Den Traum vom Eigenheim erfüllen sich viele Bauherrinnen und Bauherren über einen Bausparvertrag. Zur hohen Abschlussgebühr berechnen Bausparkassen aber oft auch noch jährliche Gebühren, ein sogenanntes Jahres- oder Serviceentgelt oder Kosten für ein Servicepaket.
In unserem Fallbeispiel verlangt die Bausparkasse LBS Südwest seit dem Abschluss des Bausparvertrags 2013 zusätzlich jährlich neun Euro von ihrem Kunden. Für die Bausparsumme von 202.000 Euro sind bereits ein Prozent davon, 2.002 Euro, für die Abschlussgebühr abgerechnet worden. Und zusätzlich noch ein jährliches Serviceentgelt – ist das rechtens?
Bundesgerichtshof: Jahresentgelt für Bausparvertrag unwirksam
Im November 2022 kassierte der Bundesgerichtshof (BGH) die Vertragsklausel der Bausparkasse BHW, Konkurrentin der LBS, zu deren Jahresentgelt ein und entschied:
Die Klausel würde Bausparer unangemessen benachteiligen, so der BGH. Deshalb könnten sie die bereits gezahlten Jahresentgelte aus der Ansparphase schriftlich zurückverlangen.
Jahresentgelt zurückgefordert – Rückzahlung verweigert
Auch der Bausparer in unserem Beispielfall verlangte daraufhin sein Serviceentgelt von der LBS zurück. Die Antwort der LBS auf seine Forderung war allerdings ernüchternd: Das Entgelt sei keine Kontoführungsgebühr, sondern werde erhoben für ein Servicepaket, eine "zusätzliche, über den normalen Vertragsablauf eines Bausparvertrags hinaus angebotene Leistung".
Dabei spiele es keine Rolle, ob er diese in Anspruch genommen habe oder nicht.
Verbraucherzentrale klagt gegen Bausparkasse wegen Servicepaket
Ist das Servicepaket der LBS tatsächlich eine zusätzliche Sonderleistung und sind die Extragebühren rechtfertigt? Der Finanzexperte der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg, Niels Nauhauser, glaubt das nicht. Verbraucher sollten sich deswegen nicht entmutigen lassen.
Experte: Kernleistung nicht doppelt berechnen
Professor Hartmut Walz lehrt an der Hochschule für Wirtschaft und Gesellschaft in Ludwigshafen am Rhein. Er kritisiert die Tricks der Bausparkassen, Leistungen zweimal zu berechnen. Der Verhaltensökonom vergleicht den Fall mit einer Übernachtung im Hotel, bei der das Bett noch einmal extra in Rechnung gestellt wird. Genau das hätten, im übertragenen Sinne, einige Bausparkassen gemacht.
Statt der höchstrichterlichen Entscheidung zu folgen, fühlen sich jedoch nicht alle Bausparkassen vom BGH-Urteil angesprochen. Professor Walz erklärt, das BGH-Urteil beziehe sich auf eine ganz bestimmte Bausparkasse, also auf einen ganz konkreten Fall. "Viele Bausparkassen sind der Meinung, nein, das gilt für uns nicht."
Welche Bausparkasse zahlt Gebühren zurück, welche nicht?
Wir fragen bei allen 17 Bausparkassen an.
Rückerstattung komplett verweigert
- Die LBS Nord und die LBS Bayern verweigern ihren Kunden eine Rückerstattung komplett.
Einzelfallprüfung eingeräumt
- Auf eine Prüfung im Einzelfall verweisen unter anderem Schwäbisch Hall, Postbank, Badenia, die Bausparkasse Mainz und die LBS Südwest. Der Ausgang ist also ungewiss.
Gebühren der letzten drei Jahre zurück
- Debeka und Wüstenrot geben an, dass sie auf Anforderung die Gebühren für die letzten drei Jahre zurückerstatten, also bis zur Verjährungsfrist, wobei die Debeka seit 2021 keine Gebühren mehr erhebe.
Rückerstattung ohne Angaben zur Verjährungsfrist
- Auch die LBS Ost sagt Rückerstattungen zu, macht aber keine Angaben zur Verjährungsfrist.
Etliche Bausparkassen antworten uns gar nicht.
Rückerstattung einfordern: Was Bausparkunden tun müssen
Klar ist: Der Kunde muss aktiv werden, wenn er sein Geld zurückwill, eine automatische Rückerstattung der unwirksamen Gebühren gibt es bei keiner Bausparkasse.
Weitere Infos und einen Musterbrief für die Rückforderung der Kontogebühren in der Sparphase gibt es beispielsweise auf der Internetseite des Verbraucherzentrale Bundesverbands.
Was tun, wenn die Bausparkasse die Rückerstattung verweigert?
Die Kosten für einen Anwalt sind bei so niedrigen Beträgen im Verhältnis zu hoch. Professor Walz rät deshalb, sich an eine Schlichtungsstelle zu wenden. Der Vorteil beim Schlichtungsverfahren: "Es kostet Sie wirklich nur die Briefmarke, und Sie hemmen damit die Verjährung."
Damit sei die Verbraucherin oder der Verbraucher auf der sicheren Seite und könne zum Beispiel abwarten, wie andere Klagen laufen – dass zum Beispiel die Verbraucherzentralen weiterklagen.
Neue Klage der Verbraucherzentralen gegen die Bausparkassen
Die Verbraucherzentralen wollen tatsächlich unter anderem gegen die dreijährige Verjährungsfrist vorgehen, auf die sich die Bausparkassen berufen.
Das könnte am Ende bedeuten, dass Bausparkunden alle zu Unrecht gezahlten Entgelte zurückfordern können.