Der irrsinnige Amoklauf von Hanau zeigt, wohin Rassismus führen kann: Neun Menschen wurden getötet, weil sie nicht dem rassistischem Deutschen-Bild des Täters entsprachen. Sechs weitere Menschen wurden verletzt, einer davon schwer. Die Betroffenheit ist groß und der Ruf nach einem strengerem Durchgreifen gegen rechtsextreme Hass-Verbreiter und Täter berechtigt und wichtig. Doch wo beginnt der alltägliche Rassismus? Und welches sind seine ideologischen Wurzeln? Unser "Gut zu wissen" geht dem nach.
Das gilt als Rassismus
Die Rassismus-Expertin Nicole Broder findet folgende Definition:
Bestimmte Aussagen wie "Roma sind kriminell" oder "Muslimische Frauen, die Kopftuch tragen, sind unterwürfig" oder "Schwarze können gut tanzen" sind Formen des Rassismus wobei letzteres Beispiel eine positive Form von Rassismus darstellt.
Die Künstlerin Jennifer Herr präsentiert ihre Abschlussarbeit von der Kunsthochschule Mainz: Eine mobile Bibliothek mit Büchern von schwarzen Gegenwartsautoren. Auch sie hat schon oft Erfahrungen mit Rassismus gemacht.
Die Wurzeln des Rassismus in Deutschland
Alltagsrassismus kennt viele Varianten. Er ist tief in der Gesellschaft verwurzelt. Seinen Ursprung hat der Rassismus in der Rassenlehre des 19. Jahrhunderts. Sie war Grundlage der Verbrechen der Kolonialzeit und ist wissenschaftlich schon lange widerlegt.
„Die Rassenlehre kommt ja eigentlich aus der Biologie, meint die Unterscheidung aufgrund biologischer Merkmale in Gruppen und wurde auf den Menschen übertragen. In der Kolonialzeit wurde dieses Prinzip sozusagen benutzt als Legitimation, Menschen auszubeuten und zu unterdrücken. Da ging es auch um die Hierarchie, also 'weiße Menschen sind schwarzen Menschen überlegen' und das ist die Legitimation, sie auszubeuten und zu unterdrücken“, erklärt Expertin Nicole Broder.
Wie äußert sich Rassismus heute?
Personenkontrollen nach äußeren Merkmalen ohne konkreten Verdacht sind eigentlich verboten. Trotzdem kommen sie immer wieder vor. Diese Praxis nennt sich racial profiling.
Und viele weitere Diskriminierungen von Menschen mit "nichtdeutschem" Aussehen, wie Expertin Nicole Broder weiß: „Wir leben in einer postkolonialen, rassistisch strukturierten Gesellschaft. Das bedeutet, Rassismus zeigt sich in Sprache, in Worten, die immer noch gebraucht werden, aber auch in diesem Denken von Gruppen. Dass es bestimmte Menschengruppen gibt, die eben mit bestimmten Eigenschaften verbunden sind. Aber auch Erfahrungen, die Menschen machen in Institutionen oder auf gesellschaftlicher Ebene."
Strategien gegen Rassismus
Ganz wichtig ist Bildungsarbeit, so wie sie beispielsweise während der Internationalen Wochen gegen Rassismus, in diesem Jahr vom 16. bis 29. März, geleistet wird.
In Rheinland-Pfalz gibt es ein mobiles Beratungsangebot für Betroffene rechter, rassistischer, antisemitischer und antimuslimischer Gewalt und diese fängt bereits bei Worten an: Diskriminierung trägt viele Gesichter.
m*power unterstützt Betroffene bei der Verarbeitung und möglicherweise auch Anzeige rassistisch motivierter Taten.