Eine junge Frau hängt in Plastikfolie eingepackte Handtaschen an Ständer. Welche Widerrufsrechte gelten auf Messen, Märkten, Verkaufspartys, Haustürgeschäften? Müssen Verkäufer Waren zurücknehmen?

Beschwatzt, bezahlt, bereut

Messekauf, Kaffeefahrt, Haustürgeschäft: Diese Rechte habe ich

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AUTOR/IN
Angelika Scheffler-Ronen
ONLINEFASSUNG
Sola Hülsewig

Kann ich auf Messe, Verkaufsparty, Kaffeefahrt oder an der Haustür geschlossene Verträge widerrufen? Müssen Händler Ware zurücknehmen?

Inhalt:
Widerrufsrecht bei Haustürgeschäft, Kaffeefahrt, Verkaufsparty
Keine Medizinprodukte mehr auf Kaffeefahrten
Glasfaser- und Streamingverträge an der Haustür
Widerrufsrecht bei Messen und Märkten
Tipps für Käufe auf Messen

Widerrufsrecht bei Haustürgeschäft, Kaffeefahrt, Verkaufsparty

Unter der Überschrift „Haustürgeschäfte“ werden umgangssprachlich viele Direktvertriebswege zusammengefasst, beispielsweise, neben dem klassischen Vertretergeschäft an der Tür, auch die Verkäufe auf Kaffeefahrten oder auf Verkaufspartys. Bei diesen sogenannten Außergeschäftsraumverträgen besteht ein generelles 14-tägiges Widerrufsrecht. Es soll Verbraucher schützen, die mit dem Verkaufsangebot überrascht werden und unüberlegt Geschäfte abschließen. Übrigens: Auch wenn man vor einem Geschäft angesprochen und dann in die Geschäftsräume geführt wird, gilt dies als Außergeschäftsraumvertrag.

Über das Widerrufsrecht muss der Verbraucher informiert werden – es gilt ab Vertragsschluss, beziehungsweise ab Lieferung der Ware. Hat der Verkäufer den Käufer nicht über sein Widerrufsrecht informiert, hat der Käufer sogar ein Jahr Zeit, den Vertrag zu widerrufen.

Das darf nicht mehr auf Kaffeefahrten verkauft werden

Seit Mai 2022 müssen Veranstalter von Ausflugsfahrten gemäß Gewerbeordnung seit Mai 2022 wesentlich genauere Angaben machen, als früher – etwa darüber, welche Waren genau angeboten werden und welche Orte angesteuert werden. Ebenso müssen Name und Anschrift des Veranstalters sowie Hinweise zum Widerrufsrecht zwingend im Prospekt stehen.

Generell dürfen seitdem bestimmte Waren und Dienstleistungen nicht mehr auf Ausflugsfahrten verkauft oder vermittelt werden, nämlich:

Bei Verstößen drohen hohe Bußgelder. Andere Waren, wie Heiz- oder Wärmedecken, dürfen allerdings weiterhin auf Ausflugsfahrten verkauft werden.

Menschen an einem Verkaufsstand mit Küchen- und Haushaltsutensilien. Welche Widerrufsrechte gelten auf Messen, Märkten, Verkaufspartys, Haustürgeschäften? Müssen Verkäufer Waren zurücknehmen?
Auf Verkaufsmessen gilt dasselbe wie im Ladengeschäft: Will man vom Kauf zurücktreten, ist man auf die Kulanz des Händlers angewiesen.

Dürfen Vertreter einfach an meiner Haustür klingeln?

Im Gegensatz zu unerwünschten Telefonanrufen oder E-Mails ohne vorheriges Einverständnis dürfen Vertreter an meiner Haustür einfach so klingeln. Waren es früher eher Waren wie Parfum oder Kosmetika, werden heute bei solchen Haustürgeschäften häufig zum Beispiel oder Glasfaser- oder Streamingverträge angeboten. Die Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen warnt vor unlauteren Vertriebsmethoden in Verbindung mit Glasfaser-Anbietern.

Generell gilt in solchen Fällen:

  • Möglichst nicht unter Druck setzen lassen
  • Vertreter nicht in die Wohnung lassen – dazu ist man nicht verpflichtet, auch wenn man mit dem Unternehmen einen Vertrag hat
  • Keine Daten herausgeben
  • Nichts sofort unterschreiben
  • Andere Angebote einholen und vergleichen
  • Im Zweifel Vertreter bitten, zu gehen
  • Wenn sich ein Vertreter nicht abwimmeln lässt, die Polizei rufen!

Widerruf von Käufen auf Messen und Märkten

Auf Messen und Märkten kann es leichter als sonst passieren, dass man sich zu Käufen verleiten lässt, die man hinterher bereut. Deshalb sollte man sich vorher darüber im Klaren sein, dass es auf Verkaufsmessen kein generelles Widerrufsrecht gibt: Wenn von vornherein klar ersichtlich war, dass an den Ständen etwas verkauft wird, hat man in Punkto Rücktritt Pech gehabt (BGH, Urteil vom 10. April 2019; Az.: VIII ZR 82/17). Dasselbe gilt für Wochen- oder Frühlingsmärkte, Stände an Aussichtsplattformen oder am Skilift. Wie beim Kauf in einem Laden ist man bei diesen sogenannten beweglichen Geschäftsräumen auf die Kulanz des Händlers angewiesen; es handelt sich nicht um einen Außergeschäftsraumvertrag mit generellem Widerrufsrecht.

Ausnahme: Es handelt sich um einen Info- oder Werbestand, bei dem der durchschnittliche Verbraucher nicht damit rechnet, dass etwas verkauft wird und somit mit dem Kaufangebot „überrumpelt“ wird. In diesem Fall gilt wieder ein generelles 14-tägiges Widerrufsrecht (EuGH, Urteil vom 07. August 2018; Az.: C-485/17).

Verkäufer sind übrigens nicht dazu verpflichtet, ihre Kunden darüber aufzuklären, wenn keine Widerrufsmöglichkeit besteht.

Nur in seltenen Ausnahmefällen können Kunden auch bei Käufen auf Verkaufsmessen nachträglich ein Widerrufsrecht erwirken – wenn sie nämlich zum Beispiel beweisen können, dass sie vom Händler nicht umfassend informiert wurden. Werden beispielsweise Photovoltaikanlagen oder Wärmepumpen auf Messen vertrieben, muss der Kunde vom Fachpersonal darüber aufgeklärt werden, welche technischen und rechtlichen Voraussetzungen für Einbau und Betrieb gegeben sein müssen. Im Streitfall ist hier jedoch der Käufer in der Beweispflicht. Deshalb sollte man in solchen Situationen immer jemanden dabeihaben, der oder die als Zeuge oder Zeugin des Geschäfts fungieren.

Tipps für Messekäufe: Aktiv Widerrufsrecht vereinbaren

In den Allgemeinen Geschäftsbedingungen vieler Händler sind zwar Rücktrittsoptionen festgehalten, meistens muss man dann aber einen gewissen Betrag als Schadensersatz zahlen. Solche Bedingungen sind zulässig, solange der Schadensersatz nicht 35 bis 40 Prozent des Verkaufswertes übersteigt. Man muss sich darauf jedoch nicht einlassen, sondern sollte versuchen, bessere Konditionen auszuhandeln: Ratsam ist, mit dem Händler aktiv ein kostenloses 14-tägiges Widerrufsrecht zu vereinbaren und schriftlich festzuhalten.

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