Gesunde Fette sind gut für Gehirn, Nerven, Gefäße und Wohlbefinden – schlechte Fette können krank machen. Aber: Welches Fett ist am gesündesten?
Fett ist nicht gleich Fett: wundersames Omega-3?
Um ungesättigte Fettsäuren, allen voran Omega-3, wird seit einiger Zeit ein regelrechter Hype gemacht. Zahllose Nahrungsergänzungsmittel-Hersteller rühmen die positive Wirkung auf unsere Gesundheit. Was ist da dran? Bringen Kapseln etwas, oder können sie sogar gefährlich sein? Und wieso muss man bei Omega-6 ganz genau hinschauen?
Einmal der Reihe nach:
Gesättigte und ungesättigte Fettsäuren
Ernährungswissenschaftler unterscheiden zwischen gesättigten und ungesättigten Fettsäuren.
Gesättigte Fettsäuren stecken in tierischen Lebensmitteln wie Butter, Fleisch und Eiern. Sie werden oft als “schlecht” bezeichnet, da ein Zuviel das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Diabetes erhöhen kann.
Ungesättigte Fettsäuren gelten als gesund, als die “guten”. Allerdings muss man genau hinschauen, denn auch hier gibt es bessere und schlechtere ungesättigte Fettsäuren, wie neueste Studien zeigen – und auf das richtige Verhältnis der unterschiedlichen Fettsäuren kommt es an!
Einfach und mehrfach ungesättigte Fettsäuren: Omega-9, Omega-6 und Omega-3
Bei den ungesättigten Fettsäuren unterscheidet man weiter in einfach und mehrfach ungesättigte Fettsäuren:
Zu den einfach ungesättigten Fettsäuren gehört Omega-9, das etwa in Olivenöl und Avocados steckt. Einfach ungesättigte Fettsäuren gelten als wichtig für die Vitamin-Aufnahme im Körper und können helfen, den Cholesterinspiegel zu senken.
Zu den mehrfach ungesättigten Fettsäuren gehören Omega-6 und Omega-3. Sie können vom Körper nicht selbst hergestellt werden und können das Risiko, an Herz-Kreislauf-Erkrankungen oder Typ-2-Diabetes zu erkranken, senken.
Omega-6 ist etwa in Milchprodukten, Fleisch, Sonnenblumenöl und Distelöl enthalten.
Viel Omega-3 steckt beispielsweise in Leinöl, Rapsöl, Walnuss- oder Hanföl. Aber auch in fettreichem, wilden Meeresfisch wie Lachs, Hering, Makrele, Sardellen und Sardinen.
Die Studienlage ist klar: Omega-3-Fettsäuren sind ganz besonders gesund für unseren Körper.
Omega-3: Darum ist es so gesund
Omega-3-Fettsäuren gelten als wichtig für die Hirnentwicklung des Kindes während der Schwangerschaft, wirken auf den Blutdruck ein und können die Blutgerinnung hemmen.
Eine schwedische Studie legt nahe, dass Omega-3-Fettsäuren das Immunsystem stärken und Entzündungen im Körper reduzieren können. Entzündungen spielen zum Beispiel bei Rheuma, Arthritis, Auto-Immun-Krankheiten, Gefäß- und Herz-Kreislauf-Erkrankungen eine Rolle.
Omega-3-Fettsäuren können laut einer finnischen Studie womöglich sogar helfen, Alzheimer vorzubeugen.
Besonders wichtig: ALA, DHA und EPA
Zu den Omega-3-Fettsäuren zählen die Alpha-Linolensäure (kurz: ALA), die Docosahexaensäure (DHA) und die Eicosapentaensäure (kurz: EPA). Sie alle sind für unseren Körper besonders wichtig.
ALA ist besonders in Leinsamen und Leinöl, in Walnüssen und Walnussöl, Hanf und Hanföl sowie in Rapsöl enthalten. Unser Körper kann sie nicht selbst bilden, wir müssen sie also über die Nahrung zu uns nehmen.
DHA und EPA stecken in fettem, wild gefangenem Meeresfisch wie Makrele, Wildlachs, Hering, Sardinen und Sardellen. Zuchtfisch wird häufig mit Getreide gefüttert, was den Omega-3-Gehalt stark reduziert. DHA und EPA kommen auch in einigen Mikroalgen wie Spirulina, Chlorella oder Schizochytrium und in den winzigen Kaltwasserkrebstieren (Krill) vor.
Zugeführter ALA kann unser Körper in EPA und DHA umwandeln, allerdings nur in geringer Menge.
Gutes Omega-3, schlechtes Omega-6?
Lange ging man davon aus: Hauptsache ungesättigte Fettsäuren! Neueste Studien zeigen jedoch: auf das richtige Verhältnis von Omega-6 und Omega-3 kommt es an.
Denn: Unser Körper verstoffwechselt Omega-6 und Omega-3 mithilfe ein und desselben Enzyms. Wenn all diese Enzyme mit Omega-6-Fettsäuren “besetzt” sind, können wir keine Omega-3-Fettsäuren mehr aufnehmen. Dabei ist gerade Omega-3 für unseren Körper so wichtig!
Das Problem: Unsere Ernährung enthält heute viel zu viel Omega-6. Es steckt in Fertiggerichten, in tierischen Lebensmitteln und auch Sonnenblumenöl, Distelöl oder Kürbiskernöl bestehen fast komplett aus Omega-6-Fettsäuren.
Das Verhältnis von Omega-6 zu Omega-3 liegt in unserer heutigen Ernährung bei bis zu 20:1, sagt die Jenaer Ernährungswissenschaftlerin Christine Dawczynski. Wir essen also bis zu 20-mal so viel Omega-6 wie Omega-3.
Dabei sollte das Verhältnis Omega-6 zu Omega-3 bei 5:1 liegen, wie auch die Deutsche Gesellschaft für Ernährung empfiehlt.
Studie: zu viel Omega 6 kann schädlich sein!
Im Rahmen einer Studie mit Rheuma-Patienten hat Christine Dawczynski an der Universität Jena die Effekte von Fettsäuren auf entzündliche Prozesse untersucht.
Zunächst haben die Teilnehmer zehn Wochen lang Omega-6 haltiges Sonnenblumenöl konsumiert.
Im Anschluss daran zehn Wochen lang ein Omega-3 haltiges Algenöl. Parallel wurde der sogenannte Gelenk-Score gemessen.
Christine Dawczynski: „Dieser Score konnte sich durch den Verzehr der Mikroalgen-Ölprodukte signifikant senken, sodass sie weniger Schmerzen hatten, weniger geschwollene Gelenke. Und auf der anderen Seite, in der Zeit, wo sie das Sonnenblumenöl verzehrt haben, hat sich das umgekehrt: Da hat sich dieser Score erhöht: wir hatten mehr Druck, schmerzhafte und geschwollene Gelenke.“
Das heißt: „Dass die zu hohe Aufnahme Entzündungsprozesse begünstigt und dadurch zum Beispiel chronisch-entzündliche Erkrankungen verstärkt werden”, so Dawczynski.
Omega-3 nicht als Nahrungsergänzungsmittel
Wer keine Lust hat, auf Omega-3 in seiner Ernährung zu achten, könnte auf die Idee kommen, mit Omega-3-Kapseln, also Nahrungsergänzungsmitteln – meist aus Fisch oder Algen gewonnen – nachzuhelfen. Ist das sinnvoll?
Der Ernährungsforscher Prof. Matthias Schulze von der Universität Potsdam hat da eine klare Meinung: „Wir müssen Omega-3-Fettsäuren nicht supplementieren. Allgemein ist da nicht zu erwarten, dass es besondere gesundheitliche Effekte gibt."
Und nicht nur das. Vor kurzem warnte das Bundesinstitut für Risikobewertung: Omega-3-Nahrungsergänzungsmittel könnten bei Risikopatienten und Herzkranken zu Vorhofflimmern, also einer gefährlichen Herzrhythmusstörung, führen.
Wir sollten Omega-3 also über unsere Nahrung zu uns nehmen.
Gesundheits-Tipp: Ein Esslöffel Leinöl täglich versorgt uns optimal!
Die beste pflanzliche Quelle für Omega-3 ist Leinöl.
Bereits ein guter Esslöffel davon deckt laut Deutschen Gesellschaft für Ernährung den täglichen Bedarf an Omega-3-Fettsäuren.
Leinöl wird aus den Samen der Lein-Pflanze, auch Flachs genannt, gewonnen. Es schmeckt, wenn es optimal hergestellt wird, leicht nussig und passt gut zu Salaten oder in Quark zu Pellkartoffeln.
Leinöl ist allerdings sehr lichtempfindlich und wird leicht ranzig, weshalb es nach Anbruch am besten im Kühlschrank aufbewahrt und zügig aufgebraucht werden sollte (binnen drei Wochen).
Beim Einkauf sollte man auf hohe Qualität achten: kalt gepresst (so bleiben die hitzeempfindlichen Omega-3-Fettsäuren erhalten und es schmeckt nicht fischig oder bitter) und am besten bio.
Leinöl niemals erhitzen!
Denn die Omega-3-Fettsäuren beginnen schon bei relativ niedrigen Temperaturen zu oxidieren, man spricht auch vom Rauchpunkt eines Öls.
Das erkennt man daran, dass das Fett in der Pfanne anfängt zu rauchen. Dabei entsteht aus den Fettsäuren das giftige und als krebsfördernd geltende Acrolein. Aus diesem Grund sind kalt gepresstes Leinöl, aber auch Hanföl, Walnussöl oder Rapsöl – obwohl an sich sehr gesund – zum Braten nicht geeignet.
Welches Öl zum Braten und Backen nehmen?
Sehr gut kann man kaltgepresstes (natives) Olivenöl zum Braten verwenden, da es recht hitzestabil ist – zumindest bis zu Temperaturen von 100 bis 180 Grad. Olivenöl enthält zwar kaum Omega-3, dafür aber auch keine Omega-6-Fettsäuren.
Beim Braten mit nativem Olivenöl sollte man allerdings die Pfanne im Auge behalten und darauf achten, dass das Fett nicht zu heiß wird. Das ist definitiv der Fall, wenn es anfängt zu rauchen.
Raffinierte Öle oder so genannte Brat-Öle lassen sich noch höher erhitzen.
Raffiniertes Öl oder Brat-Öl: Welches Fett eigenet sich zum Braten?
Raffinierte Öle werden nicht kalt gepresst, sondern hier wird das Öl durch hohen Druck und Hitze aus den Samen gepresst. Mithilfe von chemischen Lösungsmitteln wie Hexan oder Leichtbenzin wird noch mehr Öl aus dem Rückstand herausgelöst. Um das entstandene Rohöl genießbar und gesundheitlich unbedenklich zu machen, wird es danach in mehreren Schritten raffiniert, also gereinigt. Dabei wird das Öl destilliert, entschleimt und entsäuert, geblichen und desodoriert. Raffinierte Öle sind meist höher erhitzbar als kalt gepresste Öle.
Bei Bio-Ölen ist die chemische Raffination nicht erlaubt. Bio-Öl wird im physikalischen Verfahren raffiniert. Das macht Bio-Öle zwar teurer, belastet aber auch deutlich weniger die Umwelt als die chemische Raffination. Erhitzbare Bio-Öle werden meist als Brat-Öl gelabelt oder als "leicht gedämpft" bezeichnet.
Omega-3-Fettsäuren sind aber hitzeempfindlich und sollten also am besten über kaltgepresste und kalt verzehrte Öle eingenommen werden. Auch bei gekochtem oder gebratenem Seefisch reduzieren sich die Omega-3-Fettsäuren.
Leinöl kalt – das geht sogar richtig lecker:
Rezeptidee: Fenchel-Karotte-Apfel-Salat mit Leinöl-Zitrone-Dressing
Der Heilbronner Restaurantleiter Chris Hahn hat ein schnelles Salatrezept: „Im Prinzip nur drei Komponenten. Fenchel, Karotte und Apfel. Den machen wir ein bisschen an. Und dann haben wir noch eine kleine Körnermischung, die tun wir drauf, mit Hanfsamen. Und dann wird das eine runde Geschichte.“
Mit dem Omega 3-Lieferanten im Dressing: Hier kommt nun ordentlich Leinöl direkt auf den Salat: „Es kombiniert sich sehr schön mit der süßen Karotte, bringt die Fenchelaromen schön hervor.“
Zitronensaft rundet das Dressing ab: „Die Zitrone nimmt natürlich auch wieder ein bisschen das bittere vom Leinöl."
Dann noch mit Salz abschmecken, zehn Minuten im Dressing ziehen lassen – und genießen.
ExpertInnen:
Prof. Dr. Matthias Schulze, Ernährungswissenschaftler an der Universität Potsdam
Dr. rer. nat. Christine Dawczynski, Ernährungsforscherin an der Universität Jena
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