Der "Obsthof" von Bernadette Blumenthal bietet eine große Auswahl an heimischen Äpfeln, Birnen, dazu noch frische Eier, Kartoffeln und edlen Akazienhonig. Aber etwas sucht man hier vergeblich: Verkaufspersonal. Selbstbedienung ist im unkonventionellen Lädchen, im Bruchsteinkeller eines urigen Fachwerkhauses in Leubsdorfs Hauptstraße, wörtlich zu nehmen. Die Kunden wählen aus, greifen zu, wiegen ab und zahlen in die offene Kasse.
Seit gut zehn Jahren funktioniert die Geschäftsidee auf Basis gegenseitigen Vertrauens. Allerdings gab es zu Beginn regelrechte Berührungsängste, denn der Griff in die Kasse war manchen Kunden unangenehm. Mittlerweile klappt es – von seltenem Mundraub abgesehen - sehr gut, wie Frau Blumenthals allabendlicher Kassensturz zeigt. Die Leubsdorfer sind eben ein ehrliches Völkchen. Hier schaut man noch nach dem Nachbarn und hilft sich.
Das ehrenamtliche Engagement um das Gemeinwohl ihres Dorfes hat sich die Rentnergilde zum Auftrag gemacht. Die 23 Dorfältesten sind unermüdlich im Einsatz und halten Wanderwege in Schuss und setzen Instand, wenn dem örtlichen Bauhof die Zeit fehlt. Der Zusammenhalt in der Gruppe ist groß und die Freude an der Arbeit allen anzumerken. Keiner der rüstigen Rentner hat Lust, nach einem interessanten Berufsleben durch Nichtstun einzurosten.
Dem Rost rückt auch Kunstschmied Sebastian Hoppen zu Leibe, denn die Restauration ist sein Spezialgebiet. Die Arbeiten des markigen Leubsdorfers sind weit über die Landesgrenzen hinaus zu finden, zum Beispiel am Kölner Dom. Meister Hoppen brennt regelrecht für seinen Beruf, denn nur mit dem Hammer und der Kraft der Flammen zusammen kann er aus klobigen Stahlblöcken filigrane Figuren formen. Liebevoll nennt er deshalb das Feuer den Verbündeten seines Berufsstands.
Den Flammen eines Großbrands im Jahr 1974 fiel unter anderem eine alteingesessene Dorfkneipe zum Opfer. An dieser Stelle steht heute die beliebte Pizzeria Calabria. Eine Großzahl an Vereinen hat die Pizzeria als Stammsitz gewählt, so auch die ausgelassenen Herren des ersten Leubsdorfer Dartclubs.
Deren Ambitionen es mit anderen Vereinen aufzunehmen, hält sich in Grenzen. Gespielt wird nur clubintern, denn das gesellige Zusammensein mit Freunden bei einem gepflegt-gezapften Glas Zielwasser ist den sechs Herren allemal wichtiger, als Turniere und Tabellenplatz. Und dass der ein oder andere - um vor den Kollegen gut auszusehen - daheim heimlich übt, versteht sich von selbst. Ansonsten sind die Leute in Leubsdorfs Hauptstraße aber grundehrlich: ob beim Obstkauf, als Handwerker, Ortspfleger oder an der Dartscheibe.