Warum kommt es zu Beckenbodenproblemen nach der Geburt?
Je größer das Kind im Mutterleib wird, umso größer wird der Druck auf den Beckenboden. Vor allem während der Geburtsphase ist die Belastung hoch. Die für die Funktion der Unterleibsorgane wichtigen Bänder werden auf das Zwei- bis Dreifache gedehnt. Das kann zu unterschiedlichen Folgen führen: Organsenkungen und Inkontinenz gehören dazu.
Vor allem bei der ersten Geburt ist der Stress auf den Beckenboden am größten. Damit sich die oft überdehnten Bänder, an denen der Beckenboden quasi "aufgehängt ist", wieder regenerieren, ist es wichtig, möglichst wenig den Körper durch schweres Heben zu belasten. Doch schon mit der Geburt des zweiten Kindes ist das für Mütter nicht mehr leistbar. Daher ist hier Unterstützung wichtig, wenn Symptome wie Blasenschwäche auch nach Monaten nicht verschwinden. Was für welche Frau das richtige ist, kann eine spezielle Ultraschalluntersuchung zeigen.
Wie können Beckenbodenschäden erkannt werden?
Mit Hilfe eines speziellen 4-D-Ultraschalls können Ärzte sehen, ob zum Beispiel Bänder "nur" gedehnt sind, oder auch Risse vorliegen. Und auch, ob Organe sich so stark gesenkt haben, dass Funktionen beeinträchtigt sind.
Solche Untersuchungen machen spezielle Beckenbodenzentren, die in einigen Kliniken zu finden sind.
Was hilft bei Beckenbodenschwäche nach der Geburt?
Eine Standardempfehlung ist die Rückbildungsgymnastik bald nach der Geburt. Sie hilft vielen Frauen, aber nicht bei allen führt sie zum Erfolg. Bei schätzungsweise jeder vierten, fünften Frau müssen erst andere Maßnahmen erfolgen, um die Spannung im Beckenboden nachhaltig wieder herstellen zu können.
Ärzte, wie der Urogynäkologe Dr. Rainer Lange aus Alzey, empfehlen erst das Tragen sogenannter Pessare. Das sind Hilfsmittel, die Frauen wie ein Tampon in die Scheide einführen können. Sie wirken wie ein Tape bei Sportverletzungen: Sie bilden eine Stütze, bringen die Organe wieder in "Position". So können die verletzten Strukturen erst einmal heilen, so die Alzeyer Gynäkologe. Ist dieser Prozess abgeschlossen, ist eine zusätzliche Beckenbodenstärkung durch Gymnastik durchaus sinnvoll.
Eine Umfrage bei rund 500 Frauen die Dr. Lange mit anderen Frauenärztinnen und -ärzten gemacht hat, zeigte: Bei 85 Prozent der Frauen linderte das Tragen eines Pessars die Beschwerden deutlich, durch eine Rückbildungsgymnastik allein empfanden 38 Prozent eine Besserung.
Vor allem, wenn die Geburt schon länger als ein Jahr zurückliegt, kann es sein, dass die Heilungschancen sinken. Bleibt zum Beispiel die Blasenschwäche trotz Therapie mit Pessar und anschließender Gymnastik bestehen, sollten die betroffenen Frauen sich über eine Operation informieren, sofern kein weiterer Kinderwunsch besteht. Sonst erst später.
Operationen sind deswegen sinnvoll, weil unbehandelte Belastungsinkontinenzen im Laufe des Lebens häufig schlimmer werden.
Grundsätzlich gilt: Je früher betroffene Frauen sich Hilfe suchen, umso besser. Urogynäkologen wie Dr. Lange empfehlen allen Frauen zwei Monate nach der Geburt mit einer Untersuchung prüfen zu lassen, wie es um ihren Beckenboden steht. Sowohl das möglichst frühe Tragen eines Pessars, als auch – falls nichts hilft – eine Operation noch in jüngeren Jahren erhöhen die Erfolgschancen der Behandlung.
All diese Aspekte sollten aber nicht Angst machen, Kinder zu bekommen.
Es ist einfach wichtig zu verstehen, was mit dem Körper passiert. Wenn Probleme -wie anhaltende Blasenschwäche- auftauchen, sollte keine Frau sich schämen, das anzusprechen. Es gibt Hilfen, und mit dieser Unterstützung können junge Mutter die Herausforderungen des Alltags meistern und sich einfach an der neuen Rolle als Mutter freuen.
Beckenbodentraining mit Biofeedback via Smartphone
Biofeedback-Trainer zeigen mittels Vaginalsonde an, welche Muskulatur angespannt wird und wie stark. Das kann Frauen helfen, Übungen richtig zu machen.