Dicke Oberschenkel und Beine, damit müssen viele Patientinnen leben. Sie leiden an einem sogenannten Lipödem, werden oft als übergewichtig abgestempelt und nicht richtig behandelt.
Was ist ein Lipödem?
Das Lipödem ist eine Störung der Fettverteilung, die fast nur bei Frauen auftritt. An einem Lipödem sind in Deutschland rund 3,8 Millionen Menschen erkrankt.
- Experten gehen aber von einer sehr hohen Dunkelziffer aus, weil viele Betroffene glauben, dass sie sich falsch ernähren oder zu wenig bewegen.
- Es ist eine typische Frauenkrankheit, bei der vermutlich die weiblichen Hormone eine wesentliche Rolle spielen.
- Oft bricht sie während hormoneller Umstellungsphase wie Pubertät oder Menopause aus.
- Auch Ärzte erkennen die Erkrankung nicht immer, sie wird häufig mit einem Lymphödem oder Adipositas verwechselt.
- Im Stadium I ist die Unterhautschicht noch gleichmäßig verdickt.
- Im Stadium II wird sie knotenförmig und führt zu Unebenheiten der Hautoberfläche.
- Im Stadium III verhärtet sich das Gewebe, es entstehen Fettwülste, die das Gehen stark behindern.
Das kranke Fettgewebe produziert dabei mehr Lymphflüssigkeit. Diese wird jedoch schlechter abtransportiert. Deswegen lagert sich die Lymphflüssigkeit zwischen den Fettzellen an und verursacht Schwellungen und Schmerzen.
Typische Symptome dieser Krankheit machen sich ab der Pubertät bemerkbar:
- Die Taille ist schlank,
- Die Oberschenkel schmerzen in der Regel.
- Die Beine sind bis zum oberen Sprunggelenk säulenartig geformt.
- Auch die Arme sind bei 90 Prozent der Patientinnen von den Fettablagerungen betroffen.
Oft tragen Frauen an den Beinen ein bis zwei Nummern größere Kleidung.
Um das Thema mehr ins Bewusstsein zu rücken, hat die Fotografin Corinna Hansen-Krewer eine Foto-Kampagne gestartet.
Welche Beschwerden verursacht ein Lipödem?
- Das Lipödem verursacht Druckschmerzen, die manche Frauen nur mit der täglichen Einnahme von Schmerzmitteln ertragen.
- Manchmal sind die Gelenke derart belastet, dass Operationen nötig werden.
- Viele Frauen bekommen leicht blaue Flecken, so druckempfindlich sind die Oberschenkel oder Arme.
- Müdigkeit, schwere Beine und oft psychische Probleme stellen sich ein, da die Körperproportionen nicht dem klassischen Bild entsprechen.
Da Bewegung häufig sehr schmerzhaft ist, kommt als Folge des Lipödems oft auch Übergewicht dazu.
Wie wird ein Lipödem behandelt?
- Die Lymphdrainage ist die konservative Therapie. Sie sorgt für eine vorübergehende Besserung, muss jedoch als Behandlungsmethode immer beibehalten werden.
- Kompressionsstrümpfe stärken das Bindegewebe und verhindern zum Teil eine übermäßige Flüssigkeitsansammlung. Je nach Krankenkasse werden pro Jahr vier maßangefertigte Kompressionsstrümpfe und zehn Rezepte über zehn Lymphdrainagen bezahlt.
- Sport hilft unterstützend das mögliche Übergewicht abzubauen, ist aber nicht ursächlich an der Linderung der Krankheit beteiligt. Ausdauersportarten insbesondere im Wasser regen den Lymphfluss an und schonen die Gelenke.
Hitze verschlimmert die Beschwerden, deshalb sollten Sauna und heiße Urlaubsländer gemieden werden.
Wann kann ein Lipödem operiert werden?
Oft lindert eine Fettabsaugung die Leiden und sorgt wieder für vertretbare Körperproportionen. Dabei ist es wichtig, alle veränderten Zellen zu erwischen. Es ist aber nicht ausgeschlossen, dass das Lipödem wiederkommt.
Es steht jedoch eine Gesetzesänderung an: Der Vorschlag des Gemeinsamen Bundesausschusses lautet, die Fettabsaugung für das Stadium III beim Lipödem ab 2020 in den Leistungskatalog der Krankenkassen aufzunehmen. Das soll am 19. September so beschlossen werden.
Der Stein kam nach öffentlichen Äußerungen von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn ins Rollen. Krankenkassen werden dann bei Stadium-III-Patientinnen die rund 18.000 Euro teure Fettabsaugung übernehmen.
Manche Ärzte raten dazu, bereits ab Stadium II eine Absaugung durchzuführen. Dabei werden die krankhaften Fettmassen unter örtlicher Betäubung mit einer sehr dünnen, abgerundeten und vibrierenden Sonde abgesaugt.
Eine möglichst frühe Operation kann die Entwicklung gefährlicher Folgeerkrankungen wie Lymphödeme oder offene Beine verhindern.