Bewegungstherapie für Krebspatienten
Vor 13 Jahren erhielt Jürgen Auer die Diagnose Darmkrebs. Einige Jahre später streut der Krebs dann auch noch die Lunge. Durch die belastenden Behandlungen ging es dem Tübinger nicht nur körperlich, sondern auch seelisch sehr schlecht.
Nach Abschluss seiner Chemotherapie bekommt Auer die Chance, an einer Studie der Uniklinik Tübingen teilzunehmen. In dieser wird untersucht, wie Krebspatienten kurz nach der Chemotherapie von Bewegung profitieren können. Dafür hat er einen Trainingsplan bekommen, der speziell auf seine Bedürfnisse abgestimmt ist. Seitdem trainiert er regelmäßig:
An der Uniklinik wird mittlerweile allen Patienten Sport als Teil der Krebstherapie angeboten. In einigen Fällen geht es direkt nach der Diagnose mit der Bewegungstherapie los, denn an der Uniklinik ist man überzeugt: Bewegung hilft.
Die Bewegung soll einen positiven Effekt auf die Selbstwirksamkeit der Patienten haben. Außerdem gibt es von Ärzten die Rückmeldung, dass Patienten fitter aus der Behandlung herausgehen und Chemotherapien seltener abgebrochen werden müssen.
Bewegung hilft
In den vergangen 15 Jahren wurden weltweit über 800 Studien dazu erstellt und mittlerweile gibt es auch den Nachweis, dass Krebspatienten von einer gezielten Bewegungstherapie stark profitieren können. Vor allem die Behandlung von Nebenwirkungen sei danach durch Bewegung genauso erfolgreich möglich, wie mit Medikamenten.
Individuelle Bewegungstherapien
Die Bewegungstherapie muss allerdings speziell auf die Krebspatienten zugeschnitten werden. In der Onkologie der Universitätsklinik Köln gibt es dafür extra ein Trainingszentrum.
Dort trainieren Krebspatienten beispielsweise gegen die sogenannte Kachexie an, eine Folge der Chemotherapie. Sie führt häufig zu einem starken Gewichts- und Muskulaturverlust. Mit gezieltem Geräte-Training kann das abgemildert oder komplett vermieden werden.
„Wir wollen durch dieses intensive Krafttraining versuchen, Muskelmasse aufrechtzuerhalten, gegebenenfalls sogar auszubauen,“ erklärt Sportwissenschaftler Timo Niels. Die Patienten können dadurch besser mit der aggressiven Chemotherapie umgehen.
Warum genau die Bewegungstherapie solch große Erfolge bringt, wird aktuell noch in Studien erforscht.
Bewegung bei Palliativpatienten
Bei Erkrankten, die nur noch palliativ behandelt werden, wird die Bewegungstherapie bisher nur selten eingesetzt. Das will Prof. Dr. Yurdagül Zopf von der Uniklinik Erlangen mit der sogenannten Elektromyostimulation – kurz EMS - ändern. Bei dieser werden über Elektroden Impulse an die Muskeln gegeben und diese dadurch aktiviert. Drei Monate trainierten die Studienteilnehmer damit. Laut Dr. Yurdagül Zopf mit Erfolg;
Noch keine Kassenleistung
Obwohl inzwischen klar ist, dass individuelle Bewegungstherapien helfen und Millionen Patienten davon profitieren könnten, ist sie derzeit nur für Studienteilnehmende oder Selbstzahlende möglich. Die Krankenkassen zahlen diese Therapie noch nicht, die individuelle Bewegungstherapie wird aber als Kassenleistung geprüft. Doch diese Prüfung ist frühestens 2024 abgeschlossen.