Schlaganfälle können auch unentdeckt verlaufen. Beim stummen Hirninfarkt kann das Risiko für einen nächsten Schlaganfall und eine Demenzerkrankung steigen.
Was passiert im Körper beim stummen Schlaganfall?
„Wir nehmen stumme Schlaganfälle deshalb so ernst, weil wir genau wissen, da gibt es mittlerweile sehr gute Daten durch Studien dazu, dass ein Risikofaktor für weitere zukünftige Schlaganfälle, die dann nicht mehr unbedingt stumm verlaufen, vorhanden ist. Stumme Schlaganfälle verdoppeln oder mehr als verdoppeln das Risiko, einen nächsten Schlaganfall zu erleiden", erklärt Professor Ulf Ziemann vom Universitätsklinikum Tübingen.
Studien zeigen, dass klinisch stumme Hirninfarkte (KSH) sogar bis zu sechs Mal häufiger auftreten als solche, die Patienten bemerken. „Wir wissen tatsächlich, dass es im Gehirn zu Schäden kommen kann, die nicht sofort zu weitreichenden Konsequenzen führen. Das Gehirn hat eine sehr große Kapazität und kann sehr lange mit der Kapazität kleinere Verluste ausgleichen", informiert Professor Christian Nolte von der Charité Berlin.
Nachgewiesen werden stumme Schlaganfälle meist zufällig in der zerebralen Bildgebung (CT oder MRT) des Kopfes.
Welche Risikofaktoren können zum stummen Hirninfarkt führen?
Neurologe Professor Christian Nolte erklärt, das Risiko für einen klinisch stillen Schlaganfall sei vor allem bei Patienten mit vaskulären Risikofaktoren erhöht. Der größte Faktor dabei sei ein hoher Blutdruck. Weitere Faktoren sind zum Beispiel Vorhofflimmern, Zuckerkrankheit oder andere Erkrankungen der Gefäßverkalkung. Ob eine Gefäßverkalkung zum Schlaganfall geführt hat, kann im Nachhinein mittels Ultraschalluntersuchung herausgefunden werden.
Bei Menschen mit einer bestimmten Vorerkrankung am Herzen besteht zudem ein erhöhtes Risiko für einen Schlaganfall – das sogenannte Persistierende Foramen ovale (PFO). Durch ein Loch in der Herzscheidewand kann ein Blutgerinnsel ins Gehirn gelangen und Schlaganfälle auslösen. Kardiologen können so ein Loch in einer minimalinvasiven Operation mit einem Schirmchen verschließen.
Professor Ziemann erklärt: „Es ist dann ein Katheter gestütztes Device, sieht aus wie ein Schirmchen, was passgenau in dieses Loch gesetzt wird und damit diesen rechts links Übertritt von Blut verhindert. Und damit auch das Risiko für weitere Schlaganfälle aus dieser Quelle heraus verhindert."
Folgen des stummen Schlaganfalls
Dass es wichtig ist, die Ursache solcher stummer Hirninfarkte zu behandeln, zeigen die Studien von Professor Nolte. Denn auch wenn künftige Schlaganfälle ebenfalls stumm verlaufen sollten, schädigen sie jedes Mal das Gehirn.
„Wir wissen, dass auch ein Stück Gehirn, was kaputt geht und nicht mit alltagsrelevanten Fähigkeiten betraut ist, auf die Dauer, wenn das häufiger passiert, wenn diese vielen kleinen Nadelstiche sich aufaddieren, zu einem Netzwerkschaden führen. Irgendwann ist das Gehirn-Gerüst dann so durchlöchert, dass es zu doch auch bemerkbaren, doch auch alltagsrelevanten Störungen kommt gerade in der Aufmerksamkeit, im Gedächtnis, in der Konzentrationsfähigkeit und im Merkvermögen. Und diese Entwicklung können wir vorbeugen”, erklärt Professor Christian Nolte.
Die größte Gefahr: das Entwickeln einer Demenz. Professor Nolte untersucht immer wieder demente Patienten, bei denen er im Nachhinein teils Hunderte stumme Schlaganfälle entdeckt: „Bildgebend kann man sich das so vorstellen, dass es zunächst zu einzelnen Läsionen kommt, die ganz klein sind und für sich genommen nicht bemerkt werden. Es gibt immer mehr Einschläge über die Zeit: über Wochen, über Monate oder über Jahre. Und schließlich sind es so viele, die auch zusammenfließen und die die Netzwerkstruktur so stark schädigen, dass sie flächenmäßig zu Einschränkungen führen." Mehr zum Thema Demenz lesen sie hier:
Ernährung, Kontakte, Sport Alzheimer-Demenz vorbeugen: Wie wir das Risiko selbst senken können
Viele haben Angst vor Demenz. Die Krankheit ist noch nicht heilbar, deshalb ist Vorbeugung besonders wichtig. Bestimmte Risikofaktoren können wir selbst beeinflussen.
Infos zu unseren Experten
- Prof. Dr. Ulf Ziemann, Universitätsklinikum Tübingen
- Prof. Dr. Christian Nolte, Charité – Universitätsmedizin Berlin