Held in Baumwolle aus Baden-Württemberg: "The Bear: King of The Kitchen" in seinem berühmten weißen T-Shirt.

Traditionelles Textil-Handwerk

Kochserie "The Bear": Weißes Shirt aus Albstadt weltweit nachgefragt

Stand
Autor/in
Petra Thiele
SWR-Wirtschaftsredakteurin Petra Thiele
Christoph Schöneberger
Fotoshooting SWR Studio Heilbronn Mitarbeiter Dezember 2022

Ein Koch im weißen T-Shirt wurde zum Star einer amerikanischen Serie. Seit dem weltweiten Erfolg des Küchendramas ist das Textil-Handwerksstück von der Schwäbischen Alb gefragt.

Es war kurz nach dem Start der ersten Staffel der Disney-Produktion "The Bear". Da bekam das Berliner Modedesignerpaar Plotnicki, das eine alte Textilmarke in Albstadt übernommen hatte, eine kuriose Nachricht:

Unser Onlineshop ist zusammengebrochen heute Nacht und wir dann so – wieso soll denn unser Onlineshop zusammenbrechen? Ja, und dann haben wir erfahren, dass in den USA eine Serie lief und der Hauptdarsteller unser T-Shirt trägt.

Die Modedesigner Gitta und Peter Plotnicki haben eine alte Textilmarke in der Schwäbischen Alb wiederbelebt.
Die Modedesigner Gitta und Peter Plotnicki haben eine alte Textilmarke von der schwäbischen Alb wiederbelebt.

Birkenstock und Baumwoll-Shirt weltweit Kultstatus

Die Geschichte des weißen Baumwoll-Shirts von "Merz b. Schwanen" aus Albstadt in Baden-Württemberg ähnelt etwas der Sandale von der Firma Birkenstock aus Rheinland-Pfalz. In Deutschland als Gesundheitslatschen für Senioren oder Friedensdemo-Teilnehmende belächelt, wurden Birkenstocks in der internationalen Kulturszene bei Supermodels und Schauspielern populär als robustes Schuhwerk made in Germany. Das Image des Fußbett-Sandalen-Herstellers änderte sich radikal. Birkenstock ist heute an der New Yorker Börse.

Früher Arbeiterwäsche - heute Bärendienst

Das weiße T-Shirt aus Baden-Württemberg, das nun durch die amerikanische Erfolgsserie "The Bear" berühmt wurde, kommt auch aus einem klassischen Handwerksbetrieb, der eher zufällig überlebt hat: 1911 gründet Balthasar Merz auf der Schwäbischen Alb das Unternehmen "Merz B. Schwanen" und produziert auf Rundstrickmaschinen Arbeiterwäsche. In Albstadt-Tailfingen wird dafür in den 1930er Jahren eine Fabrik erbaut.

In Albstadt entstehen Baumwoll-Schläuche auf uralten Rundwirkmaschinen. Deshalb gibt es keine Seitennähten.
In Albstadt entstehen Baumwoll-Schläuche auf uralten Rundwirkmaschinen. Deshalb gibt es keine Seitennähte.

Wenige deutsche Textilbetriebe überlebten billige Importe

In und um Albstadt befand sich im 19. Jahrhundert ein Zentrum der deutschen Textilindustrie. Durch günstige Stoff- und Textilimporte aus dem Ausland verschwand die Branche bundesweit fast völlig, einige Regionen erholten sich wirtschaftlich nie wieder. Auch in Albstadt stehen noch ehemalige Textilfabrik-Hallen leer. Der Betrieb von Balthasar Merz bildet eine Ausnahme. In den 90er Jahren war er von dem Schwäbischen Textilhersteller Rudolf Loder übernommen worden.

Ein 100 Jahre altes Hemd begeisterte junge Modedesigner

Dann kam es zu einem folgenschweren Flohmarktbesuch: Die Berliner Modedesigner Gitta und Peter Plotnicki kauften ein uraltes Knopfleisten-Hemd. Sie recherchierten, dass es wohl ein Jahrhundert zuvor auf der Schwäbischen Alb angefertigt wurde und stellten fest, dass die Firma noch existierte.

Mein Mann nahm das Knopfleisten-Hemd aus Jersey und sagt: Du, schau mal! Das Material, der Stoff - ganz außergewöhnlich.

Die Produktion in der Traditionsfirma om Albstadt stand zwischenzeitlich beinahe still. Dann wurde sie wiederbelebt.
Die Produktion in der Traditionsfirma im Albstadt stand zwischenzeitlich beinahe still. Dann wurde sie wiederbelebt.

Rentner machten alte Rundwirkmaschinen wieder flott

Die Plotnickis ließen die zwischenzeitlich eingestellte Marke wieder aufleben. Nachdem sie mithilfe einiger Rentner die 36 historischen Rundwirkmaschinen wieder ans Laufen brachten, starteten sie eine Hemden-Kollektion. Das Besondere: Der Stoff wird als Schlauch gefertigt. Es entstehen keine Seitennähte, die sich verziehen können.

Hemden tauchten bei "Peaky Blinders" und "Babylon Berlin" auf

Da dem Designerpaar von Anfang an klar war, dass ihre Hemden nur für eine ganz bestimmte Zielgruppe interessant ist, investierten sie viel in Marketing und warben auf Messen in Tokio und New York.

Das deutsche Handelsunternehmen Manufactum, das gern Produkte mit interessanten Firmengeschichten verkauft, hat Merz b. Schwanen im Angebot. In der britischen Serie "Peaky Blinders" und in  "Babylon Berlin"-Folgen wurden Hemden von der Schwäbischen Alb getragen. Die Stylisten der Produktionsfirmen hatten dafür bei den Plotnickis direkt Waren bezogen.

Stylistin kaufte Shirts für Hauptdarsteller selbst ein

Die kostenlose Werbung für ihr weißes Hemd durch die Serie "The Bear" kam für die Berliner völlig überraschend. Die Stylistin der Disney-Produktion hatte die T-Shirts für den Hauptdarsteller ganz normal in einem Laden gekauft. Laut Süddeutscher Zeitung war sie in einem Herrenbekleidungsladen in New York beraten worden und hatte dann den gesamten Bestand aufgekauft. Das sei in der Branche eigentlich nicht üblich.

 12.000 offene Bestellungen

Seit dem Start der Serie, die mit Preisen und Kritikerlob überschüttet wurde, ist die Nachfrage nach dem "The Bear"-Shirt riesig. 12.000 offene Bestellungen müssen derzeit abgearbeitet werden. In Albstadt kommt die Produktion nicht hinterher. 15 Angestellte beschäftigt Merz b. Schwanen am Standort Albstadt-Tailfingen, weitere 30 in der Region.

Wir brauchen im Durchschnitt zwischen circa 30 und 35 Minuten, damit wir hier ein T-Shirt abstricken können. 

Damit das Unternehmen vom Marketing-Erfolg noch besser profitieren kann, soll parallel ein vergleichbares Produkt entstehen, das schneller fertig wird. Allerdings mit einer Seitennaht. Das durch "The Bear" berühmt gewordene Hemd ist übrigens aus mittelschwerem Stoff (245 Gramm pro Quadratmeter).

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