Sieht aus wie Hähnchenbrust, schmeckt wie Hähnchenbrust - aber ist es auch Hähnchen? Erste Restaurants in den USA bringen jetzt Laborfleisch auf den Tisch. Die USA sind nach Singapur erst das zweite Land, das den Verkauf des neuartigen Fleisches erlaubt.
Endlich sagen manche und sehen darin den Anfang vom Ende der Massentierhaltung - mit Tierleid und schädlichen Klimafolgen. Aber ist das wirklich so? Forscher, Verbraucher- und Tierschützer bewerten die Nachricht unterschiedlich. SWR Umweltexpertin Sabine Schütze erklärt, warum.
Ohne Schlachten: Laborfleisch erstmals zugelassen
Singapur hat erstmal ein Fleischprodukt zugelassen, das nicht von geschlachteten Tieren stammt, sondern im Labor gezüchtet wurde. Das Start-Up „Eat Just“ aus San Francisco will solche Chicken Nuggets verkaufen. Bedeutet das einen Durchbruch für unsere Ernährung?
Was ist überhaupt Laborfleisch?
Das ist tatsächlich Fleisch, nur eben welches, das nicht mit oder an einem lebenden Tier gewachsen ist, sondern aus einem Bioreaktor stammt, also aus einem großen Stahltank. Damit das klappt, wird an lebenden Tieren eine Biopsie durchgeführt. Hühnern etwa wird dabei etwas vom Muskelgewebe entnommen.
Aus den enthaltenen Stammzellen können die Forscher dann neue, weitere Muskelzellen in Stahltanks wachsen lassen. Diese Tanks sind mit einem sogenannten Nährmedium befüllt, von dem sich die Zellen quasi ernähren, um Fleisch wachsen zu lassen.
Nach etwa drei Monaten ist das Fleisch fertig. Es ist wohl etwas weicher als gewohnt. Das klingt nachvollziehbar, denn Muskelgewebe wird erst durch Bewegung kräftig.
In den USA geht es jetzt erstmal um Hähnchenfleisch. Zwei gehobene Restaurants haben es auf jeden Fall bereits geordert. In Supermärkte und Geschäfte soll es erst später ausgeliefert werden, wenn die Produktion ausgeweitet wird.
Wann könnte Fleisch aus dem Labor auch bei uns genehmigt werden?
Das ist völlig offen - in den nächsten Jahren, so die Einschätzung von SWR-Ernährungsexpertin Sabine Schütze, dürften wir hier noch kein Laborfleisch zu kaufen bekommen. Denn eine Zulassung auf europäischer Ebene dauert lange.
Außerdem ist Laborfleisch ohnehin noch teuer. Eine überschaubare Portion Chicken Nuggets kostet derzeit umgerechnet zwischen 15 und 20 Euro.
Wie gut ist Laborfleisch wirklich für die Umwelt?
Dazu gibt es unterschiedliche Untersuchungen. Fest steht, dass der gigantische Landverbrauch und die entstehenden Emissionen von Treibhausgas die Hauptprobleme der Massentierhaltung sind. Das noch neben dem ethischen Aspekt, millionenfach Tiere unter teilweise fragwürdigen Umständen zu töten.
Beim Laborfleisch könnte das Töten wegfallen, wenn die Nährstoffe zum Wachsen der Zellen aus Pflanzen gewonnen werden. Das ist aber noch nicht üblich.
Der Landverbrauch spielt beim Laborfleisch keine Rolle, auch wird wohl um die 90 Prozent weniger Wasser verbraucht. Die anfallenden Treibhausgasemissionen sind noch sehr umstritten. Hier gibt es Untersuchungen mit völlig unterschiedlichen Ergebnissen.
Weil der Herstellungsprozess von Laborfleisch extrem aufwändig und energieintensiv ist, ist der Stromverbrauch aber wohl ähnlich hoch wie beim echten Fleisch von Tieren. Die konsequente Nutzung nachhaltiger Stromquellen dürfte hier entscheidend sein, vor allem, wenn Laborfleisch im größeren Stil produziert werden soll. Und auch das dauert noch.
Weniger echtes Fleisch produzieren und essen, ist aber jetzt schon möglich und hat definitiv positive Umwelteffekte. Die Ökochecker haben zum Beispiel vegane Fleischalternativen getestet.
Fleischersatz aus Erbsen, Soja, Sonnenblumenkernen und Seitan: Nachhaltig und gesund?
In Deutschland sind vegane Produkte auf Sojabasis die beliebteste Fleisch-Alternative. Wie nachhaltig, gesund und geschmackvoll sind die Ersatzprodukte im Vergleich zu Fleisch?
Ist Laborfleisch gesünder als Fleisch von Nutztieren?
Dazu, so erklären die Verbraucherzentralen, sind noch keine wirklich belastbaren Aussagen möglich. Es muss erst noch untersucht werden, welche Auswirkungen Laborfleisch als Nahrungsmittel hätte. Es wird noch nicht in großem Stil verkauft und gegessen.
Eine Hoffnung ist, dass weniger Krankheiten übertragen werden und weniger Antiobiotika notwendig sind als in der bisherigen Massentierhaltung. Aber all das muss erst noch wissenschaftlich untersucht werden.
Hier erklärt die Reutlinger Forscherin Petra Kluger im Science Talk mehr über Laborfleisch. Mit ihrem Team entwickelt sie an der Hochschule Reutlingen solches Fleisch.
Laborfleisch in der Kritik
Der hohe Stromverbrauch bei der Herstellung von Laborfleisch ist ein Punkt, den Kritiker nennen. Die Entnahme der Stammzellen setze die Tiere extrem unter Stress, das ist ein weiterer Kritikpunkt.
Unter anderem deshalb halten die Verbraucherzentralen die Bezeichnung „Clean Meat“, also sauberes Fleisch, für irreführend. Hier ist die Einschätzung aus Sicht der Verbraucherschützer. Sie haben einen Überblick und ihre Position dazu formuliert.