Egal ob Streit mit der Versicherung, Ansprüche gegen eine Fluggesellschaft, bei Mängeln nach dem Autokauf oder Streit mit dem Energieversorger – für fast alle Rechtsbereiche gibt es mittlerweile Schlichtungsstellen. Und in manchen Branchen ist die Möglichkeit einer Schlichtung sogar gesetzlich vorgeschrieben.
Wann kann ich eine Schlichtungsstelle anrufen?
Eine Schlichtungsstelle können Verbraucher immer dann anrufen, wenn es Streit mit einem Unternehmen gibt, das seinen Sitz in der EU, in Island, Liechtenstein oder Norwegen hat und das an einem Schlichtungsverfahren teilnimmt.
In Deutschland sind Energieversorger und Paketdienstleister sogar verpflichtet, ein Schlichtungsverfahren anzubieten.
Wichtig ist, dass ich bereits selbst versucht habe, mit dem Unternehmen eine Lösung für das Problem zu finden, dass dieser Versuch aber gescheitert ist oder das Unternehmen auf meine Forderung nicht reagiert hat.
Wie läuft ein Schlichtungsverfahren ab?
Wenn ein Problem auftritt, sollte ich als Verbraucher das Unternehmen erstmal kontaktieren und probieren, mit dem Unternehmen gemeinsam eine Lösung zu finden.
Wenn das nicht klappt, kann man in die Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Unternehmens schauen, ob dort etwas zur Schlichtung steht, insbesondere ob das Unternehmen sich dazu bereit erklärt, an einem Schlichtungsverfahren teilzunehmen.
Wenn in den AGBs nichts steht oder sich das Unternehmen ausdrücklich zur Schlichtung bereit erklärt, kann man auf der Webseite der zuständigen Schlichtungsstelle einen Antrag auf Schlichtung stellen. Es gibt auf den Webseiten der Schlichtungsstellen in der Regel ein vorbereitetes Formular, das man nur noch ausfüllen muss. Dann holt die Schlichtungsstelle eine Stellungnahme beim Gegner ein, oder fragt auch nochmal bei dem Verbraucher nach, wenn noch Fragen offen sind.
Die Juristen von der Schlichtungsstelle prüfen anschließend die Rechtslage und machen einen Schlichtungsvorschlag, den sie an beide Seiten verschicken. Wenn sowohl der Verbraucher als auch das Unternehmen den Vorschlag annehmen, wird dieser für beide Seiten verbindlich.
Gibt es sogar Fälle, bei denen ich eine Schlichtungsstelle anrufen muss?
Ja, es gibt Fälle, in denen man gar nicht direkt zum Gericht kann, sondern erstmal versuchen muss, sich mit dem Gegner bei einer anerkannten Schlichtungsstelle zu einigen. Zum Beispiel bei Nachbarstreitigkeiten oder wenn es nicht um mehr als 750 Euro geht. Das gilt aber nur, wenn es in dem Bundesland eine entsprechende Regelung gibt. Da sollte man sich genau informieren. Aber man macht jedenfalls nichts falsch, wenn man sich zuerst an die Schlichtungsstelle wendet, bevor man seinen Anspruch vor Gericht einklagt.
Hemmt eine Schlichtung die Verjährung meiner Ansprüche?
Man braucht keine Angst zu haben, dass der Anspruch während des Schlichtungsverfahrens verjährt. Denn mit dem Schlichtungsantrag wird die Verjährung gestoppt. Erst sechs Monate nach dem Ende des Schlichtungsverfahrens läuft die Verjährung weiter.
Kostet eine Schlichtung etwas?
In Deutschland und in vielen anderen EU-Staaten sind die Verfahren vor den Schlichtungsstellen für den Verbraucher kostenlos. Man muss also weder die Schlichtungsstelle noch ein Gericht oder einen Anwalt bezahlen.
In manchen EU-Ländern wird aber eine Gebühr für das Schlichtungsverfahren erhoben, zum Beispiel in Italien und den Niederlanden. Dies ist aber in der Regel deutlich günstiger als die Kosten für ein Gerichtsverfahren.
Ist der Spruch einer Schlichtungsstelle bindend, oder kann ich trotzdem noch vor Gericht gehen?
Der Schlichtungsvorschlag ist nicht bindend. Wenn ich mit dem Schlichtungsvorschlag nicht einverstanden bin, kann ich immer noch vor Gericht ziehen. Allerdings sollte man sich das gut überlegen. Bei der Schlichtungsstelle sitzen Juristen und haben in der Regel aus einem Grund ihren Schlichtungsvorschlag unterbreitet. Man sollte sich die Begründung der Entscheidung genau anschauen. Wenn einem diese nicht schlüssig erscheint, kann man immer noch einen Anwalt einschalten.
Wo finde ich die zuständige Schlichtungsstelle?
Die richtige Schlichtungsstelle findet man auf der Webseite des Europäischen Verbraucherzentrums:
Das Europäische Verbraucherzentrum unterstützt Verbraucher auch dabei, die passende Schlichtungsstelle in Deutschland oder eine zuständige Schlichtungsstelle in einem anderen EU-Land zu finden. Auf der Webseite findet man außerdem nochmal eine detaillierte Anleitung mit Praxistipps zum Schlichtungsverfahren.
Was mache ich, wenn das Unternehmen nicht am Schlichtungsverfahren teilnimmt oder den Schlichtungsvorschlag ablehnt?
Wenn das Unternehmen bei einem Schlichtungsverfahren nicht mitmacht oder den Schlichtungsvorschlag ablehnt, können Verbraucher sich an die Verbraucherzentralen oder bei internationalen Streitigkeiten an das Zentrum für Europäischen Verbraucherschutz wenden. Diese beraten Verbraucher dann, welche anderen Möglichkeiten sie noch haben, um schnell und kostengünstig zu ihrem Recht zu kommen.