Folge 971 XL

Mit dem Zug entlang der Côte Bleue

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Autor/in
Alexander Schweitzer
Alexander Schweitzer

Der schnellste Weg mit der Bahn von Paris an die Côte d’Azur verläuft über Lyon und Marseille. Wer etwas mehr Zeit hat und einen nicht so bekannten, aber mindestens genauso schönen Küstenabschnitt entdecken möchte, steigt 50 Kilometer vor Marseille in Miramas um in den Train de la Côte Bleue. Dieser Zug fährt auf einer der schönsten Panoramastrecken Südfrankreichs, 60 Kilometer größtenteils entlang der Mittelmeerküste mit herrlichen Sandstränden, lauschigen Felsbuchten und glasklaren Flüsschen. Die Côte Bleue ist weniger bekannt als ihre große Schwester Côte d’Azur, dafür aber längst nicht so überlaufen. Es bietet sich eine Kombination aus Zugfahrt und Wanderung auf dem Küstenweg an. Wir kommen an Orte ohne Straße, wo uns nur die Füße oder die Bahn hinbringen.

Wir verlassen das Eisenbahnerstädtchen Miramas in Richtung Süden und fahren bald über eine einmalige Eisenbahnbrücke, die den Canal de Caronte überspannt. Bei Bedarf öffnet sich einmal am Tag die Drehbrücke, damit große Frachtschiffe den Kanal passieren können. Danach beginnt der wohl landschaftlich schönste Abschnitt der Ligne de la Côte Bleue.


Unsere nächste Station heißt Carry-le-Rouet. Einst ein abgelegenes Fischernest war der Ort nach dem Bau der Bahnlinie ab 1915 gut an Marseille angebunden. Heute gilt Carry-le-Rouet als wichtigster Badeort der Côte Bleue. Schon der französische Schauspieler und Sänger Fernandel war von Carry-le-Rouet so angetan, dass er sich hier nach dem Zweiten Weltkrieg eine Villa über dem Hafen bauen ließ.
Weiter führt die Reise über das Viaduc in Méjean. Direkt darunter essen wir im Restaurant „Le Mange-Tout“ Mittag. Hier gibt es leckere „Friture“, kleine Fische, die am Stück gegessen werden.
In Niolon beobachten wir einen Tauchkurs der UCPA, einer Vereinigung für Sport im Freien. Ihr Ziel ist, dass auch junge Menschen mit kleinem Geldbeutel den Tauchsport lernen und soziale Kontakte herstellen können. Die Schönheit unter Wasser ist an der Côte Bleue unvergleichlich.
Wir besuchen auch das ehemalige Künstlerdorf L’Estaque mit seinen ineinander verschachtelten Häuschen. Der Ort wurde von Georges Braque, Paul Cézanne, Raoul Dufy und vielen anderen Künstlern besucht und hat sie inspiriert. Braques Gemälde Häuser in L’Estaque (1908), rief erstmals den Begriff des Kubismus hervor.


Wir erreichen den Bahnhof Marseille Saint-Charles. Knapp 20 Millionen Menschen jährlich steigen hier ein und aus, und man sollte Marseille wirklich mit der Bahn besuchen. Schon 1931 schrieben Klaus und Erika Mann in ihrem "Buch von der Riviera" über Marseille: "Die Einfahrt mit dem Wagen trägt einen leicht katastrophalen Charakter. [...] Wenn es sich trifft, dass Sie zwischen fünf und sieben Uhr abends ankommen, ist es besonders teuflisch." Die Blaue Stunde an der Côte Bleue war eben schon damals sehr beliebt. Daran hat sich bis heute nichts geändert.

(ESD arte: 22.05.2019)

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Alexander Schweitzer
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