Stearin, Paraffin, Bienenwachs

Woran erkenne ich nachhaltige Kerzen?

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Autor/in
Alice Thiel-Sonnen
Michael Herr

Kerzenlicht sorgt zu jeder Jahreszeit für gemütliche Stimmung. Wie steht es aber mit der Ökobilanz von Kerzen? Welches Material ist gut für die globale und soziale Atmosphäre?

Dick oder dünn, kantig oder rund: Kerzen gibt es in den verschiedensten Formen und Ausführungen. Für viele gehören sie zum entspannten Feierabend - nicht nur zur Advents- oder Weihnachtszeit. 2,4 Kilo Kerzen verbrauchte jeder Mensch in Deutschland laut der Herstellervereinigung ASBL im Schnitt. Im europäischen Vergleich liegen wir damit im vorderen Drittel.

1. Bienenwachs - der Goldstandard mit Schönheitsfehlern

Natürlich, nachwachsend und umweltfreundlich: Bienenwachskerzen sind definitiv das nachhaltigste Leuchtmittel. Der Rohstoff für die Kerzen mit der charakteristischen gelben Farbe werden von Arbeiterbienen produziert. Allerdings brauchen sie dafür sehr lange. Den derzeitigen Kerzenbedarf nur durch die Bienen decken zu lassen, gilt daher als ausgeschlossen. Bienenwachskerzen sind folgerichtig auch deutlich teurer als andere. Nur rund 0,5 Prozent der in Deutschland verkauften Kerzen stammen daher aus dem Bienenstock.

Und ein weitere Tatsache drückt auf die Ökobilanz: Die allermeisten Bienenwachskerzen im deutschen Handel werden importiert - und zwar häufig aus fernen Regionen wie Ostasien, Zentralafrika oder Lateinamerika.

2. Stearin - Wundertüte mit Ökopotenzial

Rund die Hälfte der in Deutschland verkauften Kerzen ist aus Stearin, einer Mischung aus pflanzlichen oder tierischen Fetten. Kokos, Raps, Soja, Palmöl kann die Grundlage sein. Was genau rund um den Docht gepresst ist, steht jedoch selten auf der Kerze drauf. Eine solche Kennzeichnung ist bislang freiwillig.

Doch selbst wenn der Aufdruck verpflichtend wäre, würde das nicht ausreichen, um die Nachhaltigkeit einer Kerze zu beurteilen. Gerade bei Stearin auf Palmölbasis macht es einen großen Unterschied, ob das Öl aus konventionellem oder nachhaltigem Anbau stammt. Für konventionelle Palmölplantagen werden meist Regenwälder gerodet. Viele Tier- und Pflanzenarten gehen auf diese Weise verloren.

Stearin-Basis bleibt oft unklar

Die Herkunft des Palmöls ist für umweltbewusste Verbraucherinnen und Verbraucher also eine wertvolle Information. Bei einer Umfrage der Deutschen Umwelthilfe (DUH) hat gut ein Viertel der Unternehmen angegeben, Palmöl aus nachhaltigem Anbau zu verwenden. Inzwischen machen viele Supermärkte und Discounter dies auch auf den Kerzen im Laden sichtbar: Norma, Lidl, Aldi Süd und Aldi Nord drucken nach Information der Deutschen Umwelthilfe inzwischen das RSPO-Label – die Zertifizierung der Initiative „Runder Tisch für nachhaltiges Palmöl“ – auf ihre Kerzen.

Zudem kündigte Lidl an, auch die übrigen Rohstoffe mit genauer Ursprungsangabe zu kennzeichnen. Trotzdem sei die Kennzeichnung "palmölfrei" kein Garant für ein nachhaltiges Produkt, sagt Karoline Kickler, Projektmanagerin für Naturschutz bei der Deutschen Umwelthilfe. Denn oft werde dann auf erdölbasiertes Paraffin zurückgegriffen.

"Wichtig ist, dass Palmöl aus umwelt- und sozialverträglichem Anbau stammt und mäßig konsumiert wird. Außerdem muss die EU als weltweit zweitwichtigster Palmölimporteur neben Indien und China zum Klimaschutzpartner der Tropenländer werden und Anreize und Investitionen in den Tropenwaldschutz verstärken."

Wo gibt es nachhaltige Kerzen?

Als Faustregel gilt: Nachhaltige Kerzen finden sich grundsätzlich eher bei den Eigenmarken von Supermärkten. Schlechter sieht es aus in Baumärkten, Einrichtungshäusern oder Deko-Geschäften. So zumindest das Ergebnis des Kerzenchecks der Deutschen Umwelthilfe.

Gütesiegel RAL wenig aussagekräftig

Wenig Orientierung gibt dagegen das Gütesiegel RAL, das man im Fachhandel häufig findet. Es bescheinigt den Kerzen zwar eine hohe Qualität, messbar zum Beispiel an einer rauch- und rußfreien Verbrennung. Über die Herkunft der Rohstoffe trifft das Siegel aber keine Aussage. Auch der Hinweis, es handle sich um eine Kerze auf Grundlage von Bio-Ölen, hilft umweltbewussten Verbraucherinnen und Verbrauchern nur bedingt weiter, gibt Anna Frank von der Deutschen Umwelthilfe zu bedenken:

"Bio ist auf jeden Fall besser als konventionell. Wenn zum Beispiel Palmöl oder Rapsöl oder Soja oder was auch immer die Basis für die Kerze ist, durften dann bei diesem Anbau bestimmte Pestizide nicht genutzt werden. Die Nachhaltigkeitszertifizierung ist beim Palmöl zum Beispiel relevant, weil es da auch um die Entwaldung geht. Und das ist nicht unbedingt abgedeckt von einer Biozertifizierung."

Einkaufstipp für nachhaltige Kerzen aus Stearin

Eine Stearin-Kerze auf ihren Nachhaltigkeitsgehalt hin zu überprüfen, ist also gar nicht so leicht. Wer auf Nummer Sicher gehen will, sollte um Palmöl möglichst einen Bogen machen und Stearin auf Basis von Rapsöl kaufen. Das stammt fast sicher aus Europa - und wächst damit garantiert nicht auf einer Fläche, für die Urwald gerohdet wurde.

3. Paraffin-Kerzen: Die Braunkohle unter den Leuchtmitteln

Wenn Kerzen nicht aus Stearin gemacht sind, bestehen sie in Deutschland fast sicher aus Paraffin. Kerzen aus diesem Stoff sind fast immer die günstigsten - und niemals nachhaltig: Paraffin ist ein Nebenprodukt der Erdölproduktion. Bei seiner Herstellung werden also fossile Energien ausgebeutet, das klare Gegenteil einer erneuerbaren Ressource.

Wer also ein kleines ökologisches Zeichen setzen will: Einfach beim nächsten Einkauf Kerzen aus Bienenwachs oder nachhaltigem Stearin anstelle von Paraffin besorgen. Das wäre eine Energiewende im Kleinen.

Für die Gemütlichkeit Sichere und gute Kerzen - woran erkenne ich sie?

Kerzen gehören dazu, wenn es draußen dunkler wird. Gibt es neben der Massenware aus Erdölprodukten auch ökologische Varianten und wie steht es um die Sicherheit?

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