Dabei ist das Thema volkswirtschaftlich gesehen hochbrisant: Viele Frauen fühlen sich in der Menopause nicht mehr so belastbar. Symptome wie Schlafstörungen, Hitzewallungen und Konzentrationsprobleme beeinflussen dann Karriereentscheidungen. In Zeiten des Fachkräftemangels ist diese Einschränkung von erfahrenen Mitarbeiterinnen ein Wirtschaftsfaktor. Laut einer Studie ("MenoSupport") der Berliner Hochschule für Wirtschaft und Recht tritt jede vierte Befragte in den Wechseljahren beruflich kürzer. Mehr als jede sechste Befragte gab an, aufgrund von Wechseljahressymptomen schon einmal die Stelle gewechselt zu haben.
Folgen von Wechseljahresbeschwerden am Arbeitsplatz
Die erste bundesweite Studie über die Auswirkungen von Wechseljahren am Arbeitsplatz wurde von der Wissenschaftlerin Andrea Rumler geleitet. Rumler selbst wurde von der Unternehmerin und Wechseljahresexpertin Peggy Reichelt auf die Thematik aufmerksam gemacht. Daraufhin startete Rumler 2022 das Forschungsprojekt MenoSupport mit einem Team ihrer Universität und Projektpartnerinnen von der Hochschule für Technik und Wirtschaft.
"Joggen reicht nicht mehr ab 40"
Innovative Maßnahmen zur betrieblichen Gesundheitsförderung
Durch das Forschungsprojekt MenoSupport will Andrea Rumler die Relevanz der Thematik für Deutschland herausstellen und auch konkret betroffene Frauen unterstützen: Es werden für Unternehmen innovative Maßnahmen zur betrieblichen Gesundheitsförderung für Frauen in den Wechseljahren entwickelt, der Austausch darüber wird angestoßen.
Großbritannien macht es schon jetzt besser
Laut Rumler verpflichten sich in Großbritannien immer mehr Unternehmen dazu, für ein wechseljahresfreundliches Arbeitsumfeld zu sorgen. Dort habe man bereits erkannt, dass es auch aus wirtschaftlicher Sicht Sinn ergibt, Frauen in ihrer Lebensmitte mit dem Thema Wechseljahre zu unterstützen. Rumler hofft, "dass diese Entwicklung auch nach Deutschland überschwappt."
Menopause bei SAP im Gesundheitsmanagement verankert
Beim Softwarekonzern SAP im baden-württembergischen Walldorf ist die Menopause inzwischen im Gesundheitsmanagement verankert. Im SWR-Interview erklärt SAP-Betriebsärztin Dr. Lea Scheidt, dass vor Jahren eine große Infokampagne zu den Wechseljahren gestartet wurde. Es gab Veranstaltungen mit internen und externen Expertinnen und Experten, dazu Mitarbeiter-Storys. Solche persönlichen Schilderungen sind in dem Unternehmen sehr wichtig, so Scheidt. Bei SAP möchte man das Thema möglichst unverkrampft angehen, ähnlich wie in Unternehmen in Großbritannien. Es werde "locker und fröhlich" darüber gesprochen und zum Beispiel Buchtipps ausgetauscht. Mitarbeiter-Netzwerke seien entstanden, erklärt die Betriebsärztin.
Unterstützung vom Pharmamarkt
Auf dem Pharmamarkt ist die Menopause sehr präsent. Seit einiger Zeit gibt es neben den bekannten Hormontherapien auch die Möglichkeit, mit sogenannten bioidentischen Hormonen zu therapieren. Damit hat sich SWR-Gesundheitsexpertin Heike Scherbel beschäftigt. Sie betont, dass "bioidentisch" in diesem Fall allerdings nicht "rein pflanzlich" bedeutet, sondern eher "körperidentisch". Heißt, die Hormone hätten dieselbe Struktur wie körpereigene Hormone. Sie werden aufwändig biochemisch aus der Yamswurzel hergestellt. Das Ausgangsmaterial für die klassische Hormontherapie ist Stuten-Urin.
Hormon muss an den Rezeptor passen
In der Fachwelt herrscht Streit darüber, was besser ist: Die eine Seite meint, dass die Hormone aus Stuten-Urin nur körperähnlich und nicht identisch seien. Diese Trennung hält Heike Scherbel für verwirrend: "Im Grunde müssen beide Hormon-Wirkstoffe bioidentisch sein, sonst würden sie gar nicht funktionieren. Hormone sind ja Botenstoffe im Körper." Ähnlich wie ein Schlüssel in ein Schlüsselloch müsse ein Hormon an den Rezeptor (die Zelle, die dann Signale weitergibt) passen, damit es einen Effekt gibt. Wenn das Hormon "künstlich" hergestellt wird, muss es genauso sein wie das körpereigene: egal ob es aus der Wurzel oder aus dem Urin stammt.
Empfehlung bei starken Wechseljahresbeschwerden
In der Leitlinie zur Behandlung von Menopause-Beschwerden von der Deutschen, Österreichischen und Schweizer Gesellschaft für Gynäkologie, empfehlen die Mediziner bei starken Beschwerden eine Hormontherapie und bezeichnen sie als gut geprüft und sicher. Wichtig dabei: Die Abwägung aller Nebenwirkungen und Risiken. Hormontherapien erhöhen das Brustkrebsrisiko - allerdings ähnlich stark wie Übergewicht oder Alkoholkonsum.
Hormone nicht als Lifestyle-Mittel betrachten
Gleichzeitig gibt es Studien, die zeigen, dass durch eine Hormontherapie das Osteoporose-, Darmkrebs- und Diabetes mellitus-Risiko sinkt. Es ist also eine individuelle Entscheidung, die mit der Gynäkologin oder dem Gynäkologen besprochen werden sollte. Sicherlich ist eine Hormontherapie kein Mittel, um einfach nur jung und attraktiv zu erscheinen, so Heike Scherbel. Als solches Mittel werden sie allerdings auch immer wieder beworben.
SWR2 Geld, Markt, Meinung Mitten im Leben - und doch außen vor? Wechseljahre in der Wirtschaft
Es ist ein Tabu-Thema, das im Grunde aber die Hälfte der Menschheit irgendwann betrifft: die Wechseljahre.
Nahrungsergänzungsmitteln gegen Probleme in der Menopause
Präparate aus der Traubensilberkerze, auch Cimicifuga genannt, sollen Beschwerden in den Wechseljahren lindern, so SWR-Gesundheitsexpertin Heike Scherbel: "Einige Studien zeigen, dass diese bei Hitzewallungen und in Kombination mit Johanniskraut auch bei psychischen Problemen in den Wechseljahren helfen können." Allerdings sei die Studienlage zu dünn, die Wirksamkeit gelte als nicht gesichert. Genauso sei es bei den sogenannten Phytoöstrogenen. Das sind Präparate aus beispielsweise Soja-, Rotklee, Hopfen- oder Leinsamenextrakten.
Nebenwirkungen oder negative Wechselwirkungen möglich
Wichtig: Frei verkäufliche Präparate sind Nahrungsergänzungsmittel, die nicht auf ihre Wirksamkeit geprüft werden. Diese Mittel können auch unangenehme Nebenwirkungen haben oder negative Wechselwirkungen mit anderen Arzneimitteln. Wer Cimicifuga versuchen möchte, sollte es als registriertes Arzneimittel kaufen, so Scherbel.
Ernährung, Bewegung und Stressabbau
Wichtig in den Wechseljahren sei eine Kombination aus der richtigen Ernährung, Bewegung und Stressabbau, so die SWR-Gesundheitsexpertin. Sobald man Veränderungen bei sich feststellt, - was auch schon bei einigen mit Anfang 40 der Fall sein kann - ist eine Beratung beim Spezialisten sinnvoll. Nicht jeder Gynäkologe oder jede Gynäkologin hat allerdings ausreichend Ahnung von Wechseljahren, das beklagen auch Facharzt-Verbände. "Eine Hormontherapie kann - nach Abwägung aller Risiken mit dem Arzt - vorübergehend unterstützen.", sagt Scherbel. Außerdem sollte die Betroffene ihre Ernährung optimieren, sich bewegen und gezielt Muskeltraining machen: "Das Ideal - wenn man sowas sagen möchte - sollte spätestens ab 50 nicht mehr die dünne, schlanke, sondern die starke Frau sein."