Mühlenstraße in Birgel

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Ortstotale Birgel
Birgel in der Vulkaneifel

Was heute die Mühlenstraße ist, war bis 2006 bloß ein unbenannter Verbindungsweg. Die Bürger von Birgel, einer kleinen, nicht mal 500 Einwohner zählenden Gemeinde in der Vulkaneifel, nannten das Stück bloß "die Gass".

Da die wenigen Gebäude am oberen und unteren Ende der kürzesten Straße des Orts zahlenseitig zu den Hausnummern der Querstraßen gehören, setzte nicht mal der Briefträger einen Fuß hierhin. Doch das änderte sich ab dem Jahr 1994, als Erwin Spohr - besser bekannt als "Erwin von der Mühle" – einen Lagerraum für seinen damaligen Sanitärbetrieb suchte.

Mühlenstraße in Birgel
Mühlenstraße

Den alten Beruf hat er schnell an den Nagel gehangen, denn mit dem Erwerb der Halle wurde er gezwungenermaßen auch Mühlenbesitzer. Das anfangs ungeliebte Anhängsel des Hauskaufs wurde schnell zu seiner großen Liebe, die er aufwendig restauriert und um 19 Gebäude erweitert hat.

So wuchs die Mühle zu einem wahren Mühlendorf, das zugleich lebendiges Museum, Gastronomiebetrieb und Erlebniswelt ist. Mit einer Bäckerei zum selbst-Brot-backen, einem Hotel, vier Fachwerk-Appartementhäusern, einem Festsaal, zwei Restaurants, fünf Mühlen für Korn, Senf, Öl und einem Standesamt für heiratswillige Gäste.

Der selbsterklärte Workaholic Erwin ist unermüdlich im Einsatz, doch allein kann er das große Areal mit angeschlossenem Hausverkauf der selbstgemachten Produkte von Brot bis zum Eifler Obstbrand und die vielen Attraktionen nicht bewirtschaften. In der Gastronomie als auch im Museumsbereich haben viele Menschen aus der Region einen Job gefunden.

So zum Beispiel die 71-jährige Monika Deckers. Die pensionierte Auslandstelefonistin macht regelmäßig Mühlenführungen und ist seit 19 Jahren mit Begeisterung dabei. Die mittelalterlichen Technikwunder ohne Computersteuerung faszinieren sie noch immer.

Die alte Getreidemühle
Die alte Getreidemühle

Chefkoch seit der ersten Stunde ist Hans-Peter Rheinheimer. Zusammen mit Erwin hat er über die Jahre sechs spezielle Mühlen-Gerichte kreiert, die er mit dem selbstgemachten Senf verfeinert. Scherzhaft denkt er aktuell gar über ein Dessert à la Mousse au Senf nach. Ob das süßscharfe Experiment allerdings den Gästen schmeckt, die Erwins Mühlendorf immer häufiger besuchen, um im betriebseigenen Standesamt sogar zu heiraten, bleibt abzuwarten.

Der wird indes nicht lange warten, bis er wieder ein Haus mehr auf dem Hof ansiedelt: wo immer er in Deutschland ein preiswert zum Verkauf stehendes Fachwerkhäuschen findet, baut er es vor Ort ab und in seinem Mühlendorf 1:1 wieder auf.

Darum stehen hier auch die ältesten Häuser von Birgel. Aus 380 Jahre alten Balken, allesamt von Erwin gebaut im Jahr 2001. So viele mittlerweile, dass aus der namenlosen Gasse eine echte Straße werden musste. Die Mühlenstraße.

Karte Birgel
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SWR Fernsehen