43.000 Tonnen Pyrotechnik haben die Deutschen laut Umweltbundesamt (UBA) zum Jahreswechsel 2019 - vor der Pandemie - gekauft. An Neujahr bleibt von Raketen, Knaller und Co dann jede Menge Müll, kritisiert die deutsche Umwelthilfe (DUH): "Ein großer Teil landet auf Grünflächen und in Gewässern, wo er kaum eingesammelt werden kann."
Silvesterfeuerwerk ökologisch: noch in Umstellung
Hersteller von Feuerwerkskörpern reagieren auf die Kritik: Kompostierbares Feuerwerk soll für ein nachhaltiges Silvester sorgen. "Für die ökologische Verbesserung von Feuerwerksprodukten brauchen wir Zeit", sagt Oliver Gerstmeier, Pressesprecher von Weko Feuerwerk.
Bereits seit 2021 verzichtet das Unternehmen bei der Produktion von Feuerwerkskörpern überwiegend auf Plastik. Das betrifft Spitzkappen von Raketen, Standfüße von Feuerwerksfontänen und die Abdeckungen für Zündschnur. "Alles, was Plastik ist, wird zu Papier und Pappe. Wir überarbeiten auch unsere Verpackungen. Statt des durchsichtigen PVC-Deckels bei der Umverpackung nutzen wir Faltschachteln aus umweltfreundlicher Kartonage", sagt Gerstmeier. Innerhalb eines halben Jahres sollen die Abfallreste so in der Natur vollständig zersetzt seien, erklärt der Feuerwerkshersteller.
Zweifel an der Umsetzbarkeit von nachhaltigem Feuerwerk
"Dass die Abbaubarkeit in der Landschaft möglicherweise einen Vorteil gegenüber Kunststoffen hat, ist ja klar. Aber, auch wenn die Reste von Feuerwerksraketen biologisch abbaubar sind: Für die Biotonne sind sie nicht zugelassen", sagt Tim Hermann vom Umweltbundesamt. Auch für den privaten Kompost empfiehlt Hermann die Abfälle nicht. Zu groß sei die Gefahr, damit Spuren von Schadstoffen in den Kompost zu geben.
Denn hierbei müsse man zwischen theoretischer und praktischer Kompostierbarkeit unterscheiden, ergänzt der Abfallwirtschaftsbetrieb Mainz-Bingen: "Theoretisch können die verwendeten Ausgangsstoffe kompostierbar sein. Bei der Zündung von Feuerwerkskörpern entstehen allerdings viele Schadstoffe. Die können den Kompost verunreinigen."
Silvester ohne privates Feuerwerk? Deutsche Umwelthilfe will dauerhaftes Böllerverbot
Das zweite größtenteils ruhige Corona-Silvester ist vorbei und wieder stellt sich die Frage: Sollte man das vielleicht auch in Zukunft so beibehalten?
Feuerwerk Alternativen: Wenig Veränderungen im laufenden Jahr
In diesem Jahr werden die als umweltfreundlich angepriesenen Alternativen ohnehin nur bedingt erhältlich sein. Zu viel unverbrauchte Ware aus dem Vorjahr füllt die Regale. Thomas Schreiber, Vorsitzender des Verbandes der pyrotechnischen Industrie, äußert sich in einer Pressemitteilung: "An die 90 Prozent des Umsatzes werden in den Tagen vor Silvester gemacht - plötzlich brach der Umsatz ein." Diese Einbußen fehlen der Industrie jetzt für Forschungsprojekte zu klimafreundlichem Feuerwerk.
"Aber wir bleiben natürlich weiter dran", sagt Oliver Gerstmeier von Weko. "Wir stellen uns zum Beispiel die Frage, wie man einen Raketenmotor effizienter gestalten kann. Oder wie man vom herkömmlichen Schwarzpulver auf einen synthetischen Zündstoff umsteigen kann. Solche Entwicklungen klappen nicht von heute auf morgen. Da wird über Jahre geforscht, denn die Produkte müssen ja auch sicher sein. Bei uns im Haus haben wir dazu gemeinsame Forschungsprojekte mit Instituten und Universitäten."
Forschung an Universitäten für klimafreundliches Böllern an Silvester
Unter anderem steht das Unternehmen mit der Ludwig-Maximilians-Universität (LMU) in München in Kontakt. Dort forscht Magdalena Rusan daran, welche umweltschädlichen Inhaltsstoffe reduziert, weggelassen oder ersetzt werden können. "Wir schauen uns dabei besonders das an, was in der Rakete drin ist, und die Farbe macht."
Einige Chemikalien sind dabei weniger giftig als andere. "Wenn man zum Beispiel die Farbe blau haben möchte, hat man verschiedene Stoffe, mit denen man die Farbe erzeugen kann. Bislang geht dafür Kupfer eine Verbindung mit Chlor ein. Ersetzt man das Chlor aber durch Brom, ist die Verbindung weniger giftig", sagt die Wissenschaftlerin.
Dabei müsse man differenzieren: Für wen ist das eigentlich giftig - für Pflanzen, Wasserorganismen, Tiere oder den Menschen? Deshalb schaut die Forscherin genau hin. Ausschlaggebend sei auch immer die Menge der Stoffe im Leuchtfeuerwerk. "Was wir machen, findet alles im Labormaßstab statt. Bis zum Kommerziellen ist es immer noch ein großer, weiterer Schritt. Man kann nicht erwarten, von 0 auf 100 Nachhaltigkeit zu kommen."
Drohnenballett als umweltfreundliche Alternative zum Feuerwerk?
Für die Entwicklung von Alternativen zum Silvesterfeuerwerk hat das Verkaufsverbot der letzten zwei Jahre einen Fortschritt gebracht. So wurde zum Beispiel in Pforzheim das neue Jahr durch eine Show mit Drohnen eingeläutet, die in bunten Farben und Formationen am Himmel aufleuchteten. Ein Event, das auch Mensch und Tier schont, findet die Deutsche Umwelthilfe. "Die Rückmeldungen zu der Show waren bombastisch", erinnert sich Philipp Dörflinger vom Verein "Pforzheim mitgestalten". Er ist einer der Initiatoren des Drohnenfeuerwerks.
Zu gefährlich: Raketen und Böller schließen Drohnenshow aus
In diesem Jahr wird es ein solches Spektakel in Pforzheim aber nicht geben können. Grund dafür: Es darf nach jetzigem Stand wieder geböllert werden.
Das sei nicht nur teuer, sondern biete auch ein großes Verletzungsrisiko. "Damit wir so eine Show machen können, brauchen wir nicht nur ein Böllerverbot, sondern auch ein Verkaufsverbot. Eine Kommune allein kann da nicht viel machen. Die Leute kaufen dann einfach in der nächsten Stadt", so Dörflinger. Er ergänzt: "Ich persönlich würde mich nicht für ein solches Verbot aussprechen. Wenn es aber dazu kommt, wären die Drohnen eine schöne Alternative."
Trotz Alternativen, Weiterentwicklung und Forschung: In der anstehenden Silvesternacht wird das Feuerwerk wohl alles andere als nachhaltig ausfallen.