Geht das auch umweltfreundlicher?

Streaming – Wie Videos im Netz das Klima aufheizen

Stand
Autor/in
Tobias Koch
Onlinefassung
Sola Hülsewig

Das Katzenvideo bei YouTube, die Netflix-Serie oder die Doku in der Mediathek: Videostreaming sorgt für jede Menge Treibhausgase. Dabei gäbe es Lösungen für "grüneres" Streaming.

Wer ins Auto steigt weiß: Das ist jetzt nicht das Beste fürs Klima. Aber beim Streamen einer Serie ist uns das wahrscheinlich nicht so direkt bewusst. Dabei entstehen dort ebenfalls eine Menge Treibhausgase. Vor allem in den Rechenzentren, also da, wo die Server stehen. Auf diesen Servern befinden sich die Serien, Blockbuster und Instagram-Stories dieser Welt.

Ein Server braucht zunächst Strom, um überhaupt arbeiten zu können. Aber mindestens genauso viel Strom braucht die Infrastruktur um ihn herum, vor allem seine Kühlung. Damit die Server nicht überhitzen, müssen große Klimaanlagen die Rechenzentren stark herunterkühlen. Das Ganze ist ein energieintensiver Vorgang.

Junge Frau auf Sofa sieht sich Film auf dem Laptop an. Wie klimaschädlich sind Internet-Videos?
Filme im Internet gucken ist unterhaltsam - aber leider nicht gerade klimafreundlich.

Videostreaming setzt so viel Treibhausgase frei wie Spanien

Der französische Think Tank „The Shift Project“ hat sich intensiv mit dem Thema Streaming auseinandergesetzt. Seinen Berechnungen zufolge hat das Anschauen von Onlinevideos im Jahr 2018 über 300 Millionen Tonnen CO2 freigesetzt. Das entspricht ungefähr der gleichen Menge Treibhausgase, die das komplette Land Spanien in dem Jahr emittierte.

Die Tendenz ist aktuell stark steigend. Immer mehr Menschen haben Zugang zum Internet. Außerdem besitzen wir immer mehr technische Geräte. Nicht nur das Videostreaming lässt den Datenverkehr im Netz stark ansteigen, auch Cloud Computing oder der neue Mobilfunkstandard 5G tragen zu mehr Energiebedarf in dem Sektor bei.

Pornos landen auf dem zweiten Platz

Aber zurück zum Videokonsum. „The Shift Project“ hat sich mal den kompletten Datenverkehr im Netz angeschaut. 80% aller Daten im Netz gehen auf Videos zurück, 20% ist der Rest, also E-Mails, Suchanfragen, Online-Shopping & Co. Diese 80% lassen sich aufteilen in 60% Online-Videos und 20% „andere Videos“, also z.B. Videokonferenzen. Die Online-Videos wiederum kann man in vier Kategorien einteilen:

  1. Video-on-Demand, z.B. Amazon Prime, Netflix, Disney+,… (34%)
  2. Pornografie (27%)
  3. Tubes, z.B. YouTube (zu 95%), Dailymotion, … (21%)
  4. „Andere“, z.B. Facebook, Instagram, TikTok, Snapchat,… (18%)

Musik nicht auf „YouTube“ hören

Es gibt nicht allzu viel, was wir als Streamende tun können. Jedoch lassen sich ein paar Dinge beachten.

  • Die Bildqualität runterschrauben. Wenn wir am Handy ein Video schauen, stellt sich die Frage: Muss es Full HD sein? Oder reicht nicht auch eine geringere Auflösung. Denn: Geringere Auflösung bedeutet weniger Daten und das bedeutet weniger Emissionen.
  • WLAN anstatt mobiler Daten. WLAN-Netze brauchen deutlich weniger Energie als Mobilfunknetze. Das liegt an der großen Distanz, die zwischen Mobilfunkmast und unserem Smartphone liegt. Die Daten müssen mit mehr Energie versendet werden.
  • Musik nicht über Videoplattformen streamen. Wenn wir uns nicht unbedingt das Musikvideo zu unserem neuen Lieblingssong anschauen wollen, dann empfiehlt es sich, Musik nicht über Videoplattformen zu streamen. Durch die zusätzliche Übertragung des Videos entstehen mehr Daten, die auch mehr Energie benötigen.

Anbieter sind in der Pflicht

Selbstverständlich können wir mit diesen Tipps nur einen kleinen Beitrag leisten. Am Ende geht es um das Bewusstsein, dass das Internet eben nicht nur so da ist, es braucht eine Menge Energie und setzt deshalb auch viele Treibhausgase frei.

Den großen Hebel haben hier die Streaminganbieter. Sie könnten ihre Angebote deutlich ökologischer gestalten. Zum Beispiel in dem sie ihre Rechenzentren nur mit Strom aus erneuerbaren Quellen versorgen. Das reduziert den CO2-Ausstoß drastisch auf ein Minimum. Außerdem könnten sie die Abwärme, die durch die Server entsteht, nutzen.

Abwärme der Rechenzentren nutzen

In Skandinavien gibt es schon Rechenzentren, die quasi als Heizkraftwerk dienen. Ihre Abwärme speisen sie ins Fernwärmenetz ein und heizen damit Haushalte. Es ist also sogar möglich, dass ein Rechenzentrum nicht nur klimaneutral wird, sondern sogar klimapositiv. Das bedeutet: Die Server werden mit Strom aus erneuerbaren Energien betrieben und produzieren Wärme, ohne dabei nennenswerte Treibhausgase auszustoßen.

Jedoch ist es bis dahin noch ein langer Weg. In Deutschland rechnet sich die Einspeisung ins Fernwärmenetz oft nicht oder es ist momentan schlichtweg kein Bedarf da. Hier müsste politisch ein Rahmen gesetzt werden. Bis dahin können wir uns einfach nur bewusst machen: Ein Katzenvideo oder eine Insta-Story weniger ist vielleicht auch mal ganz okay. Das Klima freut sich.

Hier geht's zu den Ökochechern in der Mediathek, auf YouTube und auf Instagram.

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Sola Hülsewig