Kann man die Haut überpflegen?
Die klare Antwort lautet: Ja!
Ein zu viel an Pflege, vor allem an Fetten, kann schaden und sogar zu heftigen Entzündungen der Haut führen. So war es bei Sonja Sanchez: “Das hat gejuckt, gespannt. Es war mehr als unangenehm und ich habe mich, ehrlich gesagt, mit der Optik auch fast nicht mehr unter die Leute getraut.”
Sonja Sanchez war vor einem Jahr auf extrem reichhaltige Pflegeprodukte umgestiegen. Und die haben ihrer Haut geschadet. Krank durch Überpflege – dafür gibt es sogar einen medizinischen Fachbegriff: periorale Dermatitis.
Was ist periorale Dermatitis?
periorale Dermatitis ist eine verbreitete Hauterkrankung, die meist als juckender Ausschlag vor allem um den Mund herum auftritt. Sie wird auch Mundrose genannt und ist nicht ansteckend.
Als Auslöser gilt eine Überpflege der Haut. Auch Kortison haltige Produkte können sie verursachen. Betroffen sind vor allem Frauen, es können aber auch bereits Kinder erkranken.
Was hilft bei perioraler Dermatitis?
Der wichtigste Schritt: eine so genannte Nulltherapie. Das heißt, alle Reinigungs- und Pflegeprodukte für einige Wochen weglassen.
Das hat auch Sonja Sanchez gemacht: “Wenn ich am Spiegel vorbei ging und reingeguckt habe, habe ich jedes Mal gedacht: Wow, ich glaub schon wieder ein bisschen besser.”
Selbstschutz der Haut
Unsere Haut verfügt über eine geniale eigene Schutzschicht, mit der sie uns gegen Keime und Erreger von außen schützt: Die Epidermis, die oberste unserer drei Hautschichten.
Sie wirkt wie eine Art Mauer: Die Ziegel bestehen aus Keratin, also Horn, und sind eingebettet in einen Mörtel aus Eiweißen und Fetten, den Ceramiden. Diese Mauer wächst ständig von unten neu nach – die Epidermis braucht für eine Rundumerneuerung rund vier Wochen.
Talg – unsere eigene kostenlose Pflegecreme
Eine wichtige und gleichzeitig empfindliche Rolle in diesem System spielt das Sebum, ein dünner Fettfilm oben auf der Epidermis. Sebum ist nichts anders als Talg und eigentlich eine tolle individuelle Pflegecreme – wenn die Talgdrüsen nicht gerade, wie etwa in der Pubertät, zur Überproduktion neigen.
Der Talg sorgt gemeinsam mit Milchsäuren aus unserem Schweiß und bestimmten Aminosäuren der Haut für einen sauren pH-Wert.
Was ist ein guter pH-Wert für die Haut?
“Ein guter pH-Wert der Haut oder der natürliche pH-Wert der Haut liegt so zwischen 4,5 und 5,5, also im sauren Bereich. Er bewirkt, dass die Hautbarriere funktioniert”, so Pharmazeutin Prof. Dominique Lunter von der Universität Tübingen.
Durch das saure Milieu schützt sich die Haut vor Krankheitserregern, es verhindert, dass diese in die Haut eindringen können. Doch das ändert sich, wenn diese natürliche Hautbarriere gestört wird.
Wie zu viel Pflege der Haut schadet
Dieses natürliche kluge Pflege- und Schutzprogramm unserer Haut kann, wie bei Patientin Sonja Sanchez, aus der Balance geraten – etwa durch zu viel Pflege, vor allem durch zu viele zusätzliche Fette oder Öle von außen.
Zu viel Fett in Cremes und Ölen stört den Hautschutz
“Über den ganzen Tag verdunstet ja immer Wasser über unsere Haut. Das ist ganz normal. Das muss auch so sein! Wenn wir jetzt Öl auf die Haut draufgeben, wird diese Verdunstung von Wasser verhindert. Das Wasser bleibt in der Haut und dort quillt dann die Haut auf dadurch, dass mehr Wasser vorhanden ist, und dadurch wird die Hautbarriere dann auch durchlässiger, weil sie eben aufgequollen ist”, erklärt die Pharmazeutin Dominique Lunter.
So haben Erreger leichtes Spiel, in die Haut einzudringen.
Am besten keine Gesichtscreme verwenden?
Experten meinen: Nein. Wenn sich die Haut von einer periorale Dermatitis wieder erholt hat – und auch ganz allgemein – raten Experten zu einer auf den Hauttyp angepassten Reinigung und Pflege.
Warum nicht nur mit Wasser das Gesicht waschen?
Wasser allein reiche zum Waschen nicht, so Prof. Claudia Borelli, Dermatologin am Universitätsklinikum Tübingen: “Eine Reinigung morgens und abends ist sehr sinnvoll, weil wir über den Tag Kontakt haben zu Feinstaub, Dieselpartikel, Pollen – und die sollte man am Abend wieder von der Haut runterwaschen.”
Weil diese Partikel nicht wasserlöslich seien, brauche es eine Reinigungssubstanz. Aber was ist hier am besten?
Warum Seife der Gesichtshaut schadet
Niemals sollte man einfach normale Seifen verwenden – denn deren pH-Wert ist alkalisch, also nicht sauer. Zwei bis sechs Stunden Zeit braucht unsere Haut nach einer Seifenattacke, um ihren pH-Wert wieder abzusenken. Und in dieser Zeit vermehren sich Pilze oder Viren.
Statt einer Seife sollte man laut Borelli lieber ein Syndet verwenden: also Reinigungssubstanzen mit saurem pH-Wert. Die meisten Waschlotionen sind Syndets – es gibt sie aber auch als festes Waschstück. Und wenn die Haut danach spannt?
Braucht man unbedingt eine Hautcreme?
Jein. Es kommt auf den individuellen Hauttyp an.
Die Tübinger Dermatologin Claudia Borelli empfiehlt: “Jemand, der eine fettige Haut hat, der darf ein Reinigungs-Syndet verwenden, das etwas Fett wegnimmt und die Haut trockener macht – und braucht nicht unbedingt danach eine Creme. Während jemand, der zu trockener Haut neigt, der braucht auf jeden Fall nach einer milden Reinigung wieder eine Creme, um das Hautgefühl zu verbessern und die Schuppung der Haut zu vermindern.”
Fettige Haut könne also auf zusätzliche Pflege verzichten. Für trockene Hautstellen empfiehlt Claudia Borelli eine Feuchtigkeitscreme. Aber: welcher Hauttyp ist man denn nun?
Wie bestimme ich meinen Hauttyp?
Was für einen Hauttyp man hat, ist gar nicht so einfach zu bestimmen.
Hier sollte durchaus ein Dermatologe zu Rate gezogen werden, denn auf ein und demselben Gesicht herrschen häufig verschiedene Hauttypen vor. Manche haben beispielsweise eine grobporige, fette Haut an Stirn oder Nase, dafür aber eine trockene, zu Spannungsgefühlen neigende Haut an Wangen und Kinn.
Und welche Hautpflege verwende ich im Winter?
Auch die Jahreszeit kann eine Rolle spielen. Im Winter eine reichhaltigere Pflege zu verwenden, könne durchaus Sinn machen, wenn wir eines beachten: “Wenn wir eben von Winter auf Frühjahr/Sommer umstellen, dass die Pflege dann eben nicht mehr so reichhaltig ist”, so Borelli.
Reinigung und Pflege: Fazit
- Reinigen: Ja!
- Täglich Reinigen mit einem pH-sauren Syndet ist für alle Hauttypen sinnvoll.
- Cremen: je nach Bedarf!
Eine passende Creme anschließend aufzutragen ist vor allem für trockenere Hauttypen hilfreich, um ein Spannungsgefühl zu vermeiden – mehr will und verkraftet unsere Haut aber nicht! Egal, welcher Hauttyp!
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Expertinnen aus dem Film:
Dr. med. Claudia Borelli, Dermatologin am Uniklinikum in Tübingen
Prof. Dr. Dominique J. Lunter, Pharmazeutin an der Universität Tübingen