Zahnpasta zählt zur Gruppe der Kosmetika. Und die werden eigentlich nicht gegessen. Kleine Kinder, die ihre ersten Zähnchen bekommen, müssen aber erst lernen, Zahnpasta wieder auszuspucken. Gerade am Anfang verschlucken sie sehr viel davon. Bei einem Test fand die Zeitschrift ÖkoTest in fünf Baby- und Kinderzahncremes Titandioxid. Die Tester halten dies für unverantwortlich, da nicht auszuschließen sei, dass der Stoff erbgutschädigend sein könnte.
Zahncreme-Inhalt vorm Kaufen kontrollieren
SWR-Umweltredakteur Ingo Fischer rät Eltern deshalb, sich beim Kauf von Zahncreme die Liste der Inhaltsstoffe auf der Verpackung einmal genau durchzulesen. Titandioxid steht meist in englischer Schreibweise "titanium dioxide" im Kleingedruckten, wenn es in der Zahnpasta enthalten ist. Es versteckt sich jedoch auch hinter den Kennzeichnungen E171 und CI 77891.
Tipp: Mütter und Väter sollten ebenso die Finger von Zahncremes lassen, die Malto-Dextrin enthalten. Dieser Stoff verursacht Karies.
Kein Titandioxid mehr in Lebensmitteln
Was ist Titandioxid?
Wo ist Titandioxid zu finden?
Nanopartikel besonders bedenklich
Was macht Titandioxid im Körper?
Nicht nur der Darm ist betroffen
Tipps, wie Sie Titandioxid erkennen
Kein Titandioxid mehr in Lebensmitteln
Seit August 2022 ist Titandioxid als Zusatzstoff in Lebensmitteln (E171) in der EU verboten. Grund ist, dass der Stoff im Verdacht steht, Krebs zu erregen. Verbraucherschützer betrachten das neue Gesetz als Durchbruch: Die Lobby-Expertin Vicky Cann erklärt, die Titandioxid-Lobby habe seit Jahren versucht, ein Verbot zu verhindern.
Vor allem Deutschland mit seiner großen Chemie-Industrie könne sich dem Einfluss der Lobbyisten häufig nur schwer entziehen.
Was ist Titandioxid?
Titandioxid ist ein echter Alleskönner für die Industrie. Dabei handelt es sich um eine anorganische Verbindung, die sowohl als weißes Farbpigment, als auch als Trägerstoff für andere Farbpigmente bei einer Vielzahl unterschiedlicher Produkte Verwendung findet. Es ist das weißeste und hellste Farbpigment, das sich nicht nur durch seine aufhellenden Eigenschaften sowie eine hohe Leucht- und Deckkraft auszeichnet. Es hat auch reflektierende Eigenschaften und kann dadurch UV-Strahlen streuen, aber auch absorbieren.
Nanopartikel besonders bedenklich
2021 hat die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) ihre Einschätzung zu Titandioxid in Lebensmitteln geändert. Sie hält die Verwendung seitdem in Lebensmitteln nicht mehr für sicher, kann nicht ausschließen, dass der Stoff erbgutschädigend ist. Besonders, wenn er als Nanopartikel eingesetzt wird. Im Lebensmittelbereich durften bei Titandioxid bislang bis zu 50 Prozent der Körnchen als Nanopartikel vorliegen, während es für den Pharmabereich einen Spielraum von ein bis drei Prozent gibt. Die Nanopartikel sind dabei etwa so groß wie Viren.
Die Auswirkungen der Nanopartikel auf Mensch und Umwelt sind vielfach noch völlig unklar. Sie können sowohl über die Nahrung als auch über die Haut oder die Atemwege in den Körper gelangen. Fest steht, "[Nanopartikel] können zum Teil in Zellen eindringen. Sie können zum Teil auch die Blut-Hirn-Schranke und die Plazentaschranke überwinden. Das sind alles Probleme, die man im Hinterkopf haben muss", erklärt Rolf Buschmann, Umweltexperte beim BUND.
Was macht Titandioxid im Körper?
In der Schweiz forscht Professor Gerhard Rogler am Universitätsspital Zürich schon seit Jahrzehnten, was Titandioxid im Körper anrichten kann. Er warnt schon lange vor dem Stoff.
Mit Hilfe eines Elektronenmikroskops lasse sich gut nachweisen, dass Titandioxid die Zellmembran durchdringe und sich in der Zelle anhäufe, erklärt Rogler. Im Darm können die Nanopartikel Entzündungen auslösen, so der Experte. "Und chronische Entzündung, das wissen wir von anderen Erkrankungen, löst im Darm mit der Zeit durchaus Krebsvorstufen aus - weil immer wieder neue Zellen entstehen müssen, immer wieder Wunden abheilen müssen."
Er meint: Der Farbstoff hätte schon längst verboten werden müssen - vor allem in Lebensmitteln, aber auch in anderen Produkten, über die wir den Stoff aufnehmen können.
Nicht nur der Darm ist betroffen
So kann Titandioxid auch eingeatmet werden, beispielsweise wenn Lacke oder Sonnencremes aufgesprüht werden oder wenn der Stoff durch Abrieb in die Luft gelangt. In solchen Fällen wird Titandioxid von der europäischen Chemikalienbehörde (ECHA) als "vermutlich krebserregend" eingestuft. Im Februar 2020 hat die EU-Kommission daraufhin Titandioxid als Gefahrenstoff mit dem Zusatz "vermutlich krebserzeugend bei Inhalation" eingestuft.
Sicherlich kann man auf Sprühlacke oder Sonnencreme-Sprays leicht verzichten. Problematisch kann allerdings das Einatmen der Kleinstpartikel im Straßenverkehr sein, etwa durch den Abrieb der Reifen. Denn auch beim Straßenbau werden Titandioxid-Körnchen mittlerweile häufig in den Beton von Fahrbahndecken eingewalzt. So auch am Stuttgarter Neckartor, wo Titandioxid zum Einsatz kam, um Schadstoffe zu reduzieren. Hierbei sollte es in Verbindung mit Sonnenlicht Stickstoffdioxid zu wasserlöslichem Nitrat umwandeln, das dann wiederum vom Regen weggespült wird.
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Tipps, wie Sie Titandioxid erkennen
- Überprüfen Sie die Inhaltsstoffe und Beipackzettel Ihrer Lebensmittel, Arzneimittel, Nahrungsergänzungsmittel, Süßigkeiten und Kosmetika auf Titandioxid, E171 oder CI 77891.
- Ersetzen Sie gegebenenfalls jene Produkte, die Titandioxid enthalten, durch unbedenkliche Alternativen.
- Fragen Sie zudem Ihren Arzt, ob er Ihnen Arzneimittel oder Präparate ohne Titandioxid verschreiben kann.