Oft passiert es ganz ohne Vorwarnung, beispielsweise beim schnellen Laufen mit Richtungswechseln oder beim Skifahren: Ein lautes „Knack“ ist zu hören, heftige Schmerzen schießen durch das Knie und es lässt sich nicht mehr wie gewohnt bewegen. Der Kreuzbandriss gehört zu den häufigsten Verletzungen in Deutschland.
Betroffene stehen dann vor der Frage, ob operiert werden muss – oder ob man um den Eingriff mit einer sogenannten konservativen Behandlung herumkommt.
Kreuzband-Ruptur: Wann muss operiert werden?
Prof. Dr. Raymond Best ist Chefarzt der Sportorthopädie in der Sportklinik Stuttgart und Mannschaftsarzt des VfB Stuttgart. Ob er Patienten und Patientinnen eher zu einer Operation rät, hängt maßgeblich von Alter und Aktivität des oder der Betroffenen ab. Ist die betroffene Person jüngeren Alters und sportlich sehr aktiv oder hat möglicher Weise auch einen bewegungsintensiven Beruf, ist eine Operation ratsam, so Dr. Best: „Ohne Kreuzband ist eine Sportart mit Richtungswechseln beispielsweise fast nicht durchführbar.“
Körpereigene Sehnen als Kreuzband-Ersatz
Bei der Operation werden körpereigene Sehnen am Knie eingesetzt, beispielsweise die Oberschenkelstrecksehne, die Kniescheibensehne oder die innere Kniebeugesehne. Diese fehlen dann zwar an der jeweiligen Stelle, der Körper könne den Mangel jedoch durch gezieltes Training gut kompensieren, so Raymond Best.
Generell gilt die Kreuzband-OP als vergleichsweise komplikationsarmer Eingriff: „97 Prozent aller Patienten kehren innerhalb eines Jahres zurück in den Sport oder auf den Sportplatz“, sagt Dr. Raymond Best. Die Komplikationsrate für typische OP-Komplikationen wie Infektion, Wundheilungsstörung oder Arthrofibrose liege bei erfahrenen Operateuren bei einem Prozent oder sogar darunter.
Kreuzband-OP? Zweite Arztmeinung einholen!
Wer vom Arzt die Empfehlung zu einer Kreuzband-Operation bekommen hat, sich aber immer noch unsicher ist, sollte die Meinung eines zweiten Arztes einholen. Generell rät Dr. Best dazu, Chirurgen oder Chirurginnen zu wählen, die mehr als 50 Kreuzbänder im Jahr operieren und damit über eine gute Routine verfügen.
Wann ist eine Kreuzband-Operation verzichtbar?
Betroffene, die beispielsweise einen Bürojob haben, bei dem man viel sitzt und in der Freizeit „nur“ Fahrrad fahren oder schwimmen, könnten es durchaus zunächst mal mit einer konservativen Behandlung versuchen, so der Mediziner.
Dabei wird durch gezielte Physiotherapie versucht, das kaputte Kreuzband auszugleichen, indem Muskeln und die Koordination gestärkt werden.
Manchmal bleibt ein Kreuzbandriss von Betroffenen unbemerkt und wird nur durch Zufall entdeckt. Der Körper hat es in diesen Fällen offenbar geschafft, die Verletzung zu kompensieren. Ist die Person in ihren gewohnten Bewegungen nicht eingeschränkt, muss hier nicht operiert werden.
Gutes Reha-Programm ist unverzichtbar
Ob Operation oder konservative Behandlung: Ein gutes Rehabilitations-Programm ist essenziell wichtig, sagt Prof. Dr. Kaywan Isadpanah. Er ist Sektionsleiter der Knie- und Knorpelchirurgie an der Uniklinik Freiburg. „Ich denke, es macht gar keinen Sinn, eine operative Versorgung durchzuführen, ohne sicherzustellen, dass der Patient eine entsprechende Nachbehandlung haben wird.“
Mit Sport und Übungen einem Kreuzbandriss vorbeugen
Wer gezielt Muskulatur und die Koordination stärkt, kann Kreuzbandprobleme zwar nicht komplett ausschließen, aber die Wahrscheinlichkeit dafür minimieren. Generell sind Sportarten hilfreich, die einbeinige und beidbeinige Landephasen trainieren – zum Beispiel Laufsportarten oder Langlauf-Skifahren, so Dr. Raymond Best. Wer das Jahr über eher wenig aktiv ist und dann beispielsweise in den Skiurlaub fährt, hat ein erhöhtes Risiko für Komplikationen mit dem Kreuzband. Besser: etwa zwei Monate vor dem Skiurlaub mit Übungen anfangen, die die Kniegelenke auf die starke Belastung vorbereiten.
Übung 1:
Hüftbreit stehen. Ein Bein anheben, auf dem anderen stehend langsam tiefer gehen. Der Oberkörper bleibt gerade, die Hüfte kippt nicht, das Knie weicht nicht nach innen aus. Einige Male wiederholen, dann Bein wechseln.
Übung 2:
Wieder hüftbreit stehen, rechtes Bein anheben. Das rechte Bein nach hinten bewegen und mit der Fußspitze auf dem Boden ein Y nachzeichnen: gerade nach hinten gehen, dann schräg nach links und schräg nach rechts. Einige Male auf beiden Seiten wiederholen.