Scharf ist eigentlich kein Geschmack. Denn anders als die fünf Geschmacksrichtungen süß, salzig, sauer, bitter und umami - für würzig - nehmen wir scharf nicht über unsere Geschmacksknospen wahr. Schärfe ist ein Schmerz!
Gerichte mit scharfen Komponenten heizen uns gerade im Winter richtig ein. Das tut uns gut. Außerdem lindern die enthaltenen Scharfstoffe Schmerzen, wirken entzündungshemmend und machen uns sogar glücklich. Ein Gefühl, das viele Menschen gerade in den dunklen Monaten dringend brauchen. Scharfes Essen kann aber auch Sodbrennen und Durchfall fördern. Gut zu wissen also, wie wir von den guten Eigenschaften der Scharfstoffe profitieren können, ohne die schlechten in Kauf nehmen zu müssen.
Chili – der wohl bekannteste Scharfmacher
Capsaicinoide heißen die Substanzen, die Chilis und andere Paprikagewächse scharf machen. Über 20 sind inzwischen bekannt. Capsaicin ist der Hauptscharfstoff in Chilis und der wohl schärfste bekannte Scharfstoff. Damit sorgt er sogar für Wettkämpfe, bei denen siegt, wer die schärfste Chili essen kann. Gemessen wird die Schärfe übrigens anhand der Scoville-Skala. Sie lässt sich auf sämtliche Paprikafrüchte anwenden, also angefangen von mildem Gemüsepaprika über Peperoni bis hin zu Chili.
Capsaicin ist eigentlich geschmacklos. Doch weil der Stoff die Nerven reizt, die Wärmeimpulse wahrnehmen, empfinden wir eine heiß brennende Schärfe, wenn Capsaicinoide im Essen sind.
So wird Chili im Essen weniger scharf - oder noch schärfer
Oft wird geraten, die Kerne der Chilis zu entfernen, um ihnen die Schärfe zu nehmen. Tatsächlich aber werden die scharfen Substanzen nur am Übergang der Samen zur inneren Scheidewand produziert und gespeichert, quasi am Verbindungsstück und in den samentragenden Scheidewänden selbst. Lediglich bei sehr scharfen Chilisorten lassen sich in der gesamten Frucht Capsaicinoide nachweisen.
Beim Kochen oder Einfrieren von Chilis bleibt das Capsaicin erhalten. Damit sich die Wirkung entfaltet, sollte man Chilis in Gerichten wie Chili con carne lange ziehen lassen, am besten sogar nochmal aufwärmen. Saucen können unter Umständen schärfer sein als die puren Schoten.
Tipp: Fetthaltige Lebensmittel wie Joghurt, Milch und Käse lindern das Schärfegefühl, das durch Capsaicinoide ausgelöst wird. Wer seinen Mund dagegen mit Wasser ausspült, kann dagegen die Schmerzen verschlimmern. Dadurch werden Capsaicin und Piperin im Mundraum aufgewirbelt und verteilt.
Pfeffer – eine chiliähnliche Schärfe
Piperin heißt der wichtigste Scharfstoff im Pfeffer. Besonders viel davon steckt im schwarzen Pfeffer, nämlich bis zu zehn Prozent. Schwarzer Pfeffer sind unreif geerntete Beeren, die samt Fruchthaut getrocknet werden. Weißer Pfeffer ist ohne Schale.
Piperin erzeugt ähnlich wie Capsaicin Hitze auf der Zunge und im Körper, ist aber deutlich weniger scharf als Capsaicin. Neben der Schärfe werden die typischen Pfefferaromen durch ätherische Öle bestimmt. Sie variieren sehr stark.
Tipp: Gemahlener Pfeffer kann schnell verbrennen und wird deshalb bei hohen Temperaturen bitter. Beim Kochen sollte Pfeffer erst am Ende hinzugegeben werden. Ganze Pfefferkörner können hingegen mitgegart werden, weil sie weniger empfindlich sind.
Ingwer – Schärfe mit frisch-zitroniger Note
Gingerole sind die Hauptscharfstoffe im Ingwer (engl.: ginger). 6-Gingerol ist am meisten enthalten. Bei längerer Lagerung sowie durch Trocknung entstehen aus den Gingerolen sogenannte Shogaole. Sie sind etwa doppelt so scharf wie die Gingerole.
Tipp: Die Schärfe durch Gingerol, beziehungsweise der so beliebte zitronig-scharfe Ingwergeschmack, kommt am besten bei frischem Ingwer zur Geltung. Deshalb für Ingwer-Shots frischen Ingwer nutzen und beim Kochen den Ingwer erst am Ende der Garzeit zugeben.
Meerrettich, Kresse und Senf – scharfe Senföle
Die scharfen Senföle entstehen, wenn Glucosinolate mithilfe von Enzymen abgebaut werden. Das passiert, wenn wir etwa Meerrettich, Kresse oder Kohl schneiden. Dann kommen die in den Pflanzen getrennt eingelagerten Substanzen zusammen.
Senföle sind scharfe, meist leicht flüchtige ätherische Öle, die auch in Senfkörnern und dem japanischem Meerrettich, dem Wasabi, stecken. Diese Schärfe steigt in die Nase, lässt sie laufen und die Augen tränen, weil die Senföle als Gas verdampfen. Besonders schnell tun das einige Öle im Wasabi, der deshalb frisch gerieben auch schon nach einer halben Stunde deutlich an Schärfe verloren hat.
Die Öle im Senf und Meerrettich brauchen etwas länger. Mit diesen Scharfstoffen setzen sich die Pflanzen übrigens gegen Fraßfeinde zur Wehr.
Zwiebel und Knoblauch – ein scharfer Hauch Schwefel
Allicin heißt die Schwefelverbindung, die für den typischen scharfen Geschmack und Geruch in Lauchgewächsen wie Zwiebeln und Knoblauch verantwortlich ist. Sie entsteht erst, wenn etwa die Knoblauchzehe gepresst oder zerkaut wird. Dann wandelt sich die schwefelhaltige Aminosäure Alliin durch ein Enzym in Allicin um.
Besonders Knoblauch kann aufgrund des Lauchöls Allicin sehr scharf schmecken. Darüber hinaus werden weitere schwefelhaltige Substanzen für die Schärfe von Lauchgewächsen verantwortlich gemacht. Darunter eine, die dafür sorgt, dass uns beim Zwiebelschneiden die Augen tränen.
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Schärfe als Glücksbringer
Capsaicin und Piperin erzeugen, wie bereits erklärt, Schmerzen, die wir als heiße Schärfe empfinden. Um die Schmerzen zu unterdrücken, schüttet der Körper Endorphine aus. Diese Botenstoffe wirken zwar in erster Linie schmerzstillend - aber sie machen auch glücklich. Denn Endorphine werden ebenfalls ausgeschüttet, wenn wir etwas Schönes erleben, werden deshalb fälschlicherweise auch als Glückshormone bezeichnet. Weil aufgrund der Endorphine auch nach einem scharfen Essen dieser Glückseffekt auftreten kann, spricht man vom "Pepper-High-Effekt".
Durchblutungsfördernde Wärme
Jedes Essen, das uns wärmt, fördert die Durchblutung, weil sich unsere Blutgefäße erweitern. Eine gute Durchblutung ist an sich schon wichtig, unter anderem, weil nur eine gut durchblutete Nasenschleimhaut Krankheitserreger abwehren kann. Weil Capsaicin über die Wärme die Durchblutung der Haut fördert, wird es in medizinischen Salben und Pflastern eingesetzt, um Muskelverspannungen und Nervenschmerzen zu lindern. Als Nebenwirkungen können jedoch Rötungen, Pusteln oder Juckreiz auftreten.
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Mit Schärfe gegen krankmachende Bakterien und Viren
Besonders Senföle wirken nachweislich antibakteriell und antiviral. Senföle werden deshalb auch als pflanzliches Antibiotikum bezeichnet. Sie sind besonders wirksam bei Infektionen der oberen Atemwege und der Harnwege. Die keimtötende Wirkung der Senföle hält etwa 20 Stunden an. Anders als klassische Antibiotika überwinden Senföle sogar den schleimigen Biofilm, mit dem sich einige Keime schützen. Senföle können Entzündungen eindämmen, die durch Bakterien ausgelöst werden.
Beim Ingwer haben die Scharfstoffe ebenfalls eine entzündungshemmende Wirkung. Für die antiviralen Effekte wiederum scheint das ätherische Öl von frischem Ingwer verantwortlich. Allerdings bestätigt die Studienlage bislang nicht, dass Ingwer bei Erkältungen hilft. Sie werden durch Viren ausgelöst.
Wer etwa eine sich anbahnende Erkältung gezielt in den Griff kriegen will, kann auch auf hochkonzentrierte Senföle aus der Apotheke zurückgreifen.
Scharf Abnehmen
Mithilfe von Studien konnte nachgewiesen werden, dass Capsaicin den Energieverbrauch steigern und den Appetit senken kann. Deshalb wird vermutet, dass Capsaicin unterstützend bei der Behandlung von Adipositas eingesetzt werden könnte. Doch noch besteht diesbezüglich Forschungsbedarf, um Langzeitwirkungen und mögliche negative Effekte einschätzen zu können, beziehungsweise um überhaupt Zufuhrempfehlungen machen zu können. Ähnlich sieht es mit dem Potenzial bei Typ-2-Diabetes aus. In Studien hat Capsaicin die Blutzuckerwerte und Insulinwerte verbessert.
Nur verträgliche Schärfe ist gute Schärfe
Scharfes Essen kann besonders Personen, die unter Magenproblemen leiden, schaden und Sodbrennen, Magenschmerzen und Durchfall auslösen. Deshalb gilt: Immer nur in gut verträglichen Maßen genießen. Um von den gesundheitsfördernden Effekten zu profitieren, reichen durchaus übliche Mengen der Scharfstoffe, gern auch mehrmals am Tag.
Tipp: Unser Geschmackssinn kann sich langsam an scharfes Essen gewöhnen. Die Schärfe langsam zu steigern, schont außerdem die Magenschleimhaut.