Schon auf Fehmarn geht das Inselhopping los. In Puttgarden fährt der EC3 der Dänischen Staatsbahn, die sogenannte Gumminase, im Zweistundentakt auf die Fähre. Die platte Zugnase spart Platz und ist praktisch: Die luftgepolsterten Wülste dichten die gekoppelten Triebwagen ab, und der Führerstand kann weggeklappt werden.
Um mit dem Zug in nur sieben Minuten auf die andere Seite zu gelangen, wollen die Dänen den Fehmarnbelt untertunneln. Während die Deutschen zögern, Naturschützer Gegenargumente liefern und das Fährunternehmen alles tut, um den Tunnelbau zu verhindern, treffen die Dänen längst Vorbereitungen: Dort, wo bei Rødby auf Lolland der Tunnel rauskommen soll, suchen Archäologen den Boden nach Überbleibseln aus der Steinzeit ab.
Auf der Strecke Richtung Norden ist weiterhin Wasser im Weg: eine Klappbrücke aus den 60er Jahren verbindet die Inseln Lolland und Falster. Brückenwärter steuern die kombinierte Eisenbahn-Auto-Brücke von vor Ort. Vor allem vormittags wollen viele Segler passieren. Wenn es nicht schnell genug geht, kommt der Brückenwärter ins Schwitzen. Der Zug sollte niemals warten müssen.
Bei der Zugfahrt im Sommer 2018 erleben wir, was der Ausbau der Vogelfluglinie bringen wird. Die Verbindungsbrücke von Falster nach Seeland war im Baujahr 1937 mit ihren 3,2 km eine der längsten Europas. Bald soll sie abgerissen und eine neue Storstrømsbrücke gebaut werden. Hinter Ringsted ist die Eisenbahnstrecke bereits 4-spurig und elektrifiziert.
In Roskilde heißt es umsteigen. Im UNESCO-Weltkulturerbe-Dom sind die dänischen Könige beigesetzt, so auch König Christian VIII, der die erste Eisenbahnstrecke in Dänemark bauen ließ. Roskilde besitzt auch den ältesten Bahnhof Dänemarks und ist heute ein wichtiger Verkehrsknotenpunkt.
Um mit dem Zug an die dänische Riviera zu gelangen, muss man den Isefjord, der sich tief in die Insel Seeland einschneidet, umfahren. Die Wikinger nahmen früher dagegen den direkten Weg. Sie konnten mit ihren Schiffen aus dem Fjord wie aus einem natürlichen großen Hafen auf die Ostsee rausfahren. Im Hafen von Roskilde liegen Nachbauten von Wikingerschiffen.
Mit dem Regionaltog geht es weiter durch eine hügelige Landschaft mit Hünengräbern. Hier machen Zugvögel Pause auf ihrem Weg gen Norden. In Holbæk endet das Netz der Staatsbahn in diese Richtung. Der Lokaltog der Odsherreds Jernbane bringt einen dennoch weiter. Ohne diese Privatbahn wäre Odsherred, eine beliebte Ferienregion, nicht angebunden. Die Strecke führt durch den teilweise trockengelegten Lammefjord, mit 7 Metern unter dem Meeresspiegel der tiefgelegenste Punkt Dänemarks.
Endstation Nykøbing, endlich angekommen an der dänischen Riviera, mit kilometerlangem Sandstrand und einem idyllischen Hafen in Rørvig, von dem aus eine Fähre den Isefjord überquert. Auf der anderen Seite wartet wieder ein Zug, aber es ist Wasser dazwischen. So ist das eben in Dänemark.
Dänemark ohne Auto ist für deutsche Touristen eher unvorstellbar. Die meisten Urlauber fahren mit Sack und Pack zu ihren Ferienhäusern. Dass der Zug eine Alternative sein kann, ist nur wenigen bewusst. Vielleicht muss einem dafür auch dänisches Blut in den Adern fließen, wie bei Johannes Plockross, den wir auf seiner turbulenten Reise im heißen Sommer 2018 begleitet haben. Der Augsburger mit dänischen Wurzeln fährt zweimal im Jahr in sein Haus nach Rørvig – und zwar seit Jahrzehnten aus Überzeugung mit dem Zug.
(ESD: 01.03.2019)