Vergesslichkeit

Fehldiagnose: Schlechtes Gedächtnis bedeutet nicht gleich Demenz

Stand
Autor/in
Julia Richter
Tina Roth
Onlinefassung
Silja Kopp

Wer im Alter vergesslich wird, bekommt vom Arzt schnell die Diagnose Demenz-Erkrankung gestellt. Genau hinschauen lohnt sich, diese Gedächtnisstörungen können viele Ursachen haben.

In stressigen Phasen hat sich der ein oder andere möglicherweise schon Sorgen gemacht, dement zu werden. Schlüssel oder Geldbeutel zu vergessen, ist normalerweise kein Grund zur Panik. Doch was ist, wenn diese Situation öfter auftritt? Können das Anzeichen von Demenz sein?  

Schwierige Diagnose für Demenz 

Demenz erfolgt als Ausschlussdiagnose - sie darf nur gestellt werden, wenn andere mögliche Ursachen für Gedächtnisstörungen ausgeschlossen wurden. Doch genau da liegt der Haken: Zum Teil werden andere Ursachen für Gedächtnisprobleme übersehen - und es kommt zu einer Fehldiagnose.

Es gibt sicher viele falsch gestellte Demenzdiagnosen, weil es Zeit braucht, genau hinzuschauen. Das ist vermutlich einer der Hauptgründe.

Im Gegensatz zu Demenz sind diese anderen Gründe für Vergesslichkeit oft gut behandelbar. 

Zahlreiche Auslöser für Probleme mit dem Gedächtnis:  

Medikamente und ihre Nebenwirkungen 

Gedächtnisstörungen und auch Verwirrtheit können im Zusammenhang mit bestimmten Medikamenten als Nebenwirkungen auftreten. Häufiger beobachtet man das bei der Einnahme von:  

  • Antidepressiva 
  • Beruhigungs- und Schlafmittel  
  • entwässernden Medikamenten 
  • Präparaten gegen Blasenfunktionsstörungen  

Auch bei einer Kombination von unterschiedlichen Medikamenten können Wechselwirkungen in Form von Vergesslichkeit und Verwirrtheit auftreten.

Hinzu kommt: Im Alter können sich Nebenwirkungen verstärken, weil sich der Stoffwechsel verlangsamt, die Verdauung, Leber und Nieren nur noch eingeschränkt arbeiten. Manche Medikamente sind sogar für ältere Menschen grundsätzlich ungeeignet – werden aber trotzdem immer wieder verschrieben. 

Unpassende Kombinationen von Medikamenten werden manchmal erst spät erkannt: „Es sind häufig viele unterschiedliche Ärzte in der Versorgung eingespannt. Dann gibt es manchmal entweder Doppelverordnungen oder nicht zueinander passende Verordnungen. Und das ist zu Ungunsten des Patienten”, erklärt Björn Gareis.  

Der Facharzt rät daher, den Medikamentenplan und alle Medikamente zum Gespräch mit dem Hausarzt oder Facharzt mitzubringen. Mit einem Computerprogramm können Ärzte ganz einfach die verordneten Medikamente eines Patienten auf mögliche Wechselwirkungen hin überprüfen.

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Vitaminmangel als Ursache für Gedächtnisstörungen

Ein Mangel an Vitamin B 12 macht sich unter anderem durch Blutarmut, Müdigkeit, depressive Verstimmungen, aber auch durch Gedächtnisprobleme bemerkbar. Normalerweise verfügt der Körper über einen großen Speicher an Vitamin B12, und es dauert Monate bis Jahre, bis ein Mangel entsteht.  

Allerdings nehmen vor allem ältere Menschen oft Medikamente wie Pantoprazol oder Omeprazol gegen Sodbrennen als Magenschoner ein. Diese blockieren die Produktion der Magensäure, als Folge kann kaum Vitamin B 12 aus der Nahrung aufgespalten werden - und es kann auf diesem Weg zu einem Vitaminmangel kommen. 

Dehydration kann zu Verwirrtheit führen 

Ältere Menschen trinken häufig zu wenig. Das kann zum Beispiel zu eingerissenen Lippen, einem trockenen Mund, vermindertem Harndrang, aber auch zu Gedächtnisproblemen führen. „Wenn man zu wenig trinkt, kann der Blutdruck nicht richtig ansteigen und dadurch ist die Durchblutung des Gehirns nicht ausreichend”, erklärt Gareis.  

Dieses Problem lässt sich zum Glück schnell beheben. Wenn man im Alltag oft vergisst, zu trinken, hilft vielen die Karaffe oder Flasche Wasser auf dem Tisch oder auch die Möglichkeit, sich eine App auf das Handy zu laden, die an das Trinken erinnert.  

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Altersdepression als mögliche Ursache 

Manchmal steckt auch eine Altersdepression hinter Konzentrationsproblemen und Gedächtnisschwierigkeiten. Diese ist oft schwer zu erkennen, da die Symptome auch Anzeichen anderer körperlicher Krankheiten sein können. Zudem ist das Thema Altersdepression schambesetzt, und Patienten sprechen ungern darüber.

Auch diese Form der Depression sollte von einem Psychologen oder Psychotherapeuten behandelt werden. Von der Demenz lässt sich die Altersdepression insofern abgrenzen, dass Betroffene keine Probleme im räumlichen oder zeitlichen Denken haben.  

Abklärung mit Spezialisten wichtig 

Bei bestimmten Begleitsymptomen ist eine Abklärung mit Fachärzten wichtig. Wenn neben Gedächtnisproblemen auch einseitige Lähmungen, Sprach- und Sehstörungen auftreten, steckt in seltenen Fällen ein Hirntumor dahinter.  

Kommen Gangunsicherheit und Inkontinenz hinzu, könnten das Zeichen für den sogenannten Altershirndruck sein. In diesem Fall wird Flüssigkeit, die im Gehirn zirkuliert, nicht richtig abgeleitet. Durch einen chirurgischen Eingriff kann der Altershirndruck behoben werden.  

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