Mehrwertsteuer-Chaos: Wofür muss man sieben und wofür 19 Prozent Mehrwertsteuer bezahlen? Und warum?
Wofür bezahlen wir Mehrwertsteuer?
Die Mehrwertsteuer wird auch Umsatzsteuer genannt und mit “MwSt.” abgekürzt. Sie ist als Verbrauchssteuer gedacht: Alle, die etwas kaufen, müssen sie bezahlen.
Die Mehrwertsteuer liegt in Deutschland bei 19 Prozent, für manche ausgewählte Produkte sind es nur 7 Prozent.
Mehrwertsteuer – wann sieben, wann 19 Prozent?
Fast alle Lebensmittel und Getränke, Bücher, Zeitungen und örtliche Fahrkarten, also “Waren des täglichen Bedarfs”, werden mit einem vergünstigten Mehrwertsteuersatz von 7 Prozent besteuert.
Auf alle weiteren Waren werden in Deutschland 19 Prozent Mehrwertsteuer erhoben: etwa für Möbel, Kleidung, Spiele, aber auch für Dienstleistungen wie Handwerksarbeiten oder Café- und Restaurantbewirtung.
Mehrwertsteuer-Chaos: Warum wird Kuhmilch mit 7, Hafermilch mit 19 % besteuert?
Der vergünstigte Mehrwertsteuersatz von 7 Prozent war eigentlich dazu gedacht, die Verbraucherinnen und Verbraucher bei den Waren zu entlasten, die täglich und viel gebraucht werden: etwa Gemüse, Fleisch, Käse, Milch. Wie so oft treibt aber auch diese, eigentlich gut gemeinte Idee ihre bürokratischen Blüten.
So gibt es beispielsweise bei der Definition, was nun ein Grundnahrungsmittel ist und was nicht, Uneinigkeit: Kuhmilch beispielsweise gilt als Grundnahrungsmittel, weswegen sie nur mit 7 Prozent besteuert wird – pflanzliche Alternativen wie Hafermilch oder Sojamilch dagegen nicht. Sie werden mit vollen 19 Prozent besteuert.
Stilles Wasser hat den vergünstigten Steuersatz von 7 Prozent, Sprudelwasser dagegen wird mit 19 Prozent besteuert.
Und während Trüffel mit nur 7 Prozent besteuert werden, sind es für Süßkartoffeln 19 Prozent.
Auch die Mehrwertsteuersätze für andere Warengruppen sorgen für Verwirrung:
Auf Hörgeräte werden beispielsweise 7 Prozent Mehrwertsteuer erhoben, auf Brillen dagegen 19.
Auf Tampons fallen 7 Prozent, während Slipeinlagen weiterhin mit 19 Prozent Mehrwertsteuer verkauft werden. Der Grund: Sie sind kein ausschließliches Periodenprodukt.
Mehrwertsteuer im Restaurant: Für hier oder zum Mitnehmen?
Kompliziert wird es auch beim Besuch im Restaurant: “Zum Mitnehmen” ist günstiger als “im Restaurant” essen.
Für die mitgenommenen Speisen gilt nämlich der ermäßigte Steuersatz von 7 Prozent, weil es sich dann um Nahrungsmittel handelt.
Genießt man das Essen stattdessen vor Ort, und sei es nur in einer Imbissbude, muss man für die Dienstleistung – und damit 19 Prozent Mehrwertsteuer – bezahlen.
Weitere Mehrwertsteuer-Kuriositäten
Während Gemälde und Silbermünzen den reduzierten Mehrwertsteuersatz von 7 Prozent haben, gilt für Windeln, Fruchtsäfte oder Mineralwasser der volle Satz von 19 Prozent.
Und auf eine Fahrt mit dem Skilift fallen zwar nur 7 Prozent, auf den Kauf eines Kindersitzes allerdings 19 Prozent Mehrwertsteuer an.
Warum bezahlen wir Mehrwertsteuer?
Die Mehrwertsteuer ist nach der Lohnsteuer die zweitwichtigste Einnahmequelle des Staates. Sie wird von den Unternehmen, bei denen wir eine Ware oder Dienstleistung kaufen, so gut wie komplett an den Staat weitergegeben.
Das Bundesfinanzministerium schätzt, dass sich im vergangenen Jahr die Einnahmen aus der Mehrwertsteuer auf knapp 100 Milliarden Euro belaufen haben.
Die Steuereinnahmen werden nach einem bestimmten Verteilerschlüssel auf Bund, Länder und Gemeinden verteilt.
Ist die Mehrwertsteuer in allen EU-Ländern gleich?
In der Europäischen Union gibt es verschiedene Mehrwertsteuersätze. Sie liegen aktuell zwischen 17 und 27 Prozent. Am wenigsten Mehrwertsteuer innerhalb der EU muss man in Luxemburg bezahlen (17 Prozent). Den höchsten Mehrwertsteuersatz in der EU hat mit 27 Prozent derzeit Ungarn.
Eine Übersicht über die verschiedenen Mehrwertsteuersätze in der Europäischen Union gibt es hier (Stand: 2020).
Übrigens gibt es auch in den anderen Ländern der EU Mehrwertsteuerchaos.
Gibt es Länder ohne Mehrwertsteuer?
Im kleinsten Land der Welt, Vatikanstadt, muss keine Mehrwertsteuer bezahlt werden.
Überdies gibt es keine Mehrwertsteuer in den britischen Überseegebieten – und durchweg Steueroasen: Bermuda, Cayman Islands, Turks- und Caicosinseln sowie den Britischen Jungferninseln.