Die Nachfrage nach Corona-Antikörpertests steigt - es gibt sie sogar aus dem Internet als sogenannten Bluttest für zu Hause. Viele wollen damit sicher wissen, wie gut sie gegen Corona geschützt sind. Auch bei den Ärzten stieg die Nachfrage nach Corona-Antikörpertests in den vergangenen Wochen stark an. Selbst in Laboren kann man sich inzwischen dafür Blut abnehmen lassen.
So wie etwa bei Bioscientia Healthcare in Ingelheim am Rhein. Seit der Corona-Pandemie kommen hier täglich zehntausende Blutproben von Ärzten und Krankenhäusern an - mehr als 1.000 davon werden im Labor auch auf Corona-Antikörper ausgewertet. Untersucht werden dafür verschiedene Antikörpergruppen, erklärt Geschäftsführer Dr. Oliver Harzer. "Wir verwenden Tests, die sowohl nach dem Viruskern, nach dem Nukleokapsid-Antigen gucken, als auch nach der Oberfläche, nach dem Spikeprotein. Damit können wir nachweisen, ob der Patient eine Infektion hatte oder ob er geimpft wurde."
Diese Arten von Antikörpern können wir im Blut haben
Durch Impfung oder Infektion werden verschiedene Arten von Antikörpern gebildet: IgG, IgA und IgM.
- IgM-Antikörper stellen die primäre Immunantwort dar: Sie werden gebildet, wenn der Körper zum ersten Mal Kontakt mit einem Krankheitserreger hat. Der IgM-Wert im Blut steigt anschließend besonders rasch an. Das deutet auf eine akute Infektion hin.
- Außerdem bildet der Körper IgA-Antikörper: Sie finden sich in Körpersekreten, beispielsweise auf den Schleimhäuten der Nase und im Speichel. Sie sind daher besonders wichtig für die Abwehr von Viren, die über die Atemwege eintreten. Auch sie werden relativ schnell gebildet, verschwinden jedoch wieder nach einigen Wochen.
- IgG-Antikörper werden hingegen später gebildet und bleiben dem Körper länger erhalten. Sie sind hauptsächlich im Blut zu finden und verantwortlich für die Abwehr im gesamten Körper.
Wie der Antikörper-Titer gemessen wird
Im Labor wird untersucht, wie hoch die verschiedenen Antikörperwerte sind - der sogenannte Antikörper-Titer. Das soll Rückschlüsse darüber zulassen, wie stark die Abwehrkräfte aktuell gegen Corona sind. Dr. Oliver Harzer erklärt, mittlerweile gebe es dafür einen WHO-Standard: Die sogenannten Binding Antibody Units, kurz BAU - sie geben quasi das Maß der neutralisierenden Antikörper in Bezug auf die gemessenen Antikörper wieder.
Auch Professor Harald Renz, Direktor des Instituts für Laboratoriumsmedizin am Universitätsklinikum Gießen und Marburg, untersucht seit längerem Corona-Antikörper. Dafür hat er auch seine eigene Antikörper-Entwicklung genau verfolgt. Nach seiner ersten Impfung, mit dem Astra-Zeneca-Impfstoff, war die Antikörperantwort in den ersten Wochen nach der Impfung ausgesprochen niedrig. Er hatte Zweifel, ob der Schutz ausreichen würde.
Noch wichtiger als Antikörper: die T-Zellen-Antwort
Doch die Immunabwehr ist komplex: Die Antikörper sind nur für die erste Abwehr von Erregern zuständig. Ist das Virus in die Zellen eingedrungen, sind dann andere Abwehrmechanismen dafür notwendig.
Professor Harald Renz erklärt: „Die Immunantwort auf das Virus besteht nicht nur auf der Produktion von Antikörpern, sondern wir haben auch eine zelluläre Antwort, eine T-Zellen-Antwort.“ Es gebe Studien, die nahelegten, dass dieser T-Zellen-Antwort in Bezug auf die Abwehr des Virus sogar eine größere Bedeutung zukomme als den Antikörpern.
Was die Forschung noch herausfinden muss
Die Antwort der T-Zellen ist allerdings nur schwer zu messen. Hinzu kommt: Die Ergebnisse der Antikörper-Tests verschiedener Anbieter sind häufig nicht vergleichbar. Außerdem wurde bislang noch nicht ausreichend erforscht, ab welchem Antikörper-Titer man tatsächlich gegen eine Covid-19-Infektion geschützt ist.
Hoffnung gibt nun eine neue Studie aus den USA. Sie zeigt: Ab einem Messwert von 1.000 BAU, also Binding Antibody Units, liegt sehr wahrscheinlich ein sehr hoher Schutz gegen Covid-19 vor. Allerdings geben nicht alle Antikörper-Test, die derzeit verwendet werden, das Ergebnis in der Einheit BAU an.
Für wen ein Antikörper-Test sinnvoll ist – und wer sich das Geld sparen kann
Von Antikörper-Tests für zu Hause raten Mediziner und auch das RKI ab - die Ergebnisse seien viel zu unsicher. Ein professioneller Antikörper-Test mache jedoch Sinn für Menschen mit Grunderkrankungen, die das Immunsystem schwächen - oder für Menschen, die sich etwa in Krebstherapie befinden.
Alle anderen können sich das Geld sparen und gegen das Coronavirus besser auf die Booster-Impfung setzen.