Mittlerweile gibt es eine Vielzahl an schlaffördernden Medikamenten. Doch welche machen abhängig und wie gut sind pflanzliche Alternativen?
Schlafstörungen gehören zu den häufigsten Beschwerden in der Gesellschaft. Rund sechs Millionen Menschen leiden darunter. Typischerweise fallen darunter Probleme mit dem Ein- und Durchschlafen.
Als Folge haben Betroffene unter anderem mit Tagesmüdigkeit, Erschöpfung und Konzentrationsproblemen zu kämpfen. Wenn das über Monate an mindestens drei Tagen pro Woche der Fall ist, sind die Schlafstörungen chronisch. Fachlich spricht man dann von einer Insomnie. Welche Medikamente bringen Linderung?
Pflanzliche Schlafmittel im Überblick
Wer ab und an mit Schlafstörungen kämpft und nicht gleich zu Medikamenten greifen möchte, hat möglicherweise mit pflanzlichen Alternativen Erfolg.
- Mittel aus Baldrian, Hopfen und Lavendel wirken schlaffördernd und beruhigend.
- Für einen erholsamen Schlaf kann es ausreichen, abends einen Tee aus Kamille oder Passionsblumenkraut zu trinken.
Die Heilpflanzen nehmen nicht nur die innere Unruhe, sondern wirken sich auch positiv auf das Herz und den Kreislauf aus.
„Die Präparate kann jeder nehmen. Nur spricht nicht jeder auf die gleiche pflanzliche Substanz an. Man muss bedenken, dass sie oft nur kurzfristig wirken. Ein Abhängigkeitspotenzial besteht jedoch nicht“, erklärt Dr. Klaus Junghanns, Schlafmediziner des Universitätsklinikums Schleswig-Holstein.
Ein weiterer großer Vorteil ist, dass diese natürlichen, schlaffördernden Mittel kaum Nebenwirkungen haben. In Form von Tees, Tropfen oder Pillen sind die Heilpflanzen rezeptfrei in der Apotheke oder auch in der Drogerie erhältlich.
Pflanzliche Alternativen kaum erforscht
Im Gegensatz zu schlaffördernden Medikamenten ist die Wirkung von den meisten pflanzlichen Mitteln bisher allerdings wenig erforscht. Manche Heilpflanzen haben sich in Tierversuchen als wirksam erwiesen, für die Wirkung bei Menschen gibt es allerdings kaum wissenschaftliche Daten.
Baldrian gehört zu den pflanzlichen, schlaffördernden Mitteln, die am meisten untersucht wurden. Vereinzelte Studien konnten eine Überlegenheit der Heilpflanze im Vergleich zu Placebo-Präparaten feststellen.
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Wenn Schlafstörungen krankhaft werden
Nicht immer reichen pflanzliche Mittel aber aus, um Schlafstörungen in den Griff zu bekommen. Bei einer schweren Form ist es deshalb wichtig, sich in professionelle Behandlung zu begeben.
Problematisch werden Schlafstörungen, wenn sie immer häufiger vorkommen, Schlafattacken am Tag auftreten, Begleiterscheinungen wie Kopfschmerzen hinzukommen oder eine Sehnsucht nach Tabletten oder Alkohol besteht, um besser schlafen zu können.
Schwere Schlafstörungen belasten zudem die Psyche und es treten immer wiederkehrende, zermürbende Gedanken vor dem Schlafengehen auf.
Viele haben Angst, abhängig von Tabletten zu werden, oder fürchten, den nächsten Tag mit wenig Schlaf nicht zu überstehen. In diesem Falle ist es ratsam, zu stärkeren und länger wirksamen Medikamenten sowie zu umfassenden Behandlungen zu greifen, um Betroffene aus dem Teufelskreis herauszuholen.
Medikamente gegen Schlafstörungen im Überblick
- Melatonin
- Antihistaminika
- Antidepressiva
- Neuroleptika
- Z-Substanzen und Benzodiazepine
- Orexin-Hemmer
Melatonin
Das Schlafhormon Melatonin kann von Ärzten verschrieben werden, ist aber auch rezeptfrei erhältlich und macht nicht abhängig. Bei kurzzeitiger Einnahme wirkt es gut, es sollte allerdings nicht über einen längeren Zeitraum eingenommen werden.
Melatonin wird vorwiegend älteren Menschen gegeben, da die Produktion des Schlafhormons im Alter nachlässt. Aber auch jüngere Menschen, die Probleme mit dem Einschlafen haben, profitieren davon.
Antihistaminika
Ebenfalls nicht verschreibungspflichtig sind Medikamente aus der Gruppe der Antihistaminika. Die Medikamente helfen bei Allergien, indem sie entzündungshemmend wirken und den körpereigenen Botenstoff Histamin abschwächen.
Als Nebenwirkung machen einige dieser Substanzen müde und bieten sich deshalb auch als Schlafmittel an. Sie sollten ohne ärztliche Absprache allerdings keineswegs über einen längeren Zeitraum eingenommen werden.
Antidepressiva
Bei längeren Beschwerden – insbesondere, wenn Schlafstörungen die Psyche stark belasten – kann auch ein sedierendes Antidepressivum eingesetzt werden.
Ein spürbarer Effekt tritt allerdings erst nach ein paar Wochen ein. Antidepressiva können zu mehr Appetit, Mundtrockenheit oder auch zu Herzrhythmusstörungen führen.
Neuroleptika
Medikamente aus der Gruppe der Neuroleptika werden dann verwendet, wenn andere Therapien versagt haben. Sie wirken über kurzen, aber auch längeren Zeitraum schlafanstoßend. Häufige Nebenwirkungen sind unter anderem Bewegungsstörungen.
Vorsicht bei Z-Substanzen und Benzodiazepine
Z-Substanzen und Benzodiazepine gehören zu den verschreibungspflichtigen Schlaf- und Beruhigungsmitteln. Sie wirken rasch und kurzfristig, allerdings sorgen sie nicht für einen tiefen Schlaf. Über lange Zeit haben sie starke Nebenwirkungen und die Gefahr steigt, abhängig zu werden.
„Deswegen verordne ich sie normalerweise gar nicht. Es gibt ein paar Ausnahmen: Wenn mir zum Beispiel ein Patient sagt, er springt bald aus dem Fenster, weil er nicht schlafen kann. In solchen Fällen kommen sie in Frage, weil sie doch einen schnellen Effekt haben“, erklärt Neurologe und Schlafmediziner Dr. Paul Baier.
Neue Schlafmittel auf dem Markt: Orexin-Antagonisten
Orexin-Antagonisten sind in den letzten Jahren für die Behandlung von Schlafstörungen neu zugelassen worden. Daridorexant ist in Europa der erste zugelassene Wirkstoff dieser Gruppe. Das Medikament blockiert den Botenstoff Orexin, der für den Wechsel vom Wach- zum Schlafzustand verantwortlich ist. Allerdings wirkt es nur bei Menschen, deren Schlafstörungen Orexin-bedingt sind.
„Das greift an einer Stelle ein, wo noch kein anderes Medikament angegriffen hat. Bisher wissen wir, dass es nicht abhängig macht. Es ist insgesamt seit drei Jahren auf dem Markt. Insofern muss man noch abwarten. Auf dem Papier ist es aber eine wahnsinnig spannende Substanz mit einer ganz neuen Idee“, sagt der Schlafmediziner Dr. Baier.
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