Folge 505

Auf verlorenem Posten: Die Schrankenwärter von der Lahn

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Autor/in
Bettina Bansbach
Bettina Bansbach

Streckenwärter sind kostengünstiger als der Bau aufwändiger Unterführungen und in der Regel zuverlässiger als Computer. Dennoch gehören sie zu einer aussterbenden Gattung von Berufen.

Viel passiert nicht in Miellen. Der beschauliche Ort an der Lahn zählt 500 Seelen und fünf Vereine, hat ein eigenes Wappen ... und einen Bahnübergang. Vielleicht den kuriosesten der Republik: Ein vier Quadratmeter großes Häuschen neben dem Gleis ist Deutschlands kleinster Schrankenposten – Arbeitsplatz für einige Menschen, deren Beruf längst ausgestorben sein müsste.

Die Handkurbel im Detail
Die Handkurbel im Detail

Stephan Löhr (32) und seine Kollegen gehören zu den letzten, die noch von Hand kurbeln. Mit Muskelkraft und Stahlseilwinde schließen und öffnen sie die Schranken - 66 mal am Tag.

Im 10-Minuten-Takt verweisen die Bahner die Bürger hinter ihre Schranken - dazwischen liegt ein Nichts: das Warten. Zerstreuungen wie Lesen, Radio oder Fernsehen sind strikt verboten, der Gang zur Toilette erfolgt nach telefonischer Abmeldung.

Knapp 70 solcher antiken Schrankenanlagen gibt es bundesweit noch. Der Film von Klaus Kastenholz portraitiert drei von ihnen entlang der Lahntal-Strecke: in Miellen, Friedrichssegen-Ost und Balduinstein.

Ein Gruß an den Zugführer
Ein Gruß an den Zugführer

Trotz Automatisierung in allen Bereichen der Bahn hat der Fortschritt die Kurbelmänner und -frauen gezielt übersehen. Denn im Moment rechnet sich der Personaleinsatz noch: Streckenwärter sind kostengünstiger als der Bau aufwändiger Unterführungen und in der Regel zuverlässiger als Computer.

Wir zeigen Einblicke in einen merkwürdigen Alltag. Zwischen gespannter Monotonie und dem nächsten Zug - und der Gewissheit, dass die Tristesse nicht ewig währt: ein Film über das Warten.

(ESD: 02.11.2003)

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Bettina Bansbach
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