Dass Weinflaschen nach nur einmaligem Weingenuss im Altglascontainer landen, ist nicht nur ein Problem für das Klima, sondern zunehmend auch für die Produzenten. Auf der internationalen Fachmesse "ProWein" in Düsseldorf werden im März alternative, nachhaltige Verpackungen deshalb eines der bestimmenden Themen sein.
Ökologischer Problemfall: Weinflasche aus Glas
Etwa die Hälfte der CO2-Emissionen einer Flasche Wein entstehen allein durch die Flasche. Denn die Herstellung und das Recycling von Glas verbrauchen Unmengen an Energie. Bekannt ist das schon lange, doch die Flasche als Weinverpackung galt, gerade in Deutschland, als nahezu unantastbar.
Geändert hat sich das durch die Folgen des Ukrainekriegs: Die Anschaffung neuer Flaschen geht immer stärker ins Geld, seit Energie so teuer geworden ist. "Ich glaube, hier spielt uns die Energiekrise dieses Mal wirklich positiv in die Karten", sagt Professorin Simone Loose, Leiterin des Instituts für Wein- und Getränkewirtschaft an der Hochschule Geisenheim im Rheingau. "Weil sich dadurch die Flaschenpreise verdoppelt haben - das ist für viele Produzenten wirklich ein großer Schmerz, das muss man so sagen."
Wein in der Glasflasche - ja, aber anders
Die Glasflasche könnte dennoch eine Zukunft haben - sofern sie sich verändert. Zunächst mal hieße das vor allem: abspecken. Die Flaschen müssten leichter und standardisierter werden, statt wie in den letzten Jahren immer schwerer und individueller. Die Mitglieder des Verbands der Prädikatsweingüter (VDP) zum Beispiel wollen ihre Ortsweine, immerhin 60 Prozent der VDP-Produktion, künftig nur noch in Leichtglasflaschen füllen. Der Effekt: weniger Material und weniger Energieaufwand.
Alternative in Baden-Württemberg: neue Pfandflasche für Wein
Im Weinanbaugebiet Württemberg sieht man die Zukunft ebenfalls in Glasflaschen, allerdings unter dem Motto "Mehrweg statt Einweg". Auf der "ProWein" soll eine eigens entwickelte Flasche vorgestellt werden, die robust genug ist für mehrere Umläufe als Pfandflasche. Ob das System auch über die Region hinaus funktionieren kann, muss sich aber erst noch zeigen.
Innovation in Rheinland-Pfalz: Wein in Bierflasche mit Pfand
So lange möchte ein Weingut aus der Pfalz nicht warten, und nutzt lieber ein bereits bestehendes und bestens funktionierendes Mehrwegsystem. Ergebnis: Eine Pfälzer Weißwein-Cuvée aus der 0,5-Liter Bierflasche. Die kann schon heute deutschlandweit problemlos an jedem Pfandautomaten zurückgegeben werden.
Kunststoff statt Glas für den Wein
In vielen skandinavischen Ländern ist es längst Alltag: Wein aus dem Kunststoffbeutel. Er erinnert optisch ein wenig an Nachfüllbeutel für Seife oder Flüssigwaschmittel, hat aber seine Vorteile. Kunststoff ist nämlich ein echtes Leichtgewicht.
Eine 0,75-Liter-Glasflasche wiegt dagegen in der Regel mindestens 500 Gramm. Deswegen verursacht sie beim Transport reichlich CO2-Emissionen. Noch sind diese Weinbeutel bei uns nur schwer zu finden, obwohl Weingüter und Kellereien sie durchaus benutzen - vor allem aber für den Export, kaum für den deutschen Markt.
Plastikbeutel in Karton und Papier: Bag in Box oder Bag in Bottle
Viele Produzenten verwenden Kunststoffbeutel, verstecken diese aber in einem Karton. "Bag in Box" heißt das. Die Klimabilanz dieser Verpackungsart gilt als gut. Neuerdings gibt es die Beutel auch in Umverpackungen aus Papier in Flaschenform, als "Bag in Bottle". Das macht vielleicht auch Traditionalisten den Abschied von der Glasflasche leichter.
Wenig traditionell sind die PET-Flaschen, die eckig und flach daher kommen. Das macht sie stapelbar und besonders effizient zu transportieren, optisch erinnern sie an "Flachmänner". Und in der Gastronomie könnte es schon bald Wein aus dem Edelstahl-Mehrweg-Fass geben, statt aus der Flasche.
Spielerei oder realistische Chance?
Professorin Simone Loose wollte wissen: Wie wahrscheinlich ist es, dass sich diese alternativen Verpackungen in den kommenden Jahren durchsetzen? Dafür hat sie weltweit 2.500 Händler und Produzenten befragt.
Ein Ergebnis der Studie, erklärt die Wissenschaftlerin, ist: "Jeder zweite Händler erwartet die einfache Akzeptanz von Bag in Box und jeder fünfte bis siebte geht davon aus, dass die Verbraucher Dosen, Flaschen aus Papier mit Wein in einem eingelegten Beutel und PET-Flaschen akzeptieren". Nur ein gutes Drittel der Händler nimmt an, dass alternative Verpackungen bei den Verbrauchern keine Chance haben, so Loose weiter.
Große Zweifel für den deutschen Weinmarkt
Auffällig an der Umfrage: Gerade in Deutschland ist die Skepsis unter Händlern und Produzenten besonders groß. Doch Simone Loose glaubt: "Wenn der Deutsche wo gut ist, dann beim Sparen. Das heißt, wenn Glas noch teurer wird, dann werden die Deutschen das auch am Portemonnaie merken."
Spätestens dann könnte die Glas-Einwegflasche - zumindest im Bereich der günstigen Einstiegsweine - auch in Deutschland zum Auslaufmodell werden.