Bereits der Faschingssonntag versprach Dampfgenuss, wie er im Buche steht, auch wenn das Thermometer am Morgen wenig Initiative zeigte, um die minus-20-Grad-Marke zu überwinden. Bitterkalt, und dennoch traumhaft, das waren die Bedingungen, die uns vier Tage lang begleiten sollten.
Die Reise brachte uns von Graz mit Dampf nach Weiz. Dort warteten auf uns zwei Dampflokomotiven und sieben Wagen der Feistritz-Talbahn, die erstmalig im Winter entmottet und für eine Dampffahrt bereit gemacht wurden. Die Feistritztalbahn zwischen Weiz und Birkfeld kann auf eine wechselvolle Geschichte zurückblicken: Eingeweiht wurde die 24 Kilometer lange Bahnlinie im Dezember 1911.
Damals wartete man im Tal ungeduldig auf die Ankunft des ersten Zuges. Vor allem die ansässige Wirtschaft war froh, dass ihre Produkte nicht mehr von langsamen Fuhr-werken über unwegsame Wegstrecken transportiert werden mussten. Später wurde die Bahn noch bis Ratten verlängert. Kohlen- und Holztransporte und der Personenverkehr schafften der Bahn ein gutes Auskommen.
Die Feistritztalbahn, mit der bosnischen Spurweite von 760 Millimetern ausgestattet, war die einzige Privatbahn, die ohne staatlichen Zuschuß gebaut worden ist. Sie besticht durch zahlreiche Kunstbauten. Drei Tunnel, zahlreiche Brücken und Viadukte, von denen der Grubviadukt mit seinen 22 Höhenmetern und 276 Metern Länge herausragt. Ganz aus Beton gefertigt handelt es sich um die ersten Bauwerke dieser Art in der Steiermark.
Ab 1960 ging es mit der Bahn bergab. Der Kohlebergbau in Ratten wurde geschlossen. Damit fiel der Hauptkunde weg. Außerdem zogen es mehr und mehr Fahrgäste vor, mit dem PKW zu fahren. Streckenstillegungen waren die Folge, später auch die Einstellung des Personen-Verkehrs. Allein der Transport von Talkum zwischen Oberfeistritz und Weiz ist bis heute erhalten geblieben.
Die 1999 neugegründete Feistritztalbahn-Betriebs-Gesellschaft hat von Weiz nach Birkfeld den Personen-Verkehr wiederbelebt. Zwei Dampflokomotiven machen die Fahrt zu einem wahren Genuss. In den Sommer-Monaten sind die Dampf-Rösser mittwochs und an den Wochenenden im Einsatz. Es ist zu wünschen, dass die engagierten Museumsbahner diese sehenswerte Bahnlinie noch lange am Leben erhalten können.
Anders als auf der Feistritz-Talbahn ist die Murtalbahn auf den 64 Kilometern von Unzmarkt nach Tamsweg täglich mit Personen- und Güterzügen unterwegs. Moderne Triebwagen und Dieselloks verrichten die Arbeit. Dampfloks sind nur vor Museumszügen zu bewundern, aber diese verkehren regelmäßig im Sommer. Deren besondere Kennzeichen sind die grünen Räder und Treibstangen.
Nach nur 316 Tagen Bauzeit konnte im Oktober 1894 der erste Zug auf die Strecke gehen, die damals noch 76 Kilometer lang war und bis Mauterndorf führte. 1980 hat die Steiermärkische Landes-Bahn diesen Abschnitt aufgegeben. Er wird heute von Eisenbahnfreunden betreut, die in der Zukunft dort auch wieder mit Dampf fahren möchten.
Die Murtalbahn hatte im Laufe ihres Bestehens unter-schiedliche Besitzer. Von den k&k Österreichischen Staats-Bahnen über die Murtalbahn Unzmarkt-Mauterndorf AG bis hin zur Steiermärkische Landesbahn. Und auch unter-schiedliche Fahrzeuge bis hin zum Austro-Daimler-Benzin-Triebwagen in den 30er Jahren, denen aber keine große Zukunft beschieden war. Auch die Zukunft der Murtalbahn war nicht immer rosig.
Es gab Überlegungen, in den Zeiten der größten Auto-Gläubigkeit, den Personen-Verkehr auf Busse und somit auf die Straße zu verlagern. Zum Glück gewannen die Bahnbefürworter. Da auch gleich Nägel mit Köpfen gemacht wurden, sprich ein schlüssiges Verkehrskonzept auf den Tisch kam und daraufhin neue Triebwagen angeschafft wurden, nahm der Personenverkehr auf der Schiene einen ungeahnten Aufschwung. Über 430.000 Personen sind pro Jahr auf der Murtalbahn unterwegs.
Zwischen Graz und Köflach nutzen noch viel mehr Fahrgäste die Bahn. Weit mehr, als eine Million. Und noch etwas Hervorstechendes hat diese Eisenbahn zu bieten: Eine europäische Rekord-Halterin. Sie hört auf den Namen 671 und es handelt sich dabei um eine Dampf-Lokomotive. Die dienstälteste ihrer Art in Europa, die ununterbrochen im Einsatz ist. 1860 begann sie ihren Dienst und so wie es aussieht, wird sie noch viele Jahre die Bahnfreunde aus nah und fern durch ihren Einsatz begeistern.
Immerhin befindet sich Lok 671 im Status eines nationalen Denkmals. Mit einer Geschwindigkeit vom max. 45 Stundenkilometern zog "das Juwel der Technik-Geschichte", wie ein Fan ehrfurchtsvoll aber treffend die dreiachsige Lok mit ihrem riesigen Schornstein bezeichnete, durch die verschneite Landschaft. Eine großartige Lok, ein toller Anblick, kurz, lebendig gebliebene Bahngeschichte.
Am Nachmittag stand der Stainzer Flascherlzug auf dem Besuchsprogramm. Die Bahn, die einstmals der Steiermärkischen Landes-Bahn gehörte, die sich aber vor gut einem Jahrzehnt von dem 20 Kilometer langen Schmalspurbähnchen getrennt hat, befindet sich im Besitz der Gemeinde Stainz. Diese betreibt die Bahn in Eigenregie. Beim Kosenamen des Zuges darf man freilich nicht auf falsche Gedanken kommen.
Es handelt sich keineswegs um einen "Saufzug". Der Name des Zuges stammt aus der Zeit, als Ende des 19. Jahrhunderts in einem kleinen Ort an der Strecke der Wunderdoktor "Höllerhansl" praktizierte. Er stand in dem Ruf, aus dem Urin verschiedene Krankheiten feststellen zu können. So reisten viele Leute mit der Schmalspurbahn Preding - Wieselsdorf - Stainz an, hatten im Handgepäck ein Flascherl mit Urin und suchten den Höllerhansl auf. Von damals kommt also die Bezeichnung "Flascherlzug".
Eines solch markanten Kosenamens kann sich die Schmalspurbahn zwischen Mixnitz-Bärenschützklamm und St. Erhard nicht rühmen. Dafür sind dort noch E-Loks im Einsatz, sie zu den ältesten der Welt gehören. Lok 1 und 2 stammen immerhin aus dem Jahr 1914 und sind immer noch Tag für Tag im Einsatz. Diese schmalspurige Nebenbahn, die im Bahnhof Mixnitz-Bärenschützklamm an die Südbahn anschließt, dient vor allem der Magnesitbeförderung des Werkes Breitenau der Veitsch-Radex GmbH & Co, in dessen Besitz sie sich auch befindet. Die Betriebsführung erfolgt durch die Steiermärkischen Landesbahnen.
Es war ein bitterkalter Aschermittwochmorgen, als wir auf den GmP auf seinem 760 Milimeter breiten Gleis warteten. Der Personen-Verkehr auf dieser Strecke wurde bereits 1960 eingestellt. Bei unserer Fahrt waren zwei Personenwagen im Einsatz, wobei einer davon erst in der Nacht vor unserem Besuch fertig geworden ist. Für eine kurze Reise von 10 Kilometern, aber mit doppeltem Vergnügen, denn wir waren wegen der knappen Plätze in den Personenwagen in mehrere Gruppen aufgeteilt worden, die entweder im Zug oder im parallel fahrenden Fotobus ihren Platz fanden.
Da auch die Sonne nach dem Überwinden einiger Berg-Kämme ins Tal der Mixnitz hinein lächelte, war eine traumhafte Fotoausbeute garantiert.
Die Ausbeute mit vier Schmalspurbahnen in vier Tagen, verbunden mit dem Besuch einer betagten, aber überaus rüstigen Dampfdame, muss als großartig bezeichnet werden. Überhaupt war unsere Winterdampffahrt in die Steiermark von Anfang bis Ende ein Hochgenuss.
(ESD: 13.03.2005)