Pulsed Field Ablation

Vorhofflimmern: Neue Behandlungsmöglichkeit mit weniger Nebenwirkungen

Stand
Autor/in
Simone Schaumberger
Sola Hülsewig

Bei der Pulsed Field Ablation werden Herzmuskelzellen verödet, die die Rhythmus-Störungen auslösen – und zwar mittels elektrischer Impulse.

Vorhofflimmern: Was ist das?

Normalerweise schlägt das Herz in einem geordneten Rhythmus, dem sogenannten Sinusrhythmus. Er hat seinen Namen vom Sinusknoten im rechten Vorhof des Herzens, der den Takt des Herzschlages vorgibt. In Ruhe sendet er 60 bis 80 Impulse pro Minute. Diese Impulse breiten sich zuerst auf beide Vorhöfe und dann auf beide Herzkammern aus. 

Beim Vorhofflimmern entsteht der Impuls nicht im Sinusknoten, sondern fälschlicherweise bereits im Bereich der Lungenvenen im linken Vorhof und breitet sich dann unregelmäßig in den Vorhöfen aus. Das führt dazu, dass diese sich nicht mehr regelmäßig zusammenziehen, sondern flimmern.

Symptome bei Vorhofflimmern

Erste Warnsignale sind Herzklopfen oder ein stolpernder, zu schneller Herzschlag. Manche Menschen verspüren auch ein Unruhe- oder Druckgefühl in der Brust. Luftnot und Einschränkung der Belastbarkeit können zusätzlich auftreten. Es gibt jedoch auch Betroffene, die ihr Vorhofflimmern überhaupt nicht bemerken, sagt Dr. Volker Liebe, geschäftsführender Oberarzt der Kardiologie an der Uniklinik Mannheim.

Bei vielen Menschen tritt die Herzrhythmusstörung Vorhofflimmern anfallsartig auf und endet nach wenigen Stunden so überraschend, wie es begonnen hat.

Vorhofflimmern erkennen: EKG


Um Vorhofflimmern zu diagnostizieren werden die Herzströme mittels Elektrokardiogramm (EKG) gemessen. Treten Symptome wie Herzrasen etc. selten auf, kann ein kleiner Eventrecorder implantiert werden. Dieser hat eine Batterielaufzeit von bis zu drei Jahren.

Auch Smartwatches können teilweise EKG aufzeichnen. Es sei aber wichtig darauf zu achten, dass die Smartwatch tatsächlich ein echtes EKG schreiben kann, sagt Dr. Volker Liebe.

Vorhofflimmern – wie Smartwatches bei der Diagnose helfen | Doc Fischer SWR

Vorhofflimmern: Früherkennung wichtig

Vorhofflimmern erhöht das Risiko für einen Schlaganfall um das Fünffache. Besonders wichtig bei der Erkrankung ist auch hier, wie so oft, sie frühzeitig zu erkennen. Eine Studie zeigt, dass die Erfolgschancen einer Behandlung mittels Antiarrhythmika oder Katheterablation deutlich höher sind, wenn damit schon im ersten Jahr des Auftretens der Störungen begonnen wird.

Behandlungsmöglichkeiten bei Vorhofflimmern: Medikamente

In einem ersten Schritt wird bei Herzrhythmusstörungen in der Regel versucht, medikamentös eine Besserung zu erreichen. Betablocker beispielsweise sollen die Aktivität des Herzens dämpfen – ebenso Calciumantagonisten und Herzglykoside.

Sogenannte Antiarrhythmika sollen dem Herzen dabei helfen, wieder zum normalen Rhythmus, dem Sinusrhythmus, zurückzufinden.

Gerinnungshemmende Medikamente verhindern, dass sich in den Vorhöfen kleine Blutklümpchen bilden, die bis ins Gehirn gelangen können.

Lesen Sie bei der Deutschen Herzstiftung mehr zum Thema Medikamente bei Vorhofflimmern.

Katheterablation (Pulvonalvenen-Isolation) bei Vorhofflimmern

Als nächster Schritt nach einer nicht erfolgreichen Medikamentösen Therapie wird in der Regel die sogenannte Katheterablation (auch Pulvonalvenen-Isolation) empfohlen. Bei dem minimalinvasiven Eingriff werden die Herzmuskelzellen an der Einmündung der vier Lungenvenen verödet, die die Rhythmus-Störungen auslösen. Laut Deutscher Herzstiftung bestehen durch die Maßnahme gute Chancen, das Vorhofflimmern auch langfristig auszuschalten. 

„Jeder Patient, der über Beschwerden bei Vorhofflimmern klagt, sollte sich frühzeitig überlegen, eine Verödungstherapie oder auch eine Herzrhythmus-Medikamenten-Therapie zu machen“, rät auch Kardiologe Dr. Volker Liebe vom Uniklinikum Mannheim.

Risiken einer Ablation

Generell kann eine Katheterablation Verletzungen im Bereich der Leistengefäße mit der Folge von Nachblutungen nach sich ziehen. Selten Komplikationen, die auftreten können, sind Schlaganfälle.

Die konventionellen Ablationstechniken sind thermische Verfahren. Die Verödung wird mit Hitze oder Kälte durchgeführt. Doch seit 2021 gibt es eine neue nicht-thermische Methode. Dabei werden die Fehlreize durch elektrische Impulse ausgeschaltet: Die Pulsed-Field-Ablation.

Die betroffenen Lungenvenenfasern werden für die normale Herzfunktion nicht benötigt, erklärt Prof. Jürgen Schreieck, Kardiologe am Uniklinikum Tübingen: „Das ist das Schöne, dass wir die veröden können, ohne dass sich Ihr Herz schwächt.“

Pulsed Field Ablation bei Vorhofflimmern

Eine US-amerikanische Studie untersuchte die Sicherheit und Effektivität der Pulsed Field Ablation im Vergleich zu den etablierten Methoden Radiofrequenzablation mit Hitze und Kryoablation mit Kälte. Insgesamt 607 Patienten mit Vorhofflimmern nahmen teil. Sie wurden per Zufall einer thermischen oder der Pulsed Field Ablation zugeordnet. Das Ergebnis: Die neue Methode lieferte in der Studie gleichwertige Ergebnisse.

Professor Schreieck sieht bei der neuen Methode allerdings einen Vorteil: weniger Komplikationsrisiken außerhalb des Herzens. So könne beispielsweise bei den thermischen Verfahren der Zwerchfellnerv (Nervus phrenicus) geschädigt werden. Dies kann dazu führen, dass man bei Anstrengung schlecht Luft bekommt.

Insbesondere schlanke Menschen hätten ein erhöhtes Risiko für Gewebeschäden durch thermische Ablation: „weil sie weniger Fett am Herzen haben und überhaupt die Organe näher beieinander sind.“ Die Pulsed-field Ablation sei dann die bessere Wahl.

Heilungschancen nach einer Katheterablation

Eventuell kann das Vorhofflimmern auch nach einer erfolgreichen Ablation nach einiger Zeit wieder auftreten. „Das hängt von der Art des Vorhofflimmerns ab. Wenn es anfallartig ist, ist die Erfolgschance der Ablation höher. Bei chronischem Vorhofflimmern haben wir geringere Erfolgsaussichten.“ In solchen Fällen kann auch nochmals eine Katheterablation durchgeführt werden, um zwischenzeitlich regenerierte Gewebeteile nochmals zu veröden.

Experten aus dem Film:
Dr. Volker Liebe, geschäftsführender Oberarzt der Kardiologie an der Uniklinik Mannheim
Prof. Dr. Jürgen Schreieck, Kardiologe und leitender Oberarzt am Uniklinikum Tübingen

Bewegung als Prävention Wieso Sport so wichtig ist

Sport macht nicht nur fit und (noch) schöner. Bewegung spielt auch eine entscheidende Rolle dabei, schwerwiegenden Erkrankungen vorzubeugen. Was bewirkt Sport im Körper?

Doc Fischer SWR Fernsehen

Gesundheitsrisiko Cholesterin: Wie viel ist zu viel, und wie bekommt man es in den Griff?

Hohe Cholesterin-Werte sind ein Risikofaktor für Herzinfarkt und Schlaganfall - besonders das gefährliche LDL-Cholesterin. Ein weiteres Problem: Wir können das nicht selbst erkennen.

Doc Fischer SWR Fernsehen

Unbemerkte Gefahr Warum stumme Schlaganfälle so gefährlich sein können

Schlaganfälle können auch unentdeckt verlaufen. Beim stummen Hirninfarkt kann das Risiko für einen nächsten Schlaganfall und eine Demenzerkrankung steigen. 

Doc Fischer SWR

Stand
Autor/in
Simone Schaumberger
Sola Hülsewig