Für ein entspannteres Miteinander

Tipps für den Umgang mit Menschen mit Demenz

Stand

Mit der Diagnose Demenz ändert sich vieles, auch im Leben von Angehörigen, Freunden und Bekannten. Wie können Stress und Spannungen im Umgang miteinander reduziert werden?

Was hilft grundsätzlich im Umgang mit dementen Menschen?

Betrachten Sie Menschen mit der Diagnose nicht in erster Linie als Kranke, sondern als Reisende. Sie befinden sich auf einer Reise von "Normalien" ins "Anderland". Anders ausgedrückt: Sie verlassen die Welt der Rationalität und Funktionalität und wenden sich dem Zweckfreien und Spielerischen zu.

Im "Anderland" gelten andere Regeln. Wer die Regeln beachtet, kann den Menschen entspannter und gelassener begegnen.

Frau macht Puzzle als Training gegen Demenz - die richtige Pflege und Betreuung hilft

Was tue ich, wenn jemand aggressiv wird und um sich schlägt?

Grundsätzlich ist Aggressivität ein gesundes Verhalten - es dient der Selbstbehauptung. Meistens wissen die Menschen sich nicht anders zu wehren, weil wir etwas von Ihnen fordern, was sie nicht verstehen.

Also: Wir lösen in aller Regel Aggressionen durch unser Verhalten aus.

Natürlich gibt es auch Formen von unkontollierbarem aggressiven Verhalten. Dann kann nur die Psychiatrie helfen.

Viele Menschen mit Demenz wiederholen gewohnte Tätigkeiten, zum Beispiel die Großmutter, die jeden Tag vier Mal zum Bäcker läuft und Brötchen holt. Wie gehe ich damit um?

Man kann mit dem Bäcker reden und ihn bitten, der Großmutter mitzuteilen, dass die Brötchen ausverkauft beziehungsweise die vorhandenen zu alt seien.

Wichtiger Tipp für Angehörige: Sprechen Sie ohne Scham und Scheu das Verhalten der Menschen mit Demenz an.

Die Person, die ich pflege, erkennt mich nicht mehr, erschreckt sogar vor mir. Wie gehe ich damit um?

Das kann bei einer fortgeschrittenen "Reise" passieren. Gesichter werden nicht oder nicht sofort erkannt. Das ist ähnlich wie bei Säuglingen, die Gesichter nicht unterscheiden, aber auf Augen und einen lachenden Mund reagieren. Freundlichkeit und vorsichtige Annäherung ist dann, wie überhaupt, das Gebot der Stunde.

Hände

Manche Menschen wollen immer nach Hause - obwohl sie zu Hause sind. Was hilft da?

Menschen mit Demenz suchen Sicherheit und Geborgenheit. Dafür steht das "Zuhause". Räumliche Geborgenheit finden die Menschen immer weniger, also suchen sie. Man kann ihnen - soweit man die Kraft hat - soziale Geborgenheit geben: Ruhig bei ihnen bleiben, sie ablenken, Bilder mit bekannten Personen oder Reisen zeigen, ...

Was, wenn Opa ständig mit dem Auto wegfahren will?

Da hilft nur eines: Das Fahrzeug verkaufen oder so parken, dass er es nicht findet. Führerschein wegnehmen hilft nicht weiter.

Das kann natürlich zu Konflkten führen - wer gegen den Willen der Menschen handelt, muss aushalten, dass diese nicht erfreut sind.

Menschen mit Demenz sind wie Rosen. Sie haben wunderbare Blüten, aber auch Dornen. Darauf sollte man sich einstellen. - Erich Schützendorf

Der Arzttermin ist bald und mein Angehöriger trödelt - was tun?

Menschen mit Demenz orientieren sich nicht an Uhrzeiten, deshalb kann man auch keine zeitlichen Absprachen treffen. Sätze wie "In 10 Minuten müssen wir fertig sein" oder "Die Ärztin wartet um 9 Uhr" bringen nichts.

Besser: Frühzeitig und entspannt alles vorbereiten und einen Spaziergang mit dem Besuch beim Arzt abschließen. Notfalls lieber den Termin verschieben, als den Menschen zu sehr zu drängen, denn das führt in aller Regel zu noch mehr Abwehr und Zeitverlust. Geduld ist gefragt. Dass man die nicht immer hat, ist vollkommen verständlich.

Wann muss man sich Hilfe holen, wenn man Angehörige zu Hause pflegt?

Am besten sofort nach der Diagnose. Schritt eins: Familienmitglieder, Freunde und Bekannte informieren und mit ihnen überlegen, wie man größere und kleinere Aufgaben verteilt. Einer oder eine alleine ist damit überfordert.

Schritt zwei: Die Entlastungsangebote nutzen, also Beratungsstellen, Angehörigengruppen, Selbsthilfegruppen, Demenz-Treffpunkte, Tagespflege und zuletzt Pflegeheime. Bei letzteren sollte man bei der Auswahl darauf achten, dass sie ein Konzept für Menschen mit Demenz haben.

Grundsatz: Wer überleben will, muss sich selber pflegen.

Mehr zum Thema

SWR3 Podcast „1 plus 1“ Mama litt an Demenz: Verona Pooth erinnert sich an ihre „Mamita“ ❤️‍🩹

Im SWR3 Podcast „1 plus 1“ erinnert sich Ex-Model und Moderatorin Verona Pooth an ihre verstorbene Mama, die an einer schweren Demenz litt. Hier lesen!

Stand
Autor/in
SWR Fernsehen