Folge 966 XL

Trambahnen und Schmugglerzüge in Äthiopien

Stand
Autor/in
Rüdiger Lorenz

Äthiopien ist anders. Es gibt noch die Armut, aber Äthiopien hat gleichzeitig mit das höchste Wirtschaftswachstum in Afrika.

Karl Heinz Böhm war gestern, das Heute bestimmen die Äthiopier selbst, und die Chinesen. Die haben das Potential erkannt, das in diesem bevölkerungsreichen Land (100 Mill. Einwohner) steckt. Während Europa seine Chance verschläft, arbeiten Chinesen und auch Türken an gigantischen Infrastrukturmaßnahmen, vor allem auf dem Bahnsektor.

Das Eisenbahn-Romantik Team war vier Wochen in diesem gegensätzlichen Land unterwegs: Zwischen dem Stadtstaat Djibouti am Golf von Aden und der auf 2400 Meter Höhe gelegenen Hauptstadt Addis Abeba, auf der modernsten Bahnlinie Afrikas, 800 Km voll elektrifiziert. Mit Schmugglern im letzten Zug der alten Kaiserlichen Bahn von Dire Dawa durch die Wüste an die Grenze Richtung Norden und mit der Straßenbahn von Kaliti bis Menelik II.

Eine Alstom Diesellokomotive Baujahr 1971.
Eine Alstom Diesellokomotive Baujahr 1971. Bild in Detailansicht öffnen
Der Schmugglerzug Richtung Grenze.
Der Schmugglerzug Richtung Grenze. Bild in Detailansicht öffnen
Die 100 Jahre alte Awash-Brücke, längst fährt hier kein Zug mehr.
Die 100 Jahre alte Awash-Brücke, längst fährt hier kein Zug mehr. Bild in Detailansicht öffnen
Der neue chinesische Expresszug nach Djibouti.
Der neue chinesische Expresszug nach Djibouti. Bild in Detailansicht öffnen
Bereits beim Bahnbau vor hundert Jahren waren die Schwellen wegen der Termiten aus Metall.
Bereits beim Bahnbau vor hundert Jahren waren die Schwellen wegen der Termiten aus Metall. Bild in Detailansicht öffnen
Die alte Strecke wurde vom Wasser teilweise weggerissen.
Die alte Strecke wurde vom Wasser teilweise weggerissen. Bild in Detailansicht öffnen
Addis Abeba ist eine junge Stadt. Mehr als die Hälfte der Bevölkerung ist unter zwanzig.
Addis Abeba ist eine junge Stadt. Mehr als die Hälfte der Bevölkerung ist unter zwanzig. Bild in Detailansicht öffnen
Addis hat ein modernes Nahverkehrssystem
Addis hat ein modernes Nahverkehrssystem. Bild in Detailansicht öffnen
Der neue Hauptstadtbahnhof, eine Stunde Fahrt außerhalb der Stadt.
Der neue Hauptstadtbahnhof, eine Stunde Fahrt außerhalb der Stadt. Bild in Detailansicht öffnen
Beim Fahrkartenkauf erleben wir eine Überraschung: der nächste Zug fährt erst in einer Woche.
Beim Fahrkartenkauf erleben wir eine Überraschung: der nächste Zug fährt erst in einer Woche. Bild in Detailansicht öffnen
Ein moderner Autotransportzug im Bahnhof von Addis.
Ein moderner Autotransportzug im Bahnhof von Addis. Bild in Detailansicht öffnen
Nicht alle Fahrgäste finden die Werbung an den Straßenbahnhaltestellen gut.
Nicht alle Fahrgäste finden die Werbung an den Straßenbahnhaltestellen gut. Bild in Detailansicht öffnen
Angehende Straßenbahner lernen den Umgang mit der Mittelkupplung.
Angehende Straßenbahner lernen den Umgang mit der Mittelkupplung. Bild in Detailansicht öffnen
Eine Straßenbahn mit Namen Leipzig, der Partnerstadt von Addis.
Eine Straßenbahn mit Namen Leipzig, der Partnerstadt von Addis. Bild in Detailansicht öffnen
Die Leitstelle der Trambahn ist in der Hand junger Computerfreaks.
Die Leitstelle der Trambahn ist in der Hand junger Computerfreaks. Bild in Detailansicht öffnen
Auf der Anzeigetafel die 'Leipzig' am Meskelsquare.
Auf der Anzeigetafel die 'Leipzig' am Meskelsquare. Bild in Detailansicht öffnen
Am 'Löwen von Juda' gleich gegenüber des alten Bahnhofs sollte man unbedingt einen Kaffee trinken.
Am 'Löwen von Juda' gleich gegenüber des alten Bahnhofs sollte man unbedingt einen Kaffee trinken. Bild in Detailansicht öffnen
Der alte Hauptbahnhof von Addis.
Der alte Hauptbahnhof von Addis. Bild in Detailansicht öffnen
Der Salonwagen des Kaisers ist in bestem Zustand: der Konferenzraum.
Der Salonwagen des Kaisers ist in bestem Zustand: der Konferenzraum. Bild in Detailansicht öffnen
Im Morgenlicht fährt ein Trambahnzug der Blauen Linie in die Station ein.
Im Morgenlicht fährt ein Trambahnzug der Blauen Linie in die Station ein. Bild in Detailansicht öffnen
Mit 70 kmh überholt die Tram jeden Stau.
Mit 70 km/h überholt die Tram jeden Stau. Bild in Detailansicht öffnen
40 Prozent der Mitarbeiterinnen bei der Tram sind Frauen.
40 Prozent der Mitarbeiterinnen bei der Tram sind Frauen. Bild in Detailansicht öffnen
Zwei Fußballerinnen nutzen das neue Verkehrsmittel.
Zwei Fußballerinnen nutzen das neue Verkehrsmittel. Bild in Detailansicht öffnen
Die neue Awash-Brücke mit einem Containerzug.
Die neue Awash-Brücke mit einem Containerzug. Bild in Detailansicht öffnen
Jeder Zug bringt 150 Container aus dem 800 Km entfernten Hafen in die Hauptstadt.
Jeder Zug bringt 150 Container aus dem 800 Km entfernten Hafen in die Hauptstadt. Bild in Detailansicht öffnen
Bahnbetriebswerk 'Diredawa' , der einzige Ort, an dem noch einmal die Woche ein Zug auf den alten Gleisen Richtung Djibouti fährt.
Bahnbetriebswerk 'Diredawa' , der einzige Ort, an dem noch einmal die Woche ein Zug auf den alten Gleisen Richtung Djibouti fährt. Bild in Detailansicht öffnen
Um vom alten Bahnhof 'Matahara' zum neuen zu kommen müssten die Kinder mehrere Kilometer aus dem Ort rauslaufen.
Um vom alten Bahnhof 'Matahara' zum neuen zu kommen müssten die Kinder mehrere Kilometer aus dem Ort rauslaufen. Bild in Detailansicht öffnen
Manchmal verschwinden die Geleise einfach im üppigen Grün.
Manchmal verschwinden die Geleise einfach im üppigen Grün. Der Letzte Zug war hier vor 10 Jahren unterwegs. Bild in Detailansicht öffnen
Die Alstom Diesellokomotiven im Betriebswerk Diredawa sind aus den 50er und 60er Jahren.
Die Alstom Diesellokomotiven im Betriebswerk Diredawa sind aus den 50er und 60er Jahren. Bild in Detailansicht öffnen
Ein Triebwagen aus den 50er Jahren hat als Teil des BahnCafes überlebt.
Ein Triebwagen aus den 50er Jahren hat als Teil des BahnCafes überlebt. Bild in Detailansicht öffnen
Die technische Ausstattung im Betriebswerk 'Diredawa' ist nicht schlecht, was fehlt sind Ersatzteile.
Die technische Ausstattung im Betriebswerk 'Diredawa' ist nicht schlecht, was fehlt sind Ersatzteile. Bild in Detailansicht öffnen
Die Mechaniker in der Betriebswerkstätte in Diredawa sind in der Lage komplette Motoren zu reparieren.
Die Mechaniker in der Betriebswerkstätte in Diredawa sind in der Lage komplette Motoren zu reparieren. Bild in Detailansicht öffnen
Wandbild einer Lok von 1902 in einem Bahnbüro.
Wandbild einer Lok von 1902 in einem Bahnbüro. Bild in Detailansicht öffnen
Die Alstom-Lok vor dem Zug zur Grenze ist abfahrtbereit.
Die Alstom-Lok vor dem Zug zur Grenze ist abfahrtbereit. Bild in Detailansicht öffnen
Die Fahrgäste machen es sich bequem, die Fahrt wird bis in die Nacht gehen.
Die Fahrgäste machen es sich bequem, die Fahrt wird bis in die Nacht gehen. Bild in Detailansicht öffnen
Er tauscht Obst, Gemüse und Kat gegen Nudeln, Zucker, Speiseöl.
Er tauscht Obst, Gemüse und Kat gegen Nudeln, Zucker, Speiseöl. Bild in Detailansicht öffnen
Lokführer im Schmugglerzug beim Anfahren.
Lokführer im Schmugglerzug beim Anfahren. Bild in Detailansicht öffnen
Die Schmugglerinnen freuen sich schon auf gute Geschäfte.
Die Schmugglerinnen freuen sich schon auf gute Geschäfte. Bild in Detailansicht öffnen
Der Zug an die Grenze wird bis in die Nacht unterwegs sein.
Der Zug an die Grenze wird bis in die Nacht unterwegs sein. Bild in Detailansicht öffnen
Im neuen Zug helfen Stewardessen den Fahrgästen beim Einstieg.
Im neuen Zug helfen Stewardessen den Fahrgästen beim Einstieg. Bild in Detailansicht öffnen
Die Fahrgäste sind sehr unterschiedlich, locker entspannt oder auch streng verschleiert.
Die Fahrgäste sind sehr unterschiedlich, locker entspannt oder auch streng verschleiert. Bild in Detailansicht öffnen
Er meint die Züge seien gut, aber viel zu langsam, wenn er da an Deutschland denke . . .
Er meint die Züge seien gut, aber viel zu langsam, wenn er da an Deutschland denke . . . Bild in Detailansicht öffnen
Es gibt sogar Ruheabteile für die acht Stunden Fahrt.
Es gibt sogar Ruheabteile für die acht Stunden Fahrt. Bild in Detailansicht öffnen
Jeder findet seinen Platz, auch die streng Verschleierte.
Jeder findet seinen Platz. Bild in Detailansicht öffnen
Acht Stunden braucht der Zug von Addis nach Djibouti, fahrplanmäßig.
Acht Stunden braucht der Zug von Addis nach Djibouti, fahrplanmäßig. Bild in Detailansicht öffnen
Die Lokführer sind noch Chinesen.
Die Lokführer sind noch Chinesen. Bild in Detailansicht öffnen
Am Containerbahnhof in Djibouti.
Am Containerbahnhof in Djibouti. Bild in Detailansicht öffnen
Die chinesischen Elektrolokomotiven fahren vor Containergüterzügen grundsätzlich in Doppeltraktion.
Die chinesischen Elektrolokomotiven fahren vor Containergüterzügen grundsätzlich in Doppeltraktion. Bild in Detailansicht öffnen
Die Elektrolokomotiven für Personenzüge erkennt man an der grünen Schürze.
Die Elektrolokomotiven für Personenzüge erkennt man an der grünen Schürze. Bild in Detailansicht öffnen

Öffentlicher Nahverkehr in Afrika ein Novum. Die Fünf Millionen-Metropole Addis leidet unter unvorstellbarem Smog. Eine erste Konsequenz, zwei Trambahnlinien. Sie sind ideal um die Stadt zu erkunden: Die Kathedrale, das Nationalmuseum mit einem der ältesten menschlichen Skelette, ‚Fin Fin‘ ein traditionelles Lokal und natürlich das Eisenbahnmuseum mit dem Hofzug von Kaiser Haile Selassie. Bei Gesprächen mit Fahrgästen und mit einer Trambahnfahrerin kommt die Begeisterung für das neue Verkehrsmittel rüber.

Nach einer Woche endlich die Reise mit dem modernen Schnellzug, fahrplanmäßig täglich, war er vorübergehend für Flüchtlingstransporte von der somalischen Grenze her eingesetzt. Im Gegensatz zur Tram läuft die Eisenbahn noch überwiegend unter chinesischer Regie. In der Leitzentrale, im Führerstand, selbst der Oberschaffner, alles Chinesen. Wir stellen fest, dass vor dem Personenverkehr der Gütertransport Vorrang hat. Jeden Tag verlassen Züge mit 150 und mehr Containern den Hafen von Djibouti Richtung Addis. Keine der Straßen durchs Gebirge könnte den stetig wachsenden Warenfluss bewältigen.

Der Schmugglerzug fährt einmal die Woche. Die Existenz der meisten Passagiere hängt von ihm ab: Der Zug ist wie ein Teil meiner Familie. Er versorgt uns wie eine Mutter. Er bringt Nudeln, Salz, Makkaroni, Speiseöl, dafür bringe ich Obst, Kartoffeln und Kat nach Djibouti. Die Diesellok, die die klapprigen Wagons durch die Wüste schleppt ist eine französische Alsthom aus den 70er Jahren. Für die Ingenieure im Betriebswerk Dire Dawa ist es eine Herausforderung die Maschinen am Laufen zu halten. Für Ersatzteile fehlt das Geld, alles fließt in die neue Bahn. Die alte Strecke, die vor über hundert Jahren von Kaiser Menelik II gebaut wurde und die mit ihren vielen Stationen ganz nah an den Menschen war, hat keine Zukunft.

(ESD 3sat: 01.11.2019)

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Rüdiger Lorenz