Wir begeben uns mit der Eisenbahn auf Spurensuche und versuchen, diesen deutschen Mythos zu "erfahren". Das Mittelrheintal war das erste bedeutende touristische Ziel Deutschlands. Die Eisenbahnstrecken beiderseits des Rheins gelten als landschaftlich schönste Deutschlands und führen durch ein UNESCO-Weltkulturerbe. Das Mittelrheintal ist nicht nur das romantische Aushängeschild Deutschlands, es ist seit jeher auch eine der wichtigsten Verkehrsadern: zu Wasser, zu Straße und auf der Schiene.
Vor allem Künstler und Literaten suchten in der Zeit der beginnenden Industrialisierung das Unverfälschte und Ursprüngliche der Natur. Erste Spuren dieser beginnenden romantischen Verklärung finden sich schon bei Johann Wolfgang von Goethe, Friedrich Hölderlin und Heinrich von Kleist. Doch erst die Beschreibung Friedrich Schlegels von seiner Rheinreise 1802 löste den frühen Rheintourismus aus. Der Rhein als Symbol eines vereinigten Deutschlands. Hoch über Rüdesheim erstrahlt die Germania als Symbol der Einigung des Deutschen Reiches 1871 nach dem deutsch-französischen Krieg. Der Rhein war immer schon wichtig für die Deutsche Geschichte und für die Sagen – und Märchenwelt der Rheinromantik.
So war Richard Wagners Oper Rheingold Namensgeber für einen Luxuszug der Reichsbahn, der ab 1928 von Holland kommend hauptsächlich reiche Engländer den Rhein entlang in die Schweiz brachte. Einst kamen die Touristen, um die wildromantische Landschaft mit all ihren Burgen und Schlössern zu besuchen. Sie kamen wegen der Natur und der Ruhe. Doch mit den Dampfschiffen und der Eisenbahn wurden es immer mehr. Heute besucht im Sommer ein Strom von Touristen den deutschen Strom, Rheinromantik sieht anders aus.
Wer heute das Mittelrheintal mit dem Zug bereist, wird bitter enttäuscht, wenn er nach den Blicken der Rheinromantiker sucht, Vorstellung und Wirklichkeit haben sich hier weit voneinander entfernt. Wir machen uns auf die Suche nach dem Gebliebenen…
(ESD: 06.01.2018)