Markt bereits eine SB-Kasse - rege Nachfrage
Bei Deutschlands größter Drogeriemarktkette dm gibt es seit Mai 2022 Selbstbedienungskassen, die würden von Kunden gut angenommen. Man verzeichne eine rege Nachfrage, so Sebastian Bayer, dm-Geschäftsführer für die Bereiche Marketing und Beschaffung.
In mehr als 350 von den insgesamt über 2.100 dm-Märkten deutschlandweit stehen Selbstbedienungskassen, weitere sollen dieses Jahr an anderen Standorten folgen. Laut dm soll der Zusatzservice besonders in Stoßzeiten die herkömmlichen Kassen entlasten und sei besonders für kleine Besorgungen praktisch. In Polen hat jeder dm-Markt bereits Selbstbedienungskassen. In Tschechien und Slowenien gibt es sie in ausgewählten Märkten.
Mehr als 1.500 Abholstationen in Geschäften und Tests vor der Tür
Außerdem hat dm inzwischen in der Hälfte seiner deutschen Märkte Abholstationen: Einkäufe, die Kunden im Onlineshop oder in der App als Express-Abholung oder Lieferung in ihren Laden bestellen, können kontaktlos abgeholt werden. Mehr als1.500 dm-Märkte haben diese Abholstationen. In Wuppertal wird momentan vor drei Standorten getestet, wie Abholmöglichkeiten rund um die Uhr angenommen werden.
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Hornbach: Nur noch vier Baumärkte sind ohne SB-Kassen
Von den derzeit 98 Hornbach-Märkten in Deutschland bieten 94 SB-Kassen an, teilte das Unternehmen dem SWR mit. Das Handelsunternehmen für Bau- und Gartenbedarf hat hierzulande rund 450 Self-Checkout-Kassen. Der Service sei bei vielen Kunden beliebt. Es hänge jedoch vom Einkauf ab, welche Kassenart bevorzugt werde.
Hornbach ist in neun europäischen Ländern aktiv. Überall werden SB-Kassen angeboten. In Schweden sei aufgrund des Kundenzuspruchs eine Erweiterung der Self-Checkout-Kassen aktuell geplant.
Auf die Frage, ob es irgendwann gar keine Kassen mehr mit Personal geben würde, antwortet Hornbach: "Das entscheiden letztlich die Kunden mit ihrem Nutzungsverhalten. Derzeit sieht es so aus, als wären Self-Checkout-Kassen eine sinnvolle Ergänzung, jedoch kein Ersatz für bediente Kassen."
In den Niederlanden und Schweden ist Self-Scanning selbstverständlich
In Verbindung mit der App des Baumarktes bietet Hornbach auch eine Selbst-Einlese-Funktion in ausgewählten deutschen Märkten an. In den Niederlanden und Schweden sei Self-Scanning schon länger eine Selbstverständlichkeit, so das Unternehmen.
Ein weiterer Service sei die individuelle Videoberatung für Kunden und eine Aufmaß-Funktion in der App zur Berechnung von Materialbedarf.
Ikea: Hohe Kundenakzeptanz unabhängig von Alter oder Geschlecht
Ikea Deutschland hat sich bereits 2008 entschieden, neben konventionellen Kassen auch sogenannte Express-Kassen anzubieten, erklärt Tamara Breuer von der Ikea-Pressestelle. Inzwischen habe man in den Einrichtungshäusern je nach Größe zwei bis sechs Blöcke à vier Kassen, also 8 bis 24 Selbstbedienungskassen.
Kunden würden das Angebot gerne nutzen, weil "der Ablauf an den Express-Kassen unkompliziert und intuitiv ist." Außerdem würden Ikea-Mitarbeiter für Rückfragen zur Verfügung stehen und Kunden sofort weiterhelfen.
Geklaut wird nicht mehr oder weniger durch SB-Kassen
Zum Thema Diebstahl betont Ikea Deutschland: "Unsere Erfahrungen zeigen auch, dass die Kunden die Artikel in ihrem Einkaufswagen sehr korrekt und genau scannen. Wir konnten bislang keine nennenswerten Inventurdifferenzen seit Einführung der Express-Kassen feststellen."
Diese Beobachtung bestätigt auch das EHI Retail Institute - das führende Forschungs- und Bildungsinstitut für den deutschen Handel in Köln: "Das Risiko für Diebstahl ist laut Aussage der Handelsunternehmen identisch wie bei den regulären, bedienten Kassen."
Nicht überall scannen Ikea-Kunden gern während des Einkaufs
Seit Mai 2022 hat Ikea Deutschland den Service "Shop & Go" in allen 54 Einrichtungshäusern. Mit einer App können Kundinnen und Kunden ihren Einkauf selbst scannen und an bestimmten Expresskassen im Geschäft bezahlen, sodass sie sich am Ende das Ausräumen des Wagens oder der großen Tüte und das Abscannen sparen können.
Für "Shop & Go" hat Ikea eine Hitliste erstellt: In den deutschen Einrichtungshäusern Bremerhaven, Braunschweig und Nürnberg wachse die Anzahl der Kundinnen und Kunden, die diese Funktion nutzen, am schnellsten.
Kaufland: Auch mit Bargeld an der SB-Kasse zahlen
Seit 2015 bietet Kaufland in ausgewählten Filialen Selbstbedienungskassen an, ergänzend zu den klassischen Bedienkassen, so Unternehmenssprecher Dominik Knobloch. Aktuell sind in über 170 deutschen Filialen SB-Kassen. Sie seien ein zusätzlicher Service, eine zeitgemäße Alternative vor allem für den kleinen Einkauf.
Aufgrund der positiven Resonanz werde das Angebot sukzessive ausgebaut. In Filialen mit SB-Kassen nutzen diese durchschnittlich circa 40 Prozent der Kunden, so Kaufland. Auch ältere Kunden und Kundinnen würden vermehrt SB-Kassen nutzen. Bei Kaufland kann man auch mit Bargeld an der SB-Kasse zahlen. Dies ist in anderen Geschäften an den SB-Kassen meist nicht möglich.
Wiederholungs-Quote beim Selbst-Einscannen hoch
Ob in Polen, Rumänien, Tschechien, der Slowakei, Bulgarien, Kroatien oder der Republik Moldau – auch in allen anderen Ländern, in denen Kaufland vertreten ist, werden SB-Kassen angeboten und gerne von den Kunden angenommen. Die SB-Kassen sind auch Grundlage für das Selbst-Scan-Angebot von Kaufland. Dabei scannen Kunden Artikel über einen mobilen Handscanner oder per Kaufland App ein, bevor sie diese in den Einkaufswagen legen.
An den SB-Kassen können die Einkäufe dann bezahlt werden, ohne diese wieder ein- und auszuräumen. Aktuell wird das System bundesweit in rund 70 Filialen angeboten. Die Wiedernutzungs-Quote sei sehr hoch, vor allem bei großen Wocheneinkäufen, so Knobloch.
EHI: Autonome Stores ohne Personal an der Kasse
Das EHI Retail Institute beobachtet, dass der Einsatz von SB-Kassen in Deutschland stetig zunimmt. Es kam allerdings auch schon zum Abbau von Self-Checkout-Systemen. "Wenn ein Standort für eine dieser SB-Formen nicht geeignet ist, kann es zum Rückbau kommen. Oder aber es wird ein anderes, besser für diese Lokation geeignetes System verwendet", erklärt Cetin Acar, IT-Experte beim EHI. Kunden würden mehrheitlich positiv auf die alternativen Checkout-Möglichkeiten reagieren.
Der Grund dafür laut EHI: "Für den schnellen Mittagssnack in der Mittagspause gehe es an der SB-Kasse schnell. Beim wöchentlichen Einkauf geht die Kundin oder der Kunde vielleicht lieber an die bediente Kasse." Außerdem existierten Pläne für autonome Stores ohne Personal an der Kasse.
Automatisierung für den Handel unabdingbar
Laut EHI erwarten Kunden in Deutschland inzwischen die Möglichkeit, rund um die Uhr einkaufen zu können - und sie ärgern sich über Warteschlangen an den Kassen. Um Kunden glücklicher zu machen und gleichzeitig das Verkaufspreis-Niveau halten zu können, sei Automatisierung für den Handel unabdingbar.
Dazu komme noch der Personalmangel. Deshalb müssten vorhandene Mitarbeitende effizient eingesetzt werden, so Cetin Acar.
Kommunikation durch Kunden-App
Trotzdem sei die Kommunikation mit dem Kunden wichtig. Diese könne aber nach EHI-Angaben mit einer Kunden-App erfolgen, wo individuelle Angebote gemacht werden, der Einkauf erfasst wird oder Serviceleistungen in Anspruch genommen werden können.
Digitale Elemente in den Geschäften wie Bildschirme oder elektronische Regaletiketten seien auch ein immer wichtiger. Künstliche Intelligenz werde in verschiedenen Bereichen ebenfalls vom Handel getestet.
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